Verstörende Vorstadt-Geheimnisse im Kulturforum

12.2.2016, 11:15 Uhr
Verstörende Vorstadt-Geheimnisse im Kulturforum

© F.: Athina Tsimplostefanaki

Süßes Nichtstun, Zeit, die sich wie Gummi dehnt: Die Sommerferien verbringt Mascha stets bei den Großeltern in der Provinz, in Barenburg. Menschen „mit julibraunen Armen“ gehen durch den Ort. Doch etwas ist anders als sonst. In der scheinbar so heilen Welt der Vorstadtsiedlung stößt die 13-Jährige auf ein mysteriöses Geschwisterpaar. Der dicke Max (Damjan Batistic) wird gehänselt, voller blauer Flecken ist seine Schwester Julia (Julia Hell). Was geht da vor?

Einen schnörkellos geschriebenen, dichten und spannenden Jugendthriller hat die Journalistin und Autorin Susan Kreller, Jahrgang 1977, mit ihrem Erstlingsroman hingelegt. „Elefanten sieht man nicht“ erhielt unter anderem den Hansjörg-Martin-Preis für den besten deutschen Jugendkrimi, inzwischen ist er in mehrere Sprachen übersetzt worden. Mit Erscheinen des Buches wusste Thomas Stang: Dieser Stoff gehört auf die Bühne. Vom Regisseur und Leiter des Kult-Ensembles, das sich zuletzt im Großen Haus mit „Der kleine Prinz“ präsentierte, stammt auch die Theaterfassung.

Dass ein ganzer Ort zu vertuschen versucht, was hinter Gardinen und gut verschlossenen Türen vor sich geht — Mascha, gespielt von Josephine Mayer, bringt das auf die Palme. Die allerdings ist so wenig zu sehen wie der titelgebende Dickhäuter. Mayer: „Im Englischen gibt es die Redewendung ,The Elephant in the Room‘. Das heißt, man spricht über etwas nicht, obwohl es im Raum steht.“ Mascha, ausgestattet mit einem „riesigen Gerechtigkeitssinn“, so Mayer, will das Schweigen brechen, sie spioniert und beginnt zu handeln, impulsiv und „mit der Unbedingtheit von Partisanen“, wie die FAZ in ihrer Eloge auf den Roman schrieb.

Interessant sei, so Stang, dass man es hier mit einer Hauptperson zu tun habe, die nicht direkt betroffen sei, „sodass sich die Zuschauer fragen: Wie könnten wir reagieren?“ Doch auch Mascha hat ihre Abgründe, etwas, das Mayer ganz besonders an ihrer Figur reizt; Maschas Mutter starb vor Jahren bei einem Autounfall, Papa, ein Dokumentarfilmer, ist vorzugsweise abwesend. Ohnmacht kann eine Macht sein — das gilt nicht nur für die misshandelten Kinder, sondern auch für Mascha selbst.

Ein besonderer Stoff verlangt besondere Bühnenmittel. So werden in Stangs Inszenierung viele Figuren lediglich zu hören sein, Holzfiguren und Trapeze sind im Spiel — einem Spiel, das übrigens Mayer zufolge auch durchaus witzige Momente birgt. Und auch der musikalische Teil der Produktion ist eine Uraufführung. Fünf Songs des Melancholie-Großmeisters Leonard Cohen — wenn Mascha sie hört, erinnert sie sich an die wenigen guten Momente mit Papa — hat der Fürther Jan Bratenstein neu arrangiert und gecovert. Der Songwriter ist besser bekannt unter dem kuriosen Namen „The Black Elephant Band“. 2014 erschien sein zweites Album, Titel: „The Elephant in the Room“. Wenn das mal nicht der Richtige für diese Kult-Produktion ist.

„Elefanten sieht man nicht“: Uraufführung morgen, 20 Uhr, Kulturforum/Große Halle (Würzburger Straße 2). Weitere Termine: Sonntag (18 Uhr), 15.-19. Februar (jeweils 10 Uhr), 20. (20 Uhr) und 21. (15 Uhr) Februar. Karten (12/6 Euro) im FN-Ticket-Point (Rudolf-Breitscheid-Straße 19, Telefon 2 16 27 77).

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