Zirndorf: Jesus in aller Kürze

12.11.2017, 14:00 Uhr
Zirndorf: Jesus in aller Kürze

© Foto: Petra Fiedler

Thomas Rucker steht am Grab der Familie Zimmermann. "Ein Denkmal präsentiert sich uns", sagt er und verweist auf den mächtigen Grabstein. Wie wirkt die Grabanlage? Darauf hat der Theologe eine fast schon sozialkritische Antwort: "Der Kommerzienrat Zimmermann hat noch in seiner letzten Stunde für einen gebührenden Auftritt gesorgt."

Tatsächlich ist auch heute noch die Bibertstadt mit dem Wirken Zimmermanns verbunden: Ein Park, angelegt auf seinem Gartengrundstück, ist nach ihm benannt, ebenfalls eine Straße in prominenter Lage am Stadtwald.

Doch als Pfarrer vermisst Rucker auf dem Zimmermann‘schen Grabstein etwas Essentielles: "Kein Grabspruch erinnert daran, was den evangelischen Christen ausmacht." Zimmermann demonstriere noch mit seiner letzten Ruhestätte den Anspruch darauf, dass Zirndorf seine Stadt, sein Herrschaftsgebiet sei. "Die Hinwendung zu Gott, der Glaube an den Fortbestand der menschlichen Seele im Jenseits findet nicht statt." Pfarrer Rucker hat dieses Phänomen an einigen Grabstätten einst gut betuchter und bedeutender Zirndorfer Bürger beobachtet und kommentiert es so: "Ihr Erfolg im Diesseits hat die Großkopferten das Jenseits vergessen lassen."

Für ihn als Theologen sind Grabsprüche wie: "Jesus lebt", "Ich bin die Auferstehung und das Leben", "Christus ist mein Leben – Sterben ist mein Gewinn" — untrennbar mit christlichen Werten verbunden. Er könne deshalb auch nichts mit den in Mode gekommenen Engelsfiguren und Herzsteinchen anfangen.

Aussagen wie "In liebendem Gedenken" oder "Wir werden Dich nie vergessen" klingen in den Ohren des Seelsorgers so, als würde nach dem Tod nichts mehr kommen. "Wir bestatten doch unsere Toten auf einem evangelischen Friedhof, weil uns die christliche Auferstehungshoffnung im Leben und im Sterben trägt", macht Rucker deutlich. Tatsächlich bezeichnen evangelische Christen den letzten Novembersonntag auch als Ewigkeitssonntag.

Bitte keine Musik

Markus Kaiser ist geschäftsführender Pfarrer von Sankt Rochus und als solcher auch Vorsitzender des Friedhofsausschusses. "Wir haben diesen Tag der offenen Tür mit seinem historischen Rundgang eigens als Begegnungsmöglichkeit anberaumt", sagt er. Wer mit Pfarrer Kaiser über das Sterben und die Beerdigungen im 21. Jahrhundert spricht, erfährt Dinge, die nachdenklich stimmen. "Reden Sie nicht zu lange und nicht so viel über Jesus", fordern ihn Angehörige auf, wenn sie über die Gestaltung der Trauerfeier sprechen. Der Wunsch, dass alles möglichst schnell und ohne Hingabe vonstatten gehen soll, sei gar nicht so selten. Da sei das gemeinsame Singen unerwünscht, manchmal werde sogar der Wunsch geäußert, die Beerdigung ganz ohne Musik zu gestalten.

"Wir bekommen eine ganz andere Bestattungskultur", beschreibt Markus Kaiser seine Beobachtungen. Wenn früher die Familiengräber über Jahrzehnte gepflegt wurden, stehe heute der Wunsch von möglichst wenig Arbeit an vorderster Stelle. "Wir werden auf unserem Friedhof auch Urnenbeisetzungen unter Bäumen zulassen", kündigt er an, weil die Nachfrage nach Erdgräbern einfach rückläufig ist. Der Anonymität aber erteilen die evangelischen Christen auf ihrem Friedhof eine klare Absage. Wenigstens eine kleine Namenstafel soll daran erinnern, wer hier seine letzte Ruhe gefunden hat. Solche Details sind für die Gemeinde nicht verhandelbar.

Wären die alten Gräber der Anonymität anheimgefallen, hätte Pfarrer Rucker nicht so manche Anekdote aus der Bibertstadt zum Besten geben können. Anekdoten und Begebenheiten, die die Geschichtswerkstatt Zirndorf während jahrelanger Nachforschung zusammengetragen hat.

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