Wilhermsdorf hört den Traktor-Sound auf zwei Rädern

24.7.2016, 09:00 Uhr
Wilhermsdorf hört den Traktor-Sound auf zwei Rädern

© Foto: Heinz Wraneschitz

„Ein Traktor mit Tempo 90? Das kann nicht sein!“ Beim Blick in den Rückspiegel rieben sich dieser Tage wohl viele Autofahrer rund um Wilhermsdorf die Augen. Nicht Ackerschlepper, sondern Motorräder mit dem für Dieselmotoren typischen Geräusch gaben sich im Zenngrund ein Stelldichein.

Die Technik sei so etwas wie ein Zufallsprodukt, entstanden bei Royal Enfield in England, der ältesten Motorradfabrik der Welt, weiß Michael Oberhoff aus dem Langenzenner Ortsteil Lohe. Denn „normale“ Bikes mit Ottomotoren seien nicht für die Zweitnutzung als Bewässerungsantrieb für Reisfelder in Indien geeignet gewesen, die Diesel mit Zwangskühlung dagegen schon, doziert Oberhoff.

Darüber hinaus schwärmt er von seiner eigenen Maschine: 1,5 Liter Verbrauch auf 100 Kilometer, welches Kraftrad mit etwa 500 Kubikzentimeter Hubraum könne da mithalten?, fragt er rhetorisch. Von der langen Lebensdauer des Dieselantriebs einmal ganz zu schweigen. Doch weil diese Maschinen meist tagtäglich und viel gefahren werden, seien sie meist nicht so blitzblank wie beispielsweise Harley-Davidsons.

Doch, hin und wieder müsse einmal ein Ventil eingestellt werden, gibt Overhoff zu. Was eigne sich da besser als ein Treffen von Gleichgesinnten? Bisher mussten er und andere Diesel-Biker aus Süddeutschland immer nach Hamm in Nordrhein-Westfalen dieseln, um zu fachsimpeln, zu feiern – und sich fachlich weiterzubilden. Dort haben solche Treffen bereits lange Tradition, heuer findet in Hamm schon das 16. dieser Art statt.

Dabei stammen die meisten in Deutschland zugelassenen Diesel-Kräder aus Franken oder der Oberpfalz: Die Motorradmanufaktur Sommer hat ihren Sitz in Bergen-Geyern bei Weißenburg; die Diesel-Wiesel werden in Nittendorf bei Regensburg zusammengebaut. Aus den Werkstätten dieser beiden Hersteller stammt das Gros der Diesel-Bikes, den Rest haben meist Freaks mühsam selber zusammengeschraubt. Wenn schon die Hersteller hier sitzen, warum dann nicht ein süddeutsches Pendant zum Hammer Treffen ins Leben rufen, dachte sich eine Gruppe fränkischer Diesel-Biker um Overhoff und Angelus Grüner aus Nürnberg.

Gut, dass auch Wilhermsdorfs Schwimmmeisterin Karin Bayliss von Dieselruß begeistert ist: So war der Platz neben dem dortigen Hallenbad als Treffpunkt schnell gefunden. Weil das erste im vergangenen Jahr gleich großen Zuspruch fand, ging es heuer weiter. Und so tuckerten insgesamt etwa 50 Teilnehmer zum „2. International-fränkischen Diesel-Motorrad-Treffen 2016“ nach Wilhermsdorf.

Dort gab es eine Ausfahrt durch den Zenngrund, genau wie ein Zeltcamp, in dem etwa 20 Diesel-Biker zwei Tage ihren Spaß hatten. Wichtig natürlich auch der Workshop, bei dem „Diesel-Wiesel“-Chef Bernhard Leitner die Ventile eines Lombardini-Dieselmotors an einer Royal-Enfield-Maschine fachgerecht einstellte. Danach tuckerte die Maschine wieder fast genauso wie ein Oldtimer-Traktor.

Zufällige Besucher des Hallenbads fühlten sich bei den Geräuschen eher an Rüttelplatten erinnert, mit denen Pflasterflächen geglättet werden. Kein Wunder, sind solche Ein-Zylinder-Diesel zum Beispiel vom Hersteller Hatz auch dort im Einsatz. Glaubt man den Diesel-Motorrad-Produzenten, dann sind ihre Kunden „meistens ältere, gutsituierte Herren“. Auch wenn sie sich wie ihre dieselnden Motorräder optisch ganz schön verstellen können. Ein recht exklusives Hobby eben.

www.diesel-biker.de

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