"Wir machen Politik weniger abstrakt"

21.3.2017, 13:00 Uhr

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Frau Barz, Ehrenamtliche wie Sie sind eine Ausnahmeerscheinung. Ihr Engagement ging weit über das Übliche hinaus, selbst wenn Sie Ihre beiden wichtigsten Ämter aufgeben, bleiben Ihnen immer noch elf weitere. Wie haben Sie das bislang geschafft?

Andrea Barz: Ich habe das Glück, dass ich einen Mann habe, der die ganze Zeit gutes Geld verdient hat. So konnte ich mich voll und ganz — praktisch in Vollzeit — dem Ehrenamt widmen. Mein Mann sagte dazu treffend: ,Ich arbeite für‘s Geld, du für die Ehre.‘ Die jungen Frauen von heute dagegen haben aus guten Gründen ihren eigenen Beruf und ihre eigene Karriere. Wenn dann noch Haushalt und Kinder da sind, bleibt kaum mehr Zeit für ehrenamtliches Engagement.

Fällt es Ihnen schwer, sich aus der Frauen-Union (FU) zurückzuziehen?

Andrea Barz: Eigentlich nicht. Alles hat seine Zeit. Für mich ist es jetzt an der Zeit, mich mehr um meine Gesundheit und meine Familie zu kümmern.

Es gibt Stimmen, die meinen, die Frauen-Union habe sich überholt, schließlich herrsche Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, für die Interessen der Frauen brauche es keine eigene Vertretung. Was halten Sie davon?

Andrea Barz: Um politische Karriere in der Union zu machen, braucht man die FU nicht mehr. Aber es gibt immer noch ein meist strukturell bedingtes Ungleichgewicht zwischen Männern und Frauen bei Lohn und Gehalt. Frauen mit Kindern drängen sich eben nicht unbedingt in zeitraubende Führungspositionen, Frauen pausieren wegen ihrer Kinder, sie entscheiden sich häufiger für schlechter bezahlte Tätigkeiten im Dienstleistungs- oder sozialen Bereich. Am Ende des Berufslebens sehen wir das bei der Höhe der gesetzlichen Rente, von der diese Frauen oft kaum leben können. Hier gibt es nach wie vor eine Gerechtigkeitslücke, weil die gesellschaftliche Leistung der Kindererziehung, die nach wie vor und meines Erachtens auch in der Zukunft hauptsächlich Frauen erbringen, bei der Rente nicht angemessen anerkannt wird. Wir müssen weiter für mehr Anerkennung kämpfen. Grundsätzlich sage ich immer, die FU ist das menschliche Gesicht der CSU, sie sorgt mit lebensnahen Aktivitäten vor Ort dafür, dass Politik als weniger abstrakt wahrgenommen wird.

Kämpferisch haben Sie sich schon einmal für die Mütterrente eingesetzt. Einer Ihrer größten Erfolge mit der FU?

Andrea Barz: Ohne unseren Einsatz wäre diesbezüglich gar nichts passiert. Der Effekt der Unterschriftensammlung zugunsten der Mütter, die nur wegen des Geburtsjahrgangs ihrer Kinder leer ausgegangen wären, ist so gesehen ein schöner Erfolg. Aber ich möchte die Arbeit gar nicht auf eine einzelne Aktion reduzieren. Es sind die vielen kleinen Dinge, die immer weitere Kreise gezogen haben, über die ich mich freue.

Welche kleinen Dinge meinen Sie?

Andrea Barz: In Langenzenn hatten wir bereits vor mehr als 40 Jahren das erste Christkind im Landkreis Fürth. Seither wird es Jahr für Jahr von uns betreut. Ich selbst habe das vor 20 Jahren übernommen, ein Glanzlicht war der individuell auf den Veranstalter zugeschnittene Vor-Prolog. Es befriedigt mich sehr, dass im Laufe der Jahre auch andere Gemeinden mehr aus ihrem Christkind gemacht haben. Bei unserem Lese-Coach für die Grund- und Mittelschule waren wir ebenfalls in der Vorreiterrolle. Ich denke auch an das gesunde Obst für das Schulfrühstück in den Grundschulen. Da reagierte die Politik zu langsam. Ich suchte Sponsoren, und wir verteilten das Obst. So kamen unsere Kinder zwei Jahre bevor es öffentliche Mittel dafür gab, zu einem gesunden Frühstück.

Trotzdem hat man den Eindruck, dass die FU in der CSU oft als die Organisation betrachtet wird, die für Kuchen und Kaffee bei Parteiveranstaltungen sorgt.

Andrea Barz: Wir können für Kuchen und Kaffee sorgen, aber wir haben mit vielfältigen Aktionen bewiesen, dass wir mehr in die Politik einbringen. Das hat sich inzwischen herumgesprochen, auch dank der Landesvorsitzenden Angelika Niebler.

Späte Genugtuung muss für Sie die Rückkehr zum G 9 sein. Sie haben sich damals mit anderen Eltern vehement gegen das G 8 ausgesprochen.

Andrea Barz: Als Genugtuung würde ich das nicht bezeichnen, denn mir tun die Schüler leid, die unter diesem Experiment leiden mussten. Aber die Rückkehr ist eine Bestätigung, dass man für seine Überzeugung kämpfen muss. Die Eltern erscheinen mir da oft als viel zu brav, weil sie immer Angst haben, es wird an ihren Kindern ausgelassen. Wer weiß, ob das G 8 gekommen wäre, wenn damals mehr Eltern protestiert hätten.

Schul- und Bildungspolitik war schon immer ein großes Anliegen der FU im Kreis. Auch um passende Rahmenbedingungen haben Sie sich gekümmert. So sind Sie wohl auch zu dem Spitznamen Mac Barz gekommen?

Andrea Barz: Das war nicht mein Spitzname, sondern der Cafeteria am Gymnasium Langenzenn, die ich mit Ein-Euro-Kräften und Ehrenamtlichen gemeinsam zweieinhalb Jahre betrieben habe, bevor die Mensa fertig war. Aber wir haben zur Bildungspolitik mit großer Resonanz auch diverse Veranstaltungen gemacht, um Eltern über unser nicht immer ganz einfach zu verstehendes Bildungssystem zu informieren.

Inzwischen versorgen Sie Senioren mit frischem Obst oder laden die Menschen aus den Heimen zu einer Fahrt mit dem Bürgerbus ein, damit sie die Neuerungen in Langenzenn sehen. Langweilig wird Ihnen bestimmt nicht?

Andrea Barz: Nein, da hab ich bestimmt keine Angst. Das Leben ist so schön, aber viel kurz, um all die Dinge zu tun, die mir so auf Anhieb einfallen. Ein kleines Beispiel hierfür ist das morgendliche Skypen mit meinem zweijährigen Enkel, der mit seinen Eltern in Zürich lebt und den ich nun öfter besuchen kann. Besonders freue ich mich auf mehr Zeit mit meinem Mann und gemeinsame Unternehmungen. Dies ist alles in den vergangenen 20 Jahren zu kurz gekommen.

Keine Kommentare