Trainingsareal für Lebensretter auf vier Pfoten

21.8.2009, 00:00 Uhr
Trainingsareal für Lebensretter auf vier Pfoten

© Thomas Scherer

Im Vergleich zu dem Bordercollie Josh und der Deutschen Schäferhündin Haska, beide Einsatzhunde des Technischen Hilfswerks (THW), wirkt Rommy wie ein Schoßhund. Die fünfjährige Terriermischlingshündin reicht Frauchen kaum bis zur Wade, dennoch hat sie eine feine Nase. Beim Wittern von Menschen kann ihr Geruchssinn durchaus mit denen der beiden «Berufsschnüffler» Josh und Haska mithalten.

«Ich habe früh bemerkt, wie lernwillig sie ist. Hunde müssen gefordert werden, sonst beginnen sie Unsinn zu treiben, wie beispielsweise jeden Morgen dem Briefträger hinterherzuhetzen», erklärt ihre Besitzerin, die Tierärztin Andrea Thiess-Blanke. Von Welpenbeinen an hat die Münchnerin Rommy gefördert und gefordert.

Profis vom THW

Rommy durfte zum Lawinenkurs, den die ArgeSchnee unter der Leitung von Walter Fretschner anbietet. Später begann Andrea Thiess-Blanke mit Rommy auf dem Trümmerfeld der Rettungshundezugs Biberttal zu arbeiten. Im Gegensatz zu ihren beiden Artgenossen jedoch macht Rommy das nur «nebenberuflich». Josch und Haska werden vom THW ausgebildet, Menschen, die bei Gasexplosionen, Häusereinstürzen oder Erdbeben verschüttet wurden zu orten, und so deren Leben zu retten. Das Übungsgelände des Rettungshundezugs bietet dazu optimale Rahmenbedingungen.

Walter Fretschner hat den Verein als Rettungshundestaffel Nürnberg vor gut zwanzig Jahren ins Leben gerufen. Der RHZ Biberttal bietet Möglichkeiten zur Flächensuche, zu Gehorsamsübungen, Gerätetraining und eben zur Trümmersuche. 2005 hat Fretschner den Trümmerkegel völlig neu aufgebaut und seitdem ständig erweitert. Zwischen Metallrohren, Häuserwänden, Steinen und allerlei anderem Schutt hat er unzählige Hohlräume eingebaut als Verstecke eingebaut. Die Hunde müssen deren Witterung aufnehmen und anschlagen, sobald sie sich sicher sind, das Versteckte ausfindig gemacht zu haben. Dabei wird es ihnen und ihren Herrchen nicht leicht gemacht.

Zum Beispiel bei der unterirdischen Kammer, die luftdicht verschlossen werden kann. Nur ein kleiner Tunnel führt den Geruch an die Oberfläche. Schlägt der Hund an dieser Austrittsstelle an, ist für den Menschen nichts zu sehen. «Der Mensch muss lernen, seinem Hund in jedem Fall zu vertrauen», sagt Fretschner.

Ein Abbruchunternehmer in der Region liefert Materialien für den Parcours. So kann Fretschner sein Gelände ständig ausbauen. Sogar die Ästhetik kommt nicht zu kurz. Das rote Ziegeldach in der Mitte des Trümmerkegels hat er gezimmert, «damit ein bisschen Farbe auf das Gelände kommt. Ansonsten ist hier ja alles Grau in Grau», erklärt er lächelnd. Keine Frage, dass sich auch unter dem Farbtupfer

Verstecke verbergen.

Die Frauen und Männer des THW aus Heidelberg und dem hessischen Virnsheim beginnen an dieser Station die Übungen. Zwei Mal im Jahr kommen sie nach Roßtal. «Das Gelände ist einmalig, es ist die beste Ausbildungsmöglichkeit ganz Süddeutschlands», erklärt Peter Scholl-Meier, Leiter der Fachgruppe des THW Heidelbergs.

Der Bordercollie Josch macht den Anfang. Er steht kurz vor seiner ersten Prüfung, die ihn als Rettungshund ausweisen soll. Die Hunde sind auf ein Spielzeug, die so genannte Beißwurst, konditioniert. Vendula Sedlacek vom RHZ Biberttal heizt Josch mit diesem Spielzeug an. Noch wird er an der Leine festgehalten, solange bis Vendula Sedlacek in dem Dach verschwunden ist. Dann wird der Vierbeiner freigelassen und nimmt sofort die Fährte auf. In seinem Hirn ist die begehrenswerte Beißwurst längst mit dem Geruch des Menschen verknüpft.

Zielstrebig läuft er auf das Dach zu, schnüffelt hin und her. Er braucht eine Weile, bis er mit einem kleinen Sprung unters Dach schlüpft und anschlägt. Trotz aller Freude über den Erfolg muss sich Josch nun beherrschen. Er darf nicht nach dem begehrten Spielzeug greifen, sondern muss warten, bis sein Herrchen bei ihm ist und ihm lobend die Beißwurst überreicht.

Im Ernstfall ist das wichtig. Der Hund muss den Trieb, nach dem Gefundenen zu schnappen, überwinden, um eventuell Verletzte nicht noch zu erschrecken oder ihnen gar zu schaden. Eine anspruchsvolle Aufgabe - für Herr und Hund gleichermaßen.