Warum muss in Zirndorf ein achter Supermarkt her?

10.12.2018, 12:57 Uhr
Warum muss in Zirndorf ein achter Supermarkt her?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Es ist ein kleines Häuflein, das sich da im Regen vor der Einfahrt von Sand Barthel versammelt hat, beim Lokaltermin der BN-Ortsgruppe Zirndorf. Deren Vorsitzende Angelika Schaa hantiert mit Fotos und Plänen, um den Teilnehmern zu illustrieren, was die Naturschützer bewegt. Schnell ist klar, es ist nicht das Seniorenzentrum, das die Gemüter erhitzt. Obwohl Angelika Schaa, wenn hier auf dem Areal schon Veränderungen angestrebt werden, ganz klar dem Thema Wohnen den Vorzug gegeben hätte.

Einen diesbezüglichen Antrag, unter dem Stichwort "Sozialer Wohnungsbau", hatten die Grünen in der jüngsten Sitzung des Stadtrates gestellt, waren damit aber abgeblitzt. Es ist Aldi – der einzige Discounter, den die Bibertstadt noch nicht vorweisen kann – mit seinen Kundenstellflächen, der massive Kritik auf sich zieht. Forderungen wie die nach einer Tiefgarage oder einem Parkdeck fallen. Und ein vermeintlicher Alternativstandort wird auch ins Gespräch gebracht: der leerstehende Praktikermarkt in Leichendorf, mitten in einem Gewerbegebiet, Parkplätze inklusive.

Der Weg ist frei

Doch es soll das zwei Hektar große Barthel-Areal sein, das dann in mehr oder minder weiten Teilen versiegelt wird. Dazu kommen weitere 1,8 Hektar an der Rangaustraße, unmittelbar am Wertstoffhof und der Erddeponie des Landkreises gelegen. Auch diese, derzeit landwirtschaftlich genutzte Fläche, wohin Sand Barthel umziehen soll, wird ihr Gesicht verändern. Dafür hat der Zirndorfer Stadtrat gegen die Stimmen der Grünen, wie berichtet, den Weg bereits frei gemacht.

Der Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wähler sieht für Bayern fünf Hektar Flächenverbrauch pro Tag vor, freilich nur als "Richtwert", also nicht bindend. Wie das funktionieren soll?, fragt Angelika Schaa, wenn es im vorliegenden Fall in Zirndorf schon in einem Aufwasch 3,8 Hektar sind. Die Naturschützer stellen Sinn und Zweck einer weiteren Discounteransiedlung in Frage. Denn: Nur wenige hundert Meter entfernt, mitten im Pinderpark zentral im Wohngebiet, findet sich schon Lidl. Den BN-Angaben zufolge wäre Aldi der achte Supermarkt innerhalb eines Kreises von vier Quadratkilometern.

Die Anwohner fürchten insbesondere mehr Verkehr. Einige liegen deshalb, wie berichtet, im Clinch mit der Stadt. Als das Rathaus heuer Ende Juni in der Thomas-Mann-Straße zählte, waren im Schnitt 1399 Fahrzeuge unterwegs – und zwar nur in eine Richtung. Nicht alle Aldi-Kunden und Seniorenheimbesucher werden die Westspange für An- und Abfahrt nutzen, sondern sich auch aus dem Ortszentrum heraus erst durch die Engstelle beim Torturm und anschließend durchs Wohngebiet quetschen. Zudem sind da die Erweiterungspläne des Landratsamtes, auf die weist Stadtrat Wolfram Schaa (Grüne) hin. Diese Entwicklung dürfte ebenfalls weitere Autobewegungen bringen.

Stadtrat Anton Gebert (CSU) bemüht sich, in der Diskussion dagegenzuhalten. Gerade die 7000 Zirndorfer in Ortsteilen wie Banderbach, Weiherhof oder Wintersdorf freuten sich über eine neue Einkaufsmöglichkeit hier, sagt er. Außerdem leiste die Bibertstadt der Versiegelung nicht großzügig Vorschub. Von den in den vergangenen Jahren geschaffenen Ökokontoflächen mit 17 Hektar seien nur 5,5 Hektar in Anspruch genommen worden. Gebert macht darüber hinaus klar, dass die Kommune durchaus Interesse an dem Grundstück gezeigt habe, aufgrund der vom Stadtrat festgelegten Höchstgrenze im Bieterrennen aber chancenlos gewesen sei.

Konfliktpotenziale vorhanden

Die Diskussion verfolgt auch Herbert Ell. Seine Frau und er – sie betreiben Sand Barthel seit 17 Jahren auf dem gepachteten Gelände gleich neben dem Pinderpark – wollen mal hören, was denn so geredet wird. Ell sieht die Entwicklung mit einem weinenden und lachenden Auge. Probleme mit den Anwohnern, sagt der Unternehmer, habe es in all der Zeit nicht gegeben. Aber Konfliktpotenziale liegen auf der Hand, wie sich gerade im zurückliegenden heißen Sommer gezeigt hat.

Wind treibt den Staub, den Fahrzeuge aufwirbeln, sowie von den Sandbergen Richtung Wohngebiet. Als heuer die Sonne unablässig vom Himmel brannte, war auch der Effekt der Beregnungsanlage, die das gesamte Firmenareal bestreichen kann, nur von kurzer Dauer. Man wolle zudem der Stadtentwicklung nicht im Weg stehen, meint Herbert Ell. Den neuen Standort stuft er als ideal ein, auch wenn für ihn damit ein enormer logistischer und finanzieller Aufwand ("Eine halbe Million Euro wird wohl nicht reichen") verbunden ist.

Vertreiben will den Betrieb aus Zirndorf ohnehin keiner, das versichern Umweltaktivisten und grüne Kommunalpolitiker einmütig. Vielleicht kann man Aldi über den notwendigen Bebauungsplan Zugeständnisse abringen, so die Hoffnung – oder es gründet sich noch eine Bürgerinitiative aus Anliegern, die einen Bürgerentscheid anstrebt. Letzteres bezweifelt freilich ein Anrainer. Schon Nachbarn, die nicht unmittelbar an das Barthel-Grundstück angrenzten, sondern in zweiter Reihe wohnten, sei die aktuelle Entwicklung, nachdem, was er so gehört habe, total egal.

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