Zirndorfs geballter Zweifel an der U3-Verlängerung

11.7.2009, 00:00 Uhr
Zirndorfs geballter Zweifel an der U3-Verlängerung

© Hans-Joachim Winckler

Bis vor die Saaltür stehen die Zirndorfer. Ein Flyer von U-Bahn-Gegnern ist bei 500 Gästen schnell vergriffen. Auf dem Podium sitzen zwei Verantwortliche der Vorplanungen: VGN-Geschäftsführer Willi Weißkopf und der Gutachter Utz Senger vom Münchner Büro intraplan stehen Rede und Antwort. Bevor es dazu kommt, liefern die beiden allerdings über eine Stunde lang zahlenlastige Informationen, deren Fachjargon selbst die überfordert, die sich bereits intensiver mit der U-Bahn-Materie auseinandergesetzt haben.

Dass die per PowerPoint an die Wand geworfenen Tabellen und Grafiken zu Verkehrsentwicklung, Fahrgastzahlen oder Parametern der standardisierten Bewertung für die Masse kaum zu entziffern sind, quittiert das Auditorium mehrfach mit Gelächter. Die letzte Folie - eine unleserliche Anreihung von Zahlenkolonnen - erntet Pfiffe.

Skepsis überwiegt

Die Stimmung ist angespannt. Keiner, der an eines der im Saal platzierten Mikrofone tritt, der die Gelegenheit nicht nutzen würde, in seine Fragestellung die eigene Meinung zu packen. In der Masse sind die Statements getragen von der Skepsis gegenüber öffentlichen Bauprojekten, die nur zu oft weit über den kalkulierten Kosten lägen, vom Ärger über die an die U3 geknüpfte Besiedlung des Altfelds oder vom Zweifel, dass Zirndorf die Folgekosten schultern kann.

Als Negativbeispiel hält wiederholt die U1 in Fürth her. Sie habe das ÖPNV-Defizit der Stadt zwischen 2003 und 2008 von 6,5 auf 10,7 Millionen Euro hochgetrieben, sagt ein Kritiker. Zahlen, die Manfred Zischler, technischer Leiter der infra Fürth Verkehr, auf FN-Anfrage mit 7,8 (2003) und zehn Millionen Euro (2007) für Bus- und U-Bahn-Verkehr beziffert. Ihm zufolge kostet die infra ein Kilometer der fünf Kilometer langen U-Bahn-Strecke auf Fürther Stadtgebiet derzeit knapp eine Million Euro pro Jahr. Die zwei U3-Äste in den Landkreis hätten eine Gesamtlänge von etwa vier Kilometern. Unterhalt und Betrieb müssten Zirndorf, Oberasbach und der Landkreis Fürth finanzieren. Das Gutachten setzt für den Defizitausgleich 1,3 bis 1,5 Millionen Euro jährlich an.

Andere Zahlen

Gelächter erntet Sengers Äußerung, dass am Halt Altfeld 2500 der etwa 10000 prognostizierten Fahrten am Tag zu zählen wären. Nur müsste das Altfeld bis zum anvisierten Start der U3-Verlängerung 2018 besiedelt sein, damit sich die U-Bahn rentiert. Woher Zirndorf diese Neubürger nehmen wolle, will ein Besucher wissen - gehe das statistische Landesamt Bayerns doch nur von einem Zuwachs bis 2026 von 2000 Menschen im kompletten Landkreis Fürth aus. Zirndorf sei Zuzugsgebiet, «uns sind andere Zahlen genannt«, so Zwingel darauf.

Nach dem Konzept gefragt, wie er diesen Zuzug sicherstellen will, muss Zwingel passen: «Das kann ich noch nicht sagen, wir haben noch keinen Bebauungsplan.« Worauf der Fragesteller festhält, «ich habe noch nie einen Wirtschaftsführer erlebt, der aufgrund einer derart unsicheren Faktenlagen eine solche Entscheidung trifft.« Eine junge Frau wird etwas später daran anknüpfen, als sie die ökologischen Folgen für das «letzte Stück Grün in der Stadt« anspricht. Und ebenfalls auf den fehlenden Bebauungsplan verwiesen wird, in dessen Zug diese Frage zu klären sei. «Das heißt ja, ich plane zuerst die U-Bahn, dann stelle ich fest, welchen Schaden sie anrichtet«, kontert sie.

Unzählige weitere Details kommen zur Sprache, bis sich nach drei Stunden die Reihen lichten, eine halbe Stunde später leert sich der Saal zusehends. Kurz zuvor holt ein Bürger mit dem Vorschlag für einen zweiten Bürgerentscheid - wenn alle nötigen Fakten, speziell darüber, wie der Bebauungsplan fürs Altfeld aussehen könnte und welche Auswirkungen die Besiedelung auf Zirndorf hätte - ein indirektes Zugeständnis heraus: «Dem hab ich nichts hinzuzufügen«, meinte der Bürgermeister.