Wenn der Patient 260 Kilo wiegt

30.7.2014, 16:00 Uhr
Das Fürther Klinikum ist auf übergewichtige Patienten eingestellt.

© dpa Das Fürther Klinikum ist auf übergewichtige Patienten eingestellt.

Der Einsatz der Feuerwehr, die unlängst in Fürth einen 175 Kilogramm schweren Mann mit einem Kranwagen aus seiner Wohnung im zweiten Stock heben musste, sorgte für erhebliches Aufsehen – schließlich musste die Polizei wegen des Transports die ganze Würzburger Straße für eine Stunde sperren - eine der Hauptverkehrsrouten in der Stadt.

Im Fürther Klinikum können solche Einsätze indes niemanden mehr überraschen, auf übergewichtige Patienten ist die Einrichtung an der Jakob-Henle-Straße aufgrund praktischer Erfahrung eingestellt. Auch ein derart schwerer Mensch könne das Krankenhaus vor keine großen Herausforderungen mehr stellen, sagt Betriebsmanager Martin Vitzithum. „Das haben wir hier öfter. Übergewicht ist ein zunehmendes Problem, jeder kann das auf der Straße beobachten“. Und: Die Patienten würden nicht nur schwerer, sondern auch breiter. Die Körperdimensionen, formuliert der Mann vom Fach, verschieben sich zusehends.

Wenn der Patient 260 Kilo wiegt

© Mark Johnston

Sabine Gattinger, Leiterin einer regionalen Adipositas-Selbsthilfegruppe, berichtet, dass dennoch längst nicht alle Kliniken ausreichend ausgestattet sind, um mit übergewichtigen Personen umgehen zu können. Gerade mal Schwabach, Erlangen und Fürth stellt sie diesbezüglich ein gutes Zeugnis aus.

In ihrer Gruppe können sich Betroffene bei regelmäßigen Treffen austauschen und informieren. Vor einigen Jahren war Gattinger noch selbst übergewichtig und benötigte eine Kniespiegelung. Ihre damalige Klinik wollte sie jedoch nicht operieren.

„Die Ärzte haben mir gesagt, dass sie nicht wissen, ob der OP-Tisch mein Gewicht aushält“, berichtet sie. Und auch das Klinikpersonal habe keine Lösung anbieten können. Inzwischen jedoch , weiß Gattinger, achten die Mediziner sehr wohl darauf, dass sie die Patienten in Kliniken schicken, die auf Übergewichtige vorbereitet sind.

Verstärkte Investitionen

Wie in der Kleeblattstadt. Das hiesige Krankenhaus hat in den vergangenen Jahren verstärkt in seine Ausstattung für Übergewichtige investiert. „Oft ist es so, dass ein Stuhl zwar nicht zusammenbricht, der Patient aber einfach nicht hineinpasst,“ erklärt Vitzithum. Im Klinikum gibt es deshalb überbreite Rollstühle sowie einen Transport- und Liegestuhl, der für bis zu 400 Kilo Gewicht geeignet ist. „Der Patient kann darin liegen und auch behandelt werden“, sagt Vitzithum.

Die Fürther Betten halten ein Gewicht von bis zu 260 Kilogramm aus. Für Menschen, die tatsächlich noch schwerer und breiter sind, gibt es Sondermodelle, die das Klinikum bei Bedarf innerhalb von wenigen Stunden geliefert bekommt. Aus Platzgründen werden diese Spezialbetten aber außerhalb gelagert.

Damit nicht genug: Das Krankenhaus verfügt auch über ein Computertomographie-Gerät mit einem Durchmesser von 80 Zentimetern – größer als im Normalfall und ebenfalls „speziell für korpulentere Personen geeignet", so der Fürther Betriebsmanager.

Doch die technische Ausstattung ist nicht alles, mahnt Sabine Gattinger. In ihren Augen ist ein feinfühliges Personal mindestens genauso wichtig. „Viele Übergewichtige haben vor einem Krankenhausbesuch richtig Angst. Sie sorgen sich, dass der Plastikstuhl zusammenbricht und ob alle Geräte für sie passen“, so ihre Erfahrung aus zahlreichen Gesprächen. Oft, so Gattinger, reiche da schon ein beruhigendes Wort.

Gattinger ist überzeugt, dass Kliniken wie jene in Fürth bald keine Ausnahmen mehr sein werden. Denn weil der Trend leider hin zu immer mehr Übergewicht geht, müssten sich auch immer mehr Gesundheitseinrichtungen darauf einstellen – wohl oder übel.

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