Von Nolde bis Wanoth: Jubiläumsschau der Fürther Kunstfreunde

21.9.2016, 10:20 Uhr
Von Nolde bis Wanoth: Jubiläumsschau der Fürther Kunstfreunde

© Foto: Michael Müller

Zuerst die Reden, dann der spannende Teil. Vereinsvorsitzende Helga Middendorf begrüßt die Gäste, Klaus Kuhbandner als zweiter Vorsitzender moderiert den Abend, Oberbürgermeister Thomas Jung spricht ein Grußwort, in dem er die wichtige Funktion der Gesellschaft betont — wichtig, weil die Kleeblattstadt keine eigene Kunstsammlung besitzt.

Gegenwart im Fokus

Historikerin Barbara Ohm erläutert die Vereinshistorie und projiziert die wichtigsten Bilder der Sammlung an die Wand. Tatsächlich spiegelt sich hier die große Kunstgeschichte im fränkischen Kleinen wider, ob es um die abstrakte Malerei oder um Stilrichtungen wie Tachismus oder Fotorealismus geht. Zunächst sammelte man Werke weltberühmter Künstler, dann legte der Verein in den 1970ern den Schwerpunkt auf regionale Kunst; aktuell steht die Gegenwartskunst im Fokus.

Dies lässt sich wunderbar in der großen Jubiläums-Ausstellung nachverfolgen. Sie beginnt mit Arbeiten von Pablo Picasso, Lovis Corinth, Oskar Kokoschka, Emil Nolde, Käthe Kollwitz, Max Liebermann, Ernst Ludwig Kirchner und anderer Stars. Richtig gelesen. Staunend stehen die Gäste vor Picassos Zeichnung von badenden Frauen, die so einfach und auf das Wesentliche reduziert wirkt, aber doch so komplex ist. Begeistert bewundern sie das Selbstportrait Kokoschkas, gerührt stehen sie vor der Kreidezeichnung „Abschied und Tod“ von Käthe Kollwitz, in der eine Frau einem Kind Schutz bietet.

Farbig bunt erstrahlt ein Nolde-Aquarell mit Dahlien und Margeriten, tiefgründig und fast zart wirken die Corinth-Radierungen, die den Künstler mit seiner Ehefrau zeigen. Draußen im Gang hängen Stiche verschiedener Städte sowie von der Naturforscherin Maria Sibylla Merian, die Grete Schickedanz einst gestiftet hat.

Geht der Besucher weiter, landet er in zwei Räumen, die den regionalen Größen vorbehalten sind. Die fließenden Landschafts-Aquarelle von Helmut Schmidt-Rednitz, Brigitta Heyducks Bleistift-Bild von altem, eingewachsenem Ackergerät und Michael Engelhardts „große Kanne“, die als Lithographie surrealistisch vor einem Gebirge in die Welt ragt, stammen aus den achtziger Jahren. Karl-Heinz Wich hat in den Sechzigern exotische Motive mit Kakteen und Karibik-Flair aquarelliert, und natürlich haben auch Aquarelle von Oskar Koller mit Bäumen aus Tupfen und Strichen ihren Platz gefunden.

Peter Häring ist mit Farblithographien vertreten, die fränkische Motive zeigen, aber in ihrer Feinheit und Kleinteiligkeit fast fremd wirken. Michael Matthias Prechtl steuert eine Farblithographie bei, die humorvoll einen paradiesischen Garten mit recht lebendigen Skulpturen zeigt.

Und die Gegenwart? Um auch hier dem Anspruch gerecht zu werden, regionale Künstler zu fördern, hat der Verein zu seinem Jubiläum einen Wettbewerb ausgeschrieben. Ausgezeichnet werden an diesem Abend diejenigen, die die Jury überzeugten. Der dritte Preis geht an Fürths Kulturpreisträger Oliver Boberg mit seiner Fotografie „Sandsteinecke“, für die er ein Modell schuf, das er dann ablichtete. Die Arbeit ist geprägt vom Licht- und Schattenspiel eines unsichtbaren Baumes, der sich außerhalb der Szenerie zu befinden scheint und dessen Blätter eine Sandsteinmauer, einen Zaun und eine Treppe hell und dunkel sprenkeln.

Model-Leerstellen

Den zweiten Platz erringt Heidi Sill mit ihrer fünfteiligen Collage „Not in my name“. Furios überlagern sich Bilder, die sie aus Fashion- und LifestyleMagazinen ausgeschnitten hat, Risse und Löcher gewähren Einblick in die Ebenen darunter. So treten innere Organe unter modischer Kleidung hervor, die Kirche als Institution blickt angedeutet durch Fenster. Konsequent demaskiert sie den schönen äußeren Schein, zum Beispiel indem die Models keine Gesichter, sondern Leerstellen haben.

Ganz oben in der Jury-Gunst steht Fredder Wanoth mit „Transit“, einem ungewöhnlichen städtebaulichen Einblick. Seine großformatige Farbstift-Zeichnung hält nicht nur einen Ort fest, sondern erschafft ihn, porträtiert zugleich Veränderungen und Verfall, reflektiert über Architektur und Gesellschaft. Stadt-Struktur aus einem 360-Grad-Blickwinkel.

Eine reichhaltige, würdige Jubiläumsschau.

70 Jahre Fürther Gesellschaft der Kunstfreunde: Schloss Burgfarrnbach (Schlosshof 12). Dienstags und donnerstags 13-16 Uhr, 16. Oktober 11-16 Uhr. Führung am 29. September, 11 Uhr. Bis 20. Oktober.

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