Viele offene Fragen beim Stromnetzausbau

12.10.2018, 21:00 Uhr
Viele offene Fragen beim Stromnetzausbau

© Archivfoto: Berny Meyer

Das große Schreckensszenario – die Gleichstromtrasse – ist vom Tisch. "Nach heutigen Erkenntnissen", so Landrat Matthias Dießl im Kreistag, sei der Landkreis davon nicht mehr betroffen. Sichtbar werden die Zeichen der Energiewende aber auch hier sein, speziell auf Roßtaler Gemeindegebiet in den Ortsteilen Clarsbach, Trettendorf und insbesondere in Raitersaich.

Um den Strom aus dem Norden quer durch die Republik nach Süddeutschland zu transportieren, müssen unter anderem auch bestehende Leitungen aufgerüstet werden, etwa jene von Raitersaich nach Ludersheim. Der Bau soll in "bestehender Trasse" erfolgen, was etwas missverständlich klingt. Die bereits existierende 220-kV-Leitung bleibt nämlich bestehen, und zwar so lange, bis die neue 380-kV-Trasse aufgebaut und in Betrieb ist. Im Umspannwerk in Raitersaich wird außerdem die bestehende Schaltanlage den dann aktuellen Erfordernissen angepasst. Zu Verlauf und Technik der Trassenplanung, so die Landkreisverwaltung, seien noch keine Details bekannt.

Rückfrage bei Tennet: Der "momentane Stand" der Dinge, sagt Lea Gulich, Referentin für Bürgerbeteiligung, sei der, dass die alte Leitung nicht abgeschaltet werden könne. Dieser Schritt und der anschließende Abriss erfolgen erst dann, wenn die neue Strom-Autobahn in Betrieb ist. Aber wo wird deren Korridor durch den Landkreis laufen? Generell will sich Tennet laut Gulich an der bestehenden Trasse orientieren, wo aber die Wohnbebauung der Leitung inzwischen zu nahe gerückt ist, bzw. der Naturschutz das Vorhaben ausbremst, müssten neue Überlegungen angestellt werden – deshalb, so Gulich, gilt aktuell: "Wir wissen nicht, wo sie lang läuft."

Konkret ist dagegen der Bürger-Widerstand, der sich in den betroffenen Orten zwischen Altheim und Raitersaich formiert hat. Zusammengeschlossen sind die Initiativen in der BI-Allianz-P53. Im September gab es im Landratsamt ein Gespräch mit den Aktivisten. Deren maßgebliche Forderungen finden auch die Unterstützung des Landkreises – etwa die Einhaltung des 400-m-Abstands der Strom-Autobahn zur Wohnbebauung, wo immer möglich eine Erdverkabelung vorzusehen sowie die Eingriffe in Natur und Landschaft möglichst gering zu halten.

Verbesserungen erwartet

In einem Schreiben an Tennet hat Landrat Matthias Dießl diese Punkte nun aufgegriffen und nachgefragt, wie sie in den betroffenen Landkreisgebieten umgesetzt werden. Darüber hinaus soll sich das Unternehmen dazu äußern, ob das Umspannwerk bei Raitersaich an seinem jetzigen Standort aufgerüstet werden kann oder ob weitere Flächen benötigt werden. Ist es vielleicht sogar möglich, das Areal weiter von der Wohnbebauung in Raitersaich abzurücken?

Interessant ist außerdem die Antwort auf die Frage, ob durch die geplante Trasse, wie es heißt, "neue Betroffenheiten" geschaffen werden. Dießl erwartet jedenfalls, wie er Tennet wissen ließ, dass sich mit der geplanten Baumaßnahme die Situation für die Menschen verbessert. Verschlechterungen dürften "in keinem Fall" entstehen.

Im nächsten Jahr sollen mit Blick auf die Trassenplanung das Raumordnungs- und anschließend das Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden. Bei beiden Prozessen wird die Landkreisverwaltung Stellungnahmen angeben und dabei auch die Forderungen der BI-Allianz-P53 unterstützen.

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