Wenn der Magen knurrt

15.8.2011, 22:00 Uhr
Wenn der Magen knurrt

Traditionell geht es bei Maria Brunner um 12 Uhr zu. 26 Jahre schon bewirtschaftet sie die Gaststätte am Eck von Helmstraße und Königsplatz. „Schlimmer als krank und tot, ist im Öchsla Hausverbot“ klebt an der Eingangstür – ein Satz, den jeder Einzelne der vielen Stammgäste unterschreiben würde. Manfred Walz, 72, zum Beispiel, der seit fünf Jahren täglich zum Essen kommt. Oder sein Gegenüber Ayhan Kanburoglu, ebenfalls 72 Jahre alt und von den Kartelbrüdern „Achala“ getauft.

Auf der Speisekarte stehen heute Erbseneintopf mit Stadtwurst, saure Lunge mit Semmelknödel, Schnitzel, Kotelett und Knöchla-Sülze. Wer fränkische Küche mag, ist im Öchsla richtig. Sogar der Salat schmeckt wie früher, die grünen Bohnen quietschen.

Maria Brunner, 62, macht alles in Personalunion. Bestellung aufnehmen, Getränke bringen, das Kotelett in der Pfanne drehen, den Teller auf- und wieder abtragen, kassieren. Nur Freitag und Sonntag hat sie Hilfe. So hat alles seinen Rhythmus.

Dienstag ist Schlachtschüssel, Donnerstag Ruhetag, Freitag gibt’s Fisch und am Samstag wird gekartelt. Dann sind gleich die ersten drei Tische reserviert und jeder kennt seinen Platz. Auch die, die Maria Brunner in die Runde geschmuggelt hat. Eine Postkarte mahnt gleich an der Theke: „Regierungsbezirk Maria – Mein Wort ist hier Gesetz“. Da fügen sich auch der Oberbürgermeister und Volker Heißmann, die sich regelmäßig im Öchsla treffen („Anner allaans kummd ned“) und gerade zur Tür hereinkommen.

Wenn der Magen knurrt

12.25 Uhr:  Auf die Schnelle und am liebsten warm, so will die Kundschaft der Metzgerei Schäfer essen. Die heiße Mittagstheke und die belegten Brötchen – Schnitzel, Käse und Tomaten und natürlich der Klassiker Leberkäs’ – gehören seit geraumer Zeit zum Angebot. Heute gibt’s Hackbraten mit Kartoffelbrei, süß-saures Schweinefleisch mit Basmati-Reis und hausgemachte Fleischküchle.

In fliegendem Wechsel bedienen Bianca Heinzmann, Marianne Winkler und ihre beiden Kolleginnen die Mikrowelle oder an der Fleischtheke. Ein älterer Kunde bestellt Rüssele. „A Nosn? An Baggn hätt’ ich auch“, sagt Bianca Heinzmann aufgeräumt und fragt gleich, ob’s auch noch Sauerkraut sein darf. „Wenn mer an Glusderer hat“, gesteht eine Stammkundin, lohne der Gang in die Rudolf-Breitscheid-Straße.

Mit fleischlichen Gelüsten hat Cristo Twele auch im Stadttheater öfters zu tun, im Moment hat er vor allem Hunger. Mittagspause. Der Meister für Veranstaltungstechnik holt mit Kollegen vom Tüv und einer anderen Firma ein Schnitzel und Fleischküchle, bitte einpacken.

In der Schulzeit holen sich viele Jugendliche mittags eine Kombi-Brotzeit, in den Ferien kommen vor allem Senioren zum Mittagstisch. „Lassen’S sich’s schmecken“, sagt Marianne Winkler und reicht einen Teller mit dampfenden Kartoffeln, Fleischküchle und buntem Gemüse über den Tresen.

Wenn der Magen knurrt

© André De Geare

12.45 Uhr:  Nach Geschmack, nicht nach Rezept kocht Beate Lechner. Und statt Messer und Gabel wird beim „Suppenkaspar“ mit Schöpfkelle und Löffel hantiert. Das „Brot zur Subn“ steht auf der Theke, die Chefin gleich dahinter. Sie füllt Gemüsesuppe, Erbseneintopf und Spitzkohleintopf mit Bündle in die Schalen: „Den müssen’S amol probiern. So was Zartes!“ Ganz früh am Morgen schon ist der Wetterbericht das Erste, was Beate Lechner hört. Damit sie sich danach richten kann. In einem Sommer wie diesem sind nahrhafte Eintöpfe und sämige Suppen genau das Richtige. Von sieben oder halb acht an kocht sie dann und rührt und würzt. Nicht zu stark, vor allem nicht die Erbsen! Die haben doch schon Eigengeschmack.

Erfahrung und Fantasie geben sich bei der couragierten Köchin – „In unserer Familie haben alle gern gekocht“ – die Hand, zwei Jahre nach der Eröffnung floriert das Geschäft. Die Kundschaft steht im „Suppenparadies“ auch Schlange. Bis nachmittags um drei lassen sich die Patienten der umliegenden Arztpraxen in der Königswarterstraße, die Angestellten der Krankenkasse und Beschäftigte der Sparkasse die Teller füllen. Beate Lechner und ihre Helferin schnippeln dann schon das Gemüse für den nächsten Tag und lassen das Gulasch für morgen sachte köcheln.

Das höchste Lob, das Beate Lechner kennt? Wenn ihre Gäste sich noch mal über die Lippen schlecken und sagen: „Wie bei meiner Mutter.“ Von einem hat sich die Chefin allerdings verabschieden müssen: Von Kaltschale & Co. „Ihre Suppe wollen die Fürther heiß.“

 

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