Wohnraum: Der Platz in Fürth wird knapp

14.6.2017, 06:00 Uhr
Wohnraum: Der Platz in Fürth wird knapp

© Wolfgang Händel

Die Ankündigung war vollmundig, das Vorhaben ehrgeizig: Ende 2015 ließ das Rathaus wissen, man werde nun das Stadtgebiet durchkämmen – auf der Suche nach Grundstücken, die sich für Wohnbebauung eignen. Grund: Der Zuzug nach Fürth hatte ein Ausmaß erreicht, das bei den Verantwortlichen gehöriges Bauchgrimmen auslöste. 2700 Menschen waren 2014 gekommen, 2015 wurden nur 100 weniger gezählt. Mengen, die den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt in der Kleeblattstadt bei weitem überforderten.

Hinzu kam: Weil viele Armutszuwanderer aus Osteuropa und immer mehr Flüchtlinge unter den Zuzüglern waren, musste noch dringender als bisher insbesondere günstiger Wohnraum her. Sich unter diesen Vorzeichen den Flächennutzungsplan noch einmal vorzunehmen, in dem verbindlich festgelegt wird, welche Areale in der Stadt welchem Zweck dienen, das schien logisch. Ein Potenzial von 150 000 Quadratmetern sahen Optimisten, bis zu 5000 neue Wohnungen fassten sie ins Auge; Landwirte müssten lediglich bereit sein, einige ihrer Flächen abzugeben und in Bauland umwandeln zu lassen.

Waren sie aber nicht, die damit verbundenen Erwartungen wurden bitter enttäuscht. Lediglich zwei Flächen sprangen bei den Bemühungen heraus: eine am Burgfarrnbacher Magnolienweg, wo in den nächsten Jahren 50 bis 80 Einfamilienhäuser entstehen sollen, eine zweite am anderen Ende der Stadt, weit im Südosten.

Hier, an der Hans-Bornkessel-Straße, in der Nähe von Wolf Butterback und dem ASV Fürth, wollte die Stadt 4000 Quadratmeter aus ihrem eigenen Besitz umwidmen. Raum sollte sozialer Wohnungsbau bekommen, 80 bis 100 der so dringend benötigten Apartments mit günstiger Miete sah das Konzept vor, dazu einen Spielplatz und einen Kindergarten.

Doch selbst dieser Minimalerfolg war wohl nur von kurzer Dauer, denn in die Quere kommt den Plänen nun Wolf Butterback. Der florierende Hersteller von Tiefkühl-Teiglingen erweitert seit Herbst 2016 seinen Standort für stolze 50 Millionen Euro und wies die Kommune jüngst darauf hin: Von den neuen Produktions- und Lagerstätten werden Lärmemissionen ausgehen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Konflikten mit Anwohnern führen – und im schlimmsten Fall zu Klagen gegen das Unternehmen.

Ein Gutachter prüft derzeit, ob man durch entsprechende Lärmschutzmaßnahmen doch noch zum erwünschten Ergebnis kommen könnte, allzu viel Hoffnung aber hat man im Rathaus nicht. "Wir können nicht zulassen, dass Wolf Butterback gefährdet wird", stellt Oberbürgermeister Thomas Jung klar – mit derzeit rund 500 und bald 700 Beschäftigten einer der fünf größten Arbeitgeber, zudem bedeutender Gewerbesteuerzahler in Fürth.

Ein Flop?

Die Wohnraumoffensive – ein Flop? Jung will das so nicht werten, immerhin könne man das Areal an der Hans-Bornkessel-Straße alternativ für Gewerbe nutzen, auch dafür gebe es großen Bedarf. Sicher sei das "ein Rückschlag", doch erschwingliche Wohnungen entstünden in den nächsten Jahren trotzdem; rund 600, wie der OB ankündigt, viele davon auf dem ehemaligen Norma-Gelände an der Würzburger Straße.

Doch er räumt auch ein: Der erhoffte große Wurf ist nicht geglückt, bedeutende frei werdende Flächen, etwa durch umziehende Unternehmen, seien nicht in Sicht. Es bleiben demnach nur noch kleinere Baulücken im Stadtgebiet, die man füllen kann, oder kreative Erweiterungen, wie sie die städtische WBG derzeit wieder vorexerziert. Häuser der Genossenschaft auf der Hardhöhe werden kurzerhand um eine Etage aufgestockt – auch das natürlich nur ein sehr begrenzt anwendbares Rezept.

"Ein Riesenpotenzial" für Wohnungsbau böten Kleingartenanlagen, sagt Jung. Andere Städte wie Hannover, Hamburg und Berlin, hätten sich bereits aus diesem Reservoir bedient. Doch der Rathauschef lässt keine Zweifel, dass Fürths grüne Oasen für ihn tabu sind; er halte deren Nutzung "für den ganz falschen Weg". Und die hochsensiblen Bereiche von Stadtwald und Talauen sowie das Kerngebiet des Knoblauchslands, das hat er mehrfach betont, bleiben ohnehin unantastbar. Komme, was wolle.

Was die Lage immerhin ein wenig entspannt: Die Hochzeiten des Zuzugs sind vorerst vorüber, nur noch 1700 Menschen wurden 2016 registriert, dieses Jahr, so Jung, zeichne sich erneut ein Rückgang ab. Wenn kein Wohnraum zur Verfügung steht, sind weiter sinkende Zahlen die zwangsläufige Folge – und es wird Realität, was der OB seit einiger Zeit immer wieder als Parole ausgibt: Die Grenzen des Wachstums, sie sind für Fürth erreicht.

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