Zirndorf: Bitte alle einsteigen!

24.5.2018, 13:00 Uhr
Zirndorf: Bitte alle einsteigen!

© Fotos: res

Eine grüne Lok, ein blauer und ein gelber Waggon. Keine Schienen, kein ausgefeilter Antrieb. Der kurze Zug ist ein sogenannter Bodenläufer, das heißt, er wurde einst von (Kinder-)Hand in Bewegung gesetzt. In der Schau unter dem Dach des Zirndorfer Museums ist das augenscheinlich stets zartfühlend behandelte Stück das älteste, das in den Vitrinen ausgestellt wird. Um 1920 herum wurde die kleine Eisenbahn in der Firma Adolf Schuhmann in Nürnberg gefertigt.

Zirndorf: Bitte alle einsteigen!

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Ausgewählte Exponate eines Privatsammlers wecken jetzt Erinnerungen an die Zeit, als die Region eines der bedeutendsten Zentren der Blechspielzeugindustrie war. Für den herausragenden Ruf sorgten Unternehmen wie Wimmer, Bub, Keim & Co, Distler, Dressler, Grötsch und Fuchs. Sie stellten her, was in den Kinderzimmern begeistert bespielt wurde und dazu gehörte – neben den Zügen – auch das passende Zubehör: Tunnel, Stellwerkhäuschen, Signale.

In der bedacht von Christine Gottschalk und Edith Habenstein zusammengestellten Ausstellung liegt ein Schwerpunkt auf den Exponaten der Firma Adolf Schuhmann und Ottmar Beckh. Dazu gehören Informationen über die Geschichte der Unternehmen.

Der Fürther Adolf Schuhmann (1877 – 1939) hatte 1905 im nahen Gostenhof mit der Fabrikation von Blechschienen begonnen. Sein Betrieb wuchs, das Sortiment wurde auf Eisenbahnen und Zubehör erweitert. Mitte der 30er Jahre lag der Exportanteil bei 65 Prozent. 1938 zwangen die NS-Machthaber Adolf Schuhmann und Mitinhaber Alfred Gottlieb als jüdische Eigentümer zum Verkauf. Der Nürnberger Kaufmann Ottmar Beckh (1906 – 1997) wird neuer Besitzer des Betriebs.

Zunächst geht es mit dem Sortiment weiter, das Schuhmann und Gottlieb noch geplant hatten. Ein Militärzug, zum Beispiel. 1939 kam die Eisenbahn mit Tarnfleckmuster pünktlich für das Weihnachtsgeschäft auf den Markt. Die Waggons sind mit Panzer und Geschützen beladen. Von dem perfekt erhaltenen Modell, das in einer Vitrine zu sehen ist, gibt es sogar noch den Original-Karton – heiter bedruckt mit strahlenden Kindern, die den Kampfzug begeistert winkend begrüßen.

Wie eng die Verbindung zwischen Geschichte und Kinderzimmer ist, wird auch an anderer Stelle klar, wenn wieder einmal überdeutlich wird, dass Spielzeug stets auch von Politik und Gesellschaft erzählt. Nicht zu vergessen freilich, der wirtschaftliche Aspekt, der die gezeigten Blechschätze besonders macht.

Die Produkte aus Zirndorf, Fürth oder Nürnberg waren von überzeugender Qualität, liebevoll im Lithografie-Verfahren bedruckt. "Vor dem Ersten Weltkrieg produzierten die heimischen Firmen rund ein Drittel des gesamtdeutschen Exports an Spielwaren", sagt Christine Gottschalk.

Bei den vorgestellten Spielzeugeisenbahnen durfte die Fantasie mitfahren. Anders als Modellbahnen waren sie nicht auf maßstabsgetreue Nachbildung aus. Uhrwerke, Schwungräder oder Spiralen trieben sie zunächst an. Mühelos lassen stromlinienförmige Loks, witzige Details und vielseitiges Zubehör das Gefühl für den Spaß aufkommen, den ihre jungen Besitzer damit einst hatten.

Welche Faszination von diesem großen Thema bis heute ausgeht, wird schon im Treppenhaus des Museums überzeugend demonstriert. Dort rollen die im Dezember 1987 gegründeten Zirndorfer Eisenbahnfreunde ihre Vereinsgeschichte auf. Neben Originalteilen kann zum Beispiel bewundert werden, wie der Zirndorfer Bahnhof um das Jahr 1891 herum aussah.

Dieter Beck und Ludwig Froschauer bauten und gestalteten die Anlage. Geschichte sind mittlerweile aber auch die Reminiszenzen an die Bibertbahn. Bekanntlich scheiterten alle Bemühungen, die Strecke wiederzubeleben, womit die Bibertbärbel sich einreiht in die Modelle der Ausstellung, die aus einer Zeit stammen, als es ein Kompliment war, "pünktlich wie die Eisenbahn" zu sein. . .

"Nächster Halt – Museum Zirndorf": Spitalstraße 2, Zirndorf. Ausstellung geöffnet Di – Do 11 bis 16 Uhr www.museum.zirndorf.de

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