Wie jüdische Kinder dank Adoption überlebten

15.11.2018, 21:00 Uhr
Wie jüdische Kinder dank Adoption überlebten

© Foto: Leberzammer

5000 von einer Million. Nur so wenige jüdische Mädchen und Buben konnten in Polen vor dem Holocaust gerettet werden. Die Ausstellung erzählt die Geschichte von 15 dieser Kinder, die zwischen 1939 und 1942 geboren wurden. Die meisten haben keine Erinnerung mehr an ihre ermordeten leiblichen Eltern und haben zum Teil erst spät die Hintergründe ihrer Herkunft erfahren.

"Meine leiblichen Eltern müssen gewusst haben, dass sie in den Tod gehen, denn sonst hätten sie mich mitgenommen." Dieser Satz stammt von Joanna Sobolewska-Pyz, die im Juli 1939 in Warschau zur Welt kam. Erst mit 18 Jahren erfuhr sie, dass sie Jüdin ist und machte sich fortan auf Spurensuche. Die nun in der Grünen Scheune ausgestellten Schautafeln sind ein Ergebnis davon. Denn Sobolewska-Pyz recherchierte nicht nur nach ihrer eigenen Familie, sondern auch nach anderen Frauen und Männern ihrer Generation mit dem gleichen Schicksal.

Mehr Mädchen gerettet

"Frau Sobolewska-Pyz ist langjährige Vorsitzende des Vereins Kinder des Holocaust und war Ideengeberin dieser Ausstellung", sagt Holger Politt. Der Historiker leitet seit 2017 das Warschauer Büro der Rosa-Luxemburg-Stiftung und hat gemeinsam mit seiner Vorgängerin und Joanna Sobolewska-Pyz die Ausstellung vor vier Jahren konzipiert.

Seitdem war sie in einigen polnischen Städten und im europäischen Ausland zu sehen. Fürth ist die vierte Station in Deutschland, im Januar folgt Nürnberg. Dann möchte Joanna Sobolewska-Pyz selbst zur Eröffnung kommen, sofern es ihre Gesundheit zulässt. Dass in der Ausstellung bis auf eine Ausnahme Frauen porträtiert werden, erklärt Politt zum einen damit, dass sich die vom Verein angesprochenen Männer mit ihrer Familiengeschichte eher weniger der Öffentlichkeit zeigen wollten. Zum anderen haben viel mehr weibliche Babys und Kleinkinder überlebt. Der Grund: "Die männlichen Kinder waren beschnitten und so als Juden leichter zu erkennen", so Holger Politt.

Dass überhaupt 5000 Kinder überlebt haben, sei dem Mut und der Menschlichkeit nicht-jüdischer Polen zu verdanken. Joanna Sobolewska-Pyz etwa wurde 1943 über die Kanalisation aus dem Warschauer Ghetto geschmuggelt – versehen mit einem Schild, auf dem ihr Name und der einer Familie stand, die sie aufnehmen würde. Als junge Frau erfuhr sie durch ihren "polnischen" Vater eher ungeplant von ihren eigentlichen Wurzeln. "Es war ein gewaltiger Schock. Mir schien, als habe meine Welt innerhalb einer einzigen Sekunde aufgehört zu existieren. Alles, was ich von mir wusste, erwies sich als unwahr."

Von ihrer leiblichen Mutter, die wahrscheinlich im Vernichtungslager Treblinka ums Leben kam, hat sie erst viele Jahre später ein Foto aus dem Abiturjahrgang gefunden. Diese verwaschene Schwarzweiß-Aufnahme ist in der Ausstellung ebenso zu sehen wie viele Bilder jener "polnischen" Eltern, die später als "Gerechte unter den Völkern" geehrt wurden.

Geöffnet ist "Meine jüdischen Eltern, meine polnischen Eltern" in der Grünen Scheune (Kirchenplatz 7) wochentags bis zum 30. November jeweils von 16 bis 19 Uhr. Ausgenommen sind der 20., 22. und 27. November, da ist nur von 16 bis 17.30 Uhr geöffnet. Am 23. November ist die Ausstellung ganz geschlossen.

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