Zu Besuch bei den Helfern des Osterhasen

5.4.2015, 10:00 Uhr
Zu Besuch bei den Helfern des Osterhasen

© Sabine Rempe

Thomas Ziegler klopft einmal kurz an die Tür zum Stall. „Das mache ich immer, die Damen sollen sich ja nicht erschrecken.“ Tun sie auch nicht. Ein aufmerksames Beäugen der Eintretenden, dann fahren sie fort sie mit dem, was Huhn so tut. Fressen, scharren, Eier legen, schlafen. In drei separaten Abteilungen sind im Hühnerstall auf dem Hardhof, den Thomas und Kathrin Ziegler gemeinsam bewirtschaften, insgesamt circa 700 Hennen in Bodenhaltung untergebracht.

Es ist Mittagszeit. Die meisten von ihnen haben ihren Job für heute erledigt. „80 Prozent der Eier werden bis 12 Uhr gelegt“, erklärt Ziegler. Für diese Tätigkeit ziehen sich die Hennen gerne zurück. An der jeweiligen Rückseite der drei Stallabteile, hinter den Sitzstangen, auf denen die Tiere nachts schlafen, sorgen Vorhang ähnliche Abdeckungen für Schutzgefühle und behagliches Dämmerlicht.

Für die Eier geht es weiter – behutsam versteht sich. In einem Nebenraum des Stalls steht die Eiersortiermaschine: „Die habe ich von meiner Patin bekommen“, freut sich Kathrin Ziegler. Das Gerät ist Baujahr 1956, funktioniert aber tadellos: Thomas Ziegler legt Stück für Stück auf ein kleines Förderband. Die Eier werden von der Maschine gewogen, mit Moosgummistempeln sanft gekennzeichnet, dann rollen sie vorsichtig zu Kathrin Ziegler, die sie in die Steigen und Kartons nach Größe sortiert verpackt. Anschließend kommt ein Aufkleber mit den nötigen Informationen auf die Verpackung. Jeder Arbeitsschritt auf dem Hof wird dokumentiert und kontrolliert. Ein beachtlicher Aufwand, den Thomas Ziegler lobt, weil das für den Verbraucher Sicherheit bedeutet: „So weiß jeder, woher die Ware stammt.

Zu Besuch bei den Helfern des Osterhasen

© Fotos: Rempe

Das Wissen, womit man es genau zu tun hat, zählt für den 49-Jährigen. Deshalb bekommen die Hühner zum Beispiel auch „Weizen und Mais vom eigenen Acker“. Eine mobile Schrotmühle fährt regelmäßig vor und zerkleinert das Getreide. Zum Hühnerleben gehört auf dem Hardhof auch der Auslauf. „Bei schönem Wetter können sie raus.“ Wenn die Hennen unter den Kirschbäumen picken, kommt die Stunde von Lothar, dem Hahn. Er passt auf, ob sich Greifvögel nähern. „Dann gibt er Warntöne von sich.“ Ein Signal, auf das die Hennen Schutz unter den dichten Hecken suchen, wo sie Mulden gescharrt haben.

Kathrin und Thomas Ziegler vermarkten ihre Produkte im reichhaltig bestückten Bauernladen auf ihrem Hof. Dazu gehören unter anderem etwa 1000 Masthähnchen im Jahr, die sie aufziehen. „Man müsste mindestens 3000 Hennen haben“, rechnet der Landwirt vor, „um als Familie von dem Eier-Verkauf leben zu können.“ Doch das ist eine Größenordnung, die ihm nicht zusagt. Für ihn zählt etwas anderes: „Massentierhaltung fängt bei mir da an, wenn ich nicht mehr jeden Tag zwei Mal durch den Stall gehen kann, um zu schauen, ob es allen Tieren gut geht.“

Max Engewald war sechs Jahre alt, als er beschloss: „Ich will Hühner halten und Landwirt werden.“ Mit zehn bekam er Wachteln, dann schenkte ihm eine Nachbarin drei Hühnereier, die er unter einen Brutapparat legte: „Daraus wurden meine beiden ersten Hühner.“ Heute ist der 29-jährige Landwirtschaftstechniker verantwortlich für rund 450 Hennen in zwei mobilen Ställen, die beim Kleinlein-Hof in Oberasbach zu finden sind.

Jede Woche eine neue Wiese

„Kleinleins haben mir das Melken beigebracht, als ich elf war“, erzählt Engewald. „Anschließend habe ich alle Familienurlaube abgesagt und in den Ferien auf dem Hof mitgemacht.“ Der junge Mann wundert sich: „Seit 1625 gab es in meiner Familie keine Bauern, alle waren Lehrer, Ärzte oder Arbeiter.“ Weder das noch Warnungen wie „Werd‘ bloß nicht Landwirt, da verdienst du nichts und musst ständig arbeiten“ schreckten ihn.

Heute arbeitet er als Betriebshelfer und springt im Krankheitsfall auf Höfen ein. Die Hennen sind „mein Hobby und mein Taschengeld“, leben kann er von dem Verdienst nicht. Vom Hühnerstall auf Rädern hat er lange geträumt: „Die werden in einer kleinen Manufaktur in Deutschland gebaut, das ist keine Serienproduktion.“ So etwas hat seinen Preis. Aber das Hühnermobil ist genau das, was Max vorschwebte: „Die Tiere bekommen im Sommer jede Woche eine neue Wiese, weil der Stall einfach versetzt werden kann.“ Auf die Hennen wartet stets eine frische Weide und die Umwelt profitiert: „Der Boden wird nicht überdüngt, die Grasnarbe erholt sich rasch.“ Die Tiere können sich entscheiden, ob sie ins Freie gehen, im unteren Bereich des Wagens geschützter scharren oder ob sie über sie über Leitern in den Schlafbereich steigen. Dort können sie ihre Eier in – wie Engewald sie nennt – „Dinkelspelzengruppenkuschelnester“ legen.

Was den Hühnern behagt, bedeutet mehr Arbeit und Aufwand. Das nimmt der junge Mann gerne auf sich. Bevor er die Eier zum Direktverkauf in den öffentlich zugänglichen Automaten auf dem Hof bei Familie Kleinlein stellt, muss er erst einmal auf die Suche in den Nestern gehen. Max Engewald lacht: „So habe ich eben jeden Tag Ostern.“

Keine Kommentare