Wie weit ritt Tilly in Rehdorf?

30.7.2015, 06:00 Uhr
Wie weit ritt Tilly in Rehdorf?

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Was macht eine so genannte „Historische Straße“ aus und wo endet diese in Rehdorf? Diese Frage warf SPD-Fraktionssprecher Marco Maurer im Gremium auf: „Etwa da, wo Tilly aufgehört hat zu reiten?“ Worte, über die nicht nur die Zuhörer der Diskussion hätten schmunzeln können, wäre da nicht ein ernster und insbesondere kostspieliger Hintergrund. Denn die Anwohner im Ortskern müssen nichts bezahlen, wenn die Bagger anrücken und das Asphaltband, das sich durchs Dorf schlängelt, den modernen technischen Ansprüchen angepasst wird. Im Gegensatz zu jenen vier Eigentümern, die eben nicht mehr an der „Historischen Straße“ wohnen.

Komplizierter Sachverhalt

Der Sachverhalt ist kompliziert und hat mit dem Ausritt eines kaiserlichen Heerführers im Dreißigjährigen Krieg überhaupt nichts zu tun. Das Bauamt, erläuterte Karin Wiegel, dem Gremium habe sich bereits vor einigen Jahren in diese Thematik vertieft. Bis ins 17. Jahrhundert gingen die Recherchen seinerzeit auch nicht zurück. Welcher Straßenabschnitt als „historisch“ zu definieren ist, gründet sich im vorliegenden Fall auf zwei Punkte: Zum einen auf eine Flurkarte aus dem Jahr 1830, zum anderen auf die Erkenntnis, dass sich bereits in den 1930er Jahren in Rehdorf eine Bebauung herausgebildet hatte, bei der die Straße nicht nur die Zufahrt zu landwirtschaftlichen Flächen ermöglichte, sondern bereits Erschließungsfunktion hatte.

Ein wichtiges Datum markiert das Jahr 1961, damals trat das Bundesbaugesetz in Kraft. Danach war es, so die Auskunft des Bauamtes, nicht mehr möglich, Straßen als historisch einzustufen. Die besagten vier Häuser, und das ist ein weiterer Knackpunkt, wurden seinerzeit zudem im Außenbereich gebaut. Dies führt jetzt zu der kuriosen Situation, dass die Eigentümer dieser Immobilien Erschließungsbeiträge für die Straße zahlen müssen. Im Rehdorfer Ortskern sind dagegen nicht nur die Alteigentümer davon ausgenommen, verschont bleibt auch, wer an der „Historischen Straße“ ein neues Haus baut.

Diese Diskrepanz zwischen Recht und Gerechtigkeit trieb die SPD um. Man sei deshalb gegen einen Bebauungsplan und wolle die Bürger nicht mit Erschließungsbeiträgen belasten, sagte Maurer: „Wir stehen zu unserem Wort.“ Auch im Fall der Bahnhofstraße in Unterasbach (die FLN berichteten mehrfach) sprechen sich die Sozialdemokraten bekanntermaßen gegen ein solches Vorgehen aus.

Ein Bebauungsplan, schreibt die Verwaltung, sei „Grundlage“, um die Erschließungsbeiträge abrechnen zu können. Eine beidseitige Bebauung wird auch deshalb als sinnvoll erachtet, da so der Dorfrand eine Struktur erhalte und damit klar erkennbar sei. Gleichzeitig könnte man den bestehenden Geh- und Radweg auf der Nordseite der Straße bis in den Ortsteil hinein verlängern. Die besagte Fläche auf der Seite zum Asbachgrund hin ist allerdings als Biotop kartiert.

Eine Umweltprüfung sieht das nun beschlossene Verfahren nicht vor. Jedoch könne die Kommune, auch darauf verweist die Stadtratsvorlage, einen naturschutzrechtlichen Ausgleich vornehmen.

Widerspruch erntete die SPD von Norbert Schikora (Grüne). Ob es nun einen Bebauungsplan gebe oder nicht, Erschließungskosten müssten abgerechnet werden. Mit der angedachten Bebauung im Norden könnten die „vier Unglücklichen“ zumindest etwas entlastet werden. Die Kosten würden damit „mehr oder minder halbiert“, sagte auch CSU-Fraktionssprecher Jürgen Schwarz-Boeck, der es bedauerte, dass man die „Historische Straße“ nicht einfach verlängern könne. Würde die Stadt aber keine Beiträge abrechnen, „schaffen wir uns Probleme“.

Weitere Weichen gestellt

Mit großer Mehrheit und der Unterstützung von SPD-Stadtrat Peter Gerlach beschloss das Gremium die Aufstellung des Bebauungsplans „Östliche Rehdorfer Straße“. Und auch der Bauausschuss hat in seiner jüngsten Sitzung weitere Weichen gestellt: So werden – Stichwort Breitbandversorgung – im Zuge des Straßenausbaus Leerrohre für Glasfaserkabel verlegt. Damit ist aber nicht gesagt, dass die schnellen Leitungen in naher Zukunft auch kommen. Das hängt davon ab, ob ein Versorger beziehungsweise Netzbetreiber Interesse hat, aktiv zu werden.

Das Ingenieurbüro Baier & Schwarzott wurde zudem mit der weiteren Vorbereitung der Baumaßnahme beauftragt. So sollen die Unterlagen für die Ausschreibung ausgearbeitet werden. Stimmt der Stadtrat diesen zu, werden Ende des Jahres Angebote von Baufirmen eingeholt. Die bereits vorliegenden Pläne des Cadolzburger Büros sind zudem Grundlage für die Dorferneuerung im Ortsteil. Rund 130 000 Euro erwartet das Bauamt an Fördergeld. Insgesamt schlägt der Straßenausbau mit knapp einer Million Euro zu Buche. Aus dem Fördertopf können auch private Maßnahmen gefördert werden. Darüber, und auch zum Punkt Breitbandversorgung, will die Stadt die Bürger im Herbst informieren.

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