Arberger Fußballer: "Und ich soll Krebs haben?"

4.1.2019, 14:50 Uhr
Arberger Fußballer:

© Foto: Mathias Hochreuther

Los ging es damit, dass ich mich schlapp fühlte. Das war damals im Herbst 2017 schon ein paar Wochen lang so. Mir fehlte die Luft beim Fußball, und nachts hatte ich schlimme Schweißausbrüche. Beim Auswärtsspiel in Elpersdorf im September musste ich nach einer halben Stunde vom Platz. Mir ging es total schlecht. Der Hausarzt schickte mich ins Krankenhaus.

Dort wurde festgestellt, dass sich einer meiner Lungenflügel fast komplett mit Flüssigkeit gefüllt hatte. Außerdem waren die Lymphknoten zum Teil angeschwollen. Plötzlich war da die Rede von Lymphknotenkrebs. Ich dachte, das kann doch gar nicht sein. Ich bin jung, sportlich, habe nie geraucht und trinke kaum Alkohol. Und ich soll Krebs haben?

Aus dem Verdacht wurde ein paar Tage und einige weitere Untersuchungen später Gewissheit. Am Bild meines Oberkörpers aus der Computertomographie erklärte mir der Arzt genau, welche Stellen befallen waren. Obwohl ich mich schon ein paar Tage mit dem Gedanken befasst und – leider – dazu auch einiges im Internet gelesen hatte, war die endgültige Diagnose ein Schock. Für mich, meine Familie, meine Freundin und meine Freunde. Große Sorge galt auch meinem Zwillingsbruder Felix. Doch nach allem, was ich von den Ärzten erfahren habe, ist sein Risiko, ebenfalls zu erkranken, nicht erhöht. Das war ein kleiner Trost. Alles, was ich vorher im Internet gelesen hatte, hat mir eher Angst gemacht, als dass es geholfen hätte.

90 Prozent Heilungschance

Hodgkin-Lymphom, so der Fachbegriff, ist eine Krebserkrankung mit sehr guter Prognose und betrifft meist Menschen zwischen 20 und 30. Mir wurde gesagt, dass die Heilungschancen bei 80, 90 Prozent liegen und ich als junger Sportler körperlich ideale Voraussetzungen mitbringe, um schnell wieder gesund zu werden.

Arberger Fußballer:

© Foto: Alexander Keck

Die Therapie war klar: erst Chemo, dann Bestrahlung. Ende Oktober begann die Chemotherapie in mehreren Zyklen. Manchmal dauerte es fünf oder sechs Stunden, bis der Inhalt des Beutels in meine Blutbahn gelaufen war, manchmal auch nur eine. Ich war mit Abstand der jüngste Patient in der onkologischen Praxis. Dort saßen meist 15, 20 Leute gleichzeitig. Die anderen, meist weit jenseits der 60, meinten: Was willst denn du da?

Die Chemo habe ich ganz gut vertragen, wobei ich darauf geachtet habe, mich gut zu ernähren und viel zu trinken. Damit das ganze Gift auch wieder rauslaufen kann. Mir war vorher klar, dass ich die Haare verlieren würde. Aber da das so lange dauerte, dachte ich schon, ich komme darum herum. Aber eines Tages ging es los. Beim Duschen hatte ich plötzlich ein ganzes Büschel Kopfhaar in der Hand. Und dann ging es schnell. Ich habe tatsächlich die komplette Körperbehaarung verloren. Unglaublich, wie das ein Gesicht verändert.

Um mit meinem Anblick niemanden zu erschrecken, habe ich dann immer Mützen getragen. Weil Winter war, ging das relativ unauffällig. Die Chemo dauerte mit mehreren Pausen bis Ende Januar. In dieser Zeit habe ich mich von anderen Leuten etwas ferngehalten, um mir mit meinen geschwächten Abwehrkräften keine Krankheit einzufangen.

Weil ich viel Zeit hatte, habe ich angefangen, in der Werkstatt bei uns zu Hause mit Holz zu arbeiten. Ich habe Dekosachen gebastelt, aus einem Brett Weihnachtsmotive gesägt und LED-Leuchten eingesetzt zum Beispiel. Ich dachte mir, alles ist besser, als nur rumzuliegen. Später bin ich noch während der Bestrahlung schon wieder leicht Joggen gegangen. Ich war in dieser Zeit auch Skifahren, soweit es die Kraft zuließ, und habe ein bisschen in der Halle mit Kumpels gekickt.

Die Bestrahlung war der wesentlich unangenehmere Teil der Behandlung. Man trägt eine Maske und wird auf einer Liege festgeschnallt, damit die Strahlen möglichst wenig gesunde Zellen treffen. Die Enge war der Horror für mich. Manchmal mussten wir die Behandlung, die nur ein paar Minuten dauert, abbrechen. Schmerzen hatte ich nicht, manchmal war die Haut halt etwas gerötet.

"Ich war erleichtert"

Schon lange vor dem letzten Termin im März hatten die Untersuchungen gezeigt, dass die Behandlung bei mir wie erwartet gut anschlägt. Dennoch war ich erleichtert, als mich der Arzt im Abschlussgespräch als geheilt entließ. Ich gehe zwar zu Nachuntersuchungen, aber große Sorgen will ich mir nicht machen.

Am meisten Unterstützung habe ich von meiner Familie und meiner Freundin erfahren, da wurde schon sehr viel nach mir ausgerichtet. Wenn ich nur an die vielen Fahrten nach Ansbach denke.

Sehr geholfen haben mir der Zuspruch und die Besuche von Freunden, Arbeitskollegen und den Leuten vom SVA. Da gab es viele, die jederzeit für mich da waren. Besuche und Karten gab es auch von Fortuna Neuses und dem TSV Bechhofen. Außerdem viele Nachrichten auf dem Handy. Der befreundete FC Dombühl hat beim Gastspiel der Arberger sogar ein Plakat mit guten Wünschen für mich aufgehängt. Das hat mich echt berührt.

Sobald es ging, bin ich wieder ins Training eingestiegen. Mein Comeback auf dem Platz habe ich im Pokalfinale im Mai gegeben. Ein sehr erfolgreiches Comeback. Ich wurde eingewechselt, war an einem Tor beteiligt und habe im Elfmeterschießen den ersten verwandelt. Man könnte sagen, dass ich anschließend nicht nur den Sieg im Spiel, sondern auch den Sieg über die Krankheit gefeiert habe.

Meine dunkelsten Tage sind nun ziemlich genau ein Jahr her. Manchmal denke ich noch daran, wie es mir damals ging. Ob ich mich durch die Krankheit verändert habe?

Ich weiß jedenfalls die Gesundheit nun viel mehr zu schätzen. Das ganze Leben und alles, was damit zusammenhängt, gewinnt nach so einer Erfahrung neuen Wert. Ich glaube außerdem, dass ich gelassener geworden bin und manche Sachen, über die ich mich früher vielleicht geärgert hätte, nicht mehr so ernst nehme. Ich denke mir dann, da gibt es wirklich Schlimmeres.

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