Und plötzlich spricht der Türklopfer

20.7.2017, 12:15 Uhr
Und plötzlich spricht der Türklopfer

© Foto: Markus Kohler

Gelernter Jurist, fleißiger Schreiber, gescheiterter Komponist, begnadeter Leerer. Nicht Lehrer, sondern Leerer vornehmlich alkoholischer Behältnisse war dieser E.T.A. Hoffmann. 1776 in Königsberg geboren und zeitweilig in Bamberg tätig, waren ihm nur 46 Lebensjahre vergönnt. Hinter dem Kürzel E.T.A. stehen die Vornamen Ernst Theodor Amadeus, wobei er sich letzteren Namen selbst angefügt hat, um sich Wolfgang Amadeus Mozart näher zu fühlen. Das Phantastische wohnte gewissermaßen Tür an Tür mit ihm und seinen literarischen Figuren. In seinen Erzählungen verwandelte sich mancher Türklopfer unversehens in ein sprechendes Gesicht, verlieben sich gestandene Männer in Puppenautomaten.

Und so könnte man gelehrt weiterschwafeln. Aber das ist nicht die Vorgehensweise von Helwig Arenz und Christin Wegner. Statt vom Katheder zu lesen, stürzt sich Arenz in die Rolle des verkannten Genies Hoffmann, der sich verkatert auf der Parkbank räkelt, mit Wein erfrischt, aufsteht und aus seinen Werken deklamiert, derweil Wegner im grünen Tüllkleid abwechselnd mal als Kater Murr maunzt, als Kritikerfurie herniederfährt, ihre Gunst als Muse erweist oder als holde Anbetungswürdige mit dem Literaten durchs Gehölz tollt, herumpoussiert oder am Parkgeländer akrobatische Übungen vollführt.

Denn Kapellmeister Kreisler, eine Figur, in der sich Hoffmann offenbar selbst porträtiert, verdankt seine musikalische Genialität einem inneren Furor, der seine Gestik entfesselt. Auch spricht er dem Alkohol zu, doch nicht als Säufer, sondern als Kombination aus Bacchus und Apoll. Der Rausch soll den Künstler beflügeln, zu ungeahnten ästhetischen Höhen entführen. Was meist im Katzenjammer endet.

Ja, der romantische Zauber entfaltet sich an diesem lauschigen Sommerabend. Das zahlreich erschienene Publikum, das sich um die von Fackeln umstandene kleine Bühne unterhalb des Gärtnerhauses scharte, durfte neben der theatralischen Darbietung seltsame Hintergrundmusik genießen, der sich offenbar ein Freund des Ghettoblasters hingab. Auch der Hund einer Besucherin knurrte und jaulte an den entscheidenden hochspannenden Stellen. Und am Ende stolperte Christin Wegner und versengte sich leicht an einer Fackel. Ein dramatischer Abgang, wie ihn E.T.A. Hoffmann selbst nicht besser zu inszenieren gewusst hätte.

ZLetzte Parklesung 2017: Helmut Haberkamm liest am heutigen Donnerstag aus seinem Roman "Das Kaffeehaus im Aischgrund". Treffpunkt Fontänenbrunnen, 19.45 Uhr. Eintritt frei.

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