Warum ein Burgfarrnbacher Arzt Brunnen bohrt

16.10.2003, 00:00 Uhr

Seit Jahren unterstützt der Allgemeinmediziner, der in Burgfarrnbach eine Praxis betreibt, mit Spendengeldern des Vereins „Afghan-Aid“ seine Heimat. Vor allem Frauen und Mädchen, aber auch kranken und armen Menschen kommen seine Hilfsprojekte zugute.

Bei seiner jüngsten Reise nahm er nicht nur viele Medikamente in das von 23 Kriegsjahren gebeutelte Land mit. Er setzte auch 12 000 Euro an Spendengeldern ein, um mehrere Projekte anzuschieben. So ließ er in einer Schule, die lediglich als Rohbau steht, zwei neue Klassenzimmer errichten und einen zweiten Brunnen bohren.

Neues Labor

Außerdem wurde im Zentralkrankenhaus für Frauen, in dem Ghamin zwei Wochen lang auf verschiedenen Stationen arbeitete, ein einfach zu bedienendes Labor eingerichtet und Personal entsprechend ausgebildet. Auch eine Rampe für die Abfallentsorgung wurde gebaut. Bis dahin sammelten sich Müllhaufen direkt unter den Fenstern von Entbindungs- und Säuglingsstation. Außerdem unterstützt Afghan-Aid noch etliche weitere Schul- und Krankenhausprojekte.

Die Fürther Nachrichten berichteten immer wieder über eine Mädchenschule, die „Afghan-Aid“ im pakistanischen Peshawar aufbaute und unterstützte. Inzwischen musste die Schule wegen des großen Drucks der Taliban, die in dieser Gegend herrschen, schließen. Über Schülerinnen und Lehrerinnen, die von dort in einen Außenbezirk von Kabul zogen, knüpfte Ghamin inzwischen Kontakte zu einer neuen Unterrichtsstätte, in der rund 800 Jungen und Mädchen lernen. „Wir drücken den Leuten dort kein Bargeld in die Hand. Wir wollen sie nicht von uns abhängig machen, sondern erreichen, dass sie auf eigenen Füßen stehen“, erklärt der deutsch-afghanische Mediziner. Im vergangenen Jahr ließ sein Verein in einem Heim für obdachlose Kinder mehrere Ausbildungswerkstätten bauen. In einer Schreinerei, einer Schuhmacherei und einer Schneiderei lernen rund 150 Jungen und Mädchen einen Beruf, mit dem sie sich und ihre Familien später ernähren können. Ein weiteres Hilfsprojekt kommt verwitweten Frauen

in Kabul zugute. Gemeinsam mit der Klinikleiterin des Zentralkrankenhauses organisierte Ghamin mehrwöchige Nähkurse für Witwen und überließ ihnen dafür die Nähmaschinen.

Entsetzt zeigte sich der Burgfarrnbacher Arzt über die zunehmende Kriminalität in Kabul. „Ich muss gestehen, diesmal hatte ich wirklich Angst. Ständig gab es in der Nähe Raubüberfälle und Einbrüche“, erzählt der Mediziner. Und auch die Skorpione jagten ihm immer wieder einen gehörigen Schrecken ein. Was Ghamin zutiefst empört, ist die Diskrepanz zwischen den reichen Ausländern, Ministern und Entwicklungshelfern, die monatlich für ihre Luxusvillen in Kabul 3000 US-Dollar Miete bezahlen, und der armen Bevölkerung, die keine Arbeit hat und in Slums vor sich hinvegetiert. Auf Grund dieser Situation genießen Angehörige von Hilfsorganisationen bei den Einheimischen keinen besonders guten Ruf mehr.

Nur ein Gerücht

Während Ghamins jüngster Reise machte in Burgfarrnbach das Gerücht die Runde, er würde in Afghanistan einen besonderen Posten annehmen und nicht zurückkehren. Der niedergelassene Arzt zeigt sich darüber sehr enttäuscht. „Ich weiß nicht, wer so etwas in die Welt setzt“, sagt er, „ich liebe meine Heimat Afghanistan, aber meine Kinder sind hier aufgewachsen, meine Frau ist Deutsche, und ich selbst lebe seit 33 Jahren in Deutschland, und meine Mentalität ist typisch deutsch.“

Im nächsten Jahr will Habib Ghamin wieder nach Afghanistan reisen, den Bau eines kleinen Krankenhauses, die Schule im Vorort von Kabul und mehrere Selbsthilfeprojekte unterstützen. Spenden können unter dem Stichwort „Afghanistanhilfe“ bei der Sparkasse Fürth auf das Konto 2006 (BLZ 762 500 00) eingezahlt werden. Weitere Infos gibt’s im Internet unter www.ghamin.de oder www.afghan-aid.de.