Wachendorf liest einem Hund vor

12.4.2018, 13:00 Uhr
Wachendorf liest einem Hund vor

© F.: Hans Winckler

Ben ist der Mittelpunkt: Emma, Aylin, Theodora, Zoe und Nele sitzen in der Gemeindebücherei Wachendorf im Kreis um den zweijährigen Labradoodle und kichern, weil der verspielte Rüde sich lieber auf den Rücken wälzt, als aufrecht für die Kamera zu posieren. Die wichtigste Frage lässt nicht lange auf sich warten. "Darf ich ihn streicheln?", will eines der Mädchen wissen. "Natürlich", antwortet Hundeführerin Elke Körber, "aber pass auf, dass er dir kein Bussi gibt."

Zwanglose Atmosphäre

Das Eis zwischen Mensch und Hund ist also schnell gebrochen, und als Nele aus einem Kinderbuch mit dem überaus passenden Titel "Wolkenhund" zu lesen beginnt, fläzt sich Ben ganz entspannt auf dem Teppichboden der Gemeindebücherei. "Ich glaube, er schläft gleich ein", meint Elke Körber. Und schon hat ihr Mischling genau jene zwanglose Atmosphäre geschaffen, die für das Lesetraining gewünscht ist.

Wirkliche Probleme beim Lesen hat keine der Erst- und Zweitklässlerinnen. Sie sind in erster Linie gekommen, weil es ihnen großen Spaß bereitet, Ben ihre Geschichten vorzulesen. "Aylin fand es anfangs ein bisschen doof", berichtet ihre Mutter, "aber jetzt will sie jedes Mal dabei sein." Sogar ihre vier Jahre alte Schwester kann es nun kaum noch erwarten, lesen zu lernen – bloß, um möglichst bald selbst dem wuscheligen Zuhörer vorlesen zu können. "Das Konzept funktioniert", findet die Mutter, "die Hunde machen etwas mit den Kindern: Sie lesen gerne und sind gewillt, auch zuzuhören."

Tipps vor dem Streicheln

Praktisch als Nebeneffekt helfen die Lesestunden, Ängste vor Hunden abzubauen. "Emma hat sich ziemlich vor Hunden gefürchtet", berichtet ihre Mutter Susanne Heindl. Dank dem gut erzogenen Ben habe sich das sehr verbessert. Und Hundeführerin Körber gibt natürlich wichtige Tipps im Umgang mit den Tieren: nicht laut schreien, keine schnellen Bewegungen und stets das Frauchen oder Herrchen fragen, bevor man einen Hund anfasst.

Körber selbst ist im Hauptberuf Erzieherin und arbeitet ehrenamtlich für den Therapiehunde-Verein. "Ich habe nach einer Aufgabe für Ben gesucht", sagt die 52-Jährige, die ihren Vierbeiner auch in Seniorenheime oder Kitas bringt. Dafür musste das Duo eine gründliche Schulung durchlaufen und der Hund außerdem einen Eignungstest bestehen. Als Lesehund soll er die Kinder beruhigen. Sie lernen, den Lesefluss nicht zu unterbrechen, auch wenn Schwierigkeiten auftauchen, und entfalten bestenfalls ein eigenes Interesse am Lesen und an Büchern.

In die Gemeindebücherei Wachendorf kommt Ben mittlerweile einmal im Monat. Der nächste Termin ist am Freitagnachmittag, 27. April. Allerdings ist unbedingt eine Anmeldung erforderlich, schließlich sollen die Vorlesegruppen überschaubar groß bleiben – damit beide, Lesehund und Lesekinder, etwas davon haben.

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