Bauern-Mobbing als florierendes Geschäftsmodell

11.1.2018, 18:05 Uhr
Bauern-Mobbing als florierendes Geschäftsmodell

© Foto: Jürgen Leykamm

Faktoren, die den Druck auf die Bauern erhöhen, gibt es viele. Die größte "treibende Kraft" nahm sich Steiner gleich zu Beginn vor. Der Umstand, dass immer weniger Bürger die Landwirtschaft aus dem direkten Kontakt mit Bauern kennen, öffnet laut Steiner Meinungsmachern Tür und Tor. So gibt es etwa in Österreich bereits die "Naturparkmilch" — noch besser als öko, bio, regional. "Wo soll das hinführen?", fragte sich da Steiner. Bald werbe man vielleicht mit bei Vollmond vom hübschen Senner gemolkener Milch, da die Zielgruppe ja die weiblichen Einkäuferinnen seien. Süffisante Randnotiz: Für den Erhalt des Siegels war auch eine Art "Willkommensgeld" für den Wolf im Gespräch.

Diese Marketingblüten "sind zugleich die Nägel, die sie antreiben," so Steiner. Mit sachlichen Argumenten könne die Landwirtschaft da leider wenig punkten. Denn die Macht des Geldes liege woanders. Steiner nannte als Beispiele Organisationen wie WWF und NABU, die zusammen über 100 Millionen Euro jährlich bundesweit einstreichen und mit dem Geld Stimmungsmache gegen die Bauern betreiben würden. Besonders aggressive Gruppierungen wie PET veröffentlichten ihre Einnahmen erst gar nicht. So werde ein gewaltiger öffentlicher Druck aufgebaut, "den Sie und Ihre Kinder spüren".

"Mit Bauern-Mobbing lässt sich eben sehr gutes Geld verdienen", ist Steiners Fazit. Solche Organisationen seien eigentlich Wirtschaftsbetriebe, die aber ironischer Weise als angeblich unparteiische Facheinrichtungen in Berlin mehr gehört würden als der Bayerische Bauernverband, der ja "nur Lobbyarbeit betreibt", so Steiner sarkastisch.

Vom Einzelhandel sei auch keine Hilfe zu erwarten. Er sei bei einem Preisgespräch mit einer Vierbuchstabenkette dabei gewesen: "Ein Kuhhandel ist da gar nichts dagegen!" Derweil stürze das Verhältnis zwischen Erzeugerpreisen auf der Haben- und Betriebsmitteln auf der Soll-Seite immer mehr zum Nachteil der Bauern ab. Zudem spiele ihnen die Globalisierung einen großen Streich: In Deutschland werde die Messlatte bei der Produktionsqualität nach oben gelegt, was den Bauern teuer zu stehen komme. Im Gegenzug erklängen Forderungen nach Erzeugung zu Weltmarktpreisen – in Konkurrenz mit Ländern, bei denen Tierwohl, guter Pflanzenschutz und Arbeitsrecht sehr nachrangig behandelt würden. "Diese Wirtschaft tötet", habe schon der Papst gesagt.

"Und Ihr seid die ersten, die das spüren", meinte Steiner. Auch der Pachtanteil und der Verschuldungsgrad der Landwirte steige, das Eigenkapital nehme ab. Burnout und Depressionen grassierten im Agrarwesen, die Familien stünden oft vor der Zerreißprobe. Als Ersteller von Scheidungsgutachten wisse er, dass es oft die Frauen seien, die mit den Kindern den Hof verlassen, wenn diese "aus dem Gröbsten heraus sind".

Die Auswege seien allesamt steinig. Eine Möglichkeit sei die Steigerung der betrieblichen Effizienz, auch wenn sie hohe Anstrengungen erfordere. Diversifizierung sei ebenso eine Option. Wenn alle Stricke reißen, helfe nur noch "rechtzeitig aufzuhören" und das tote Pferd nicht länger zu reiten, wie eine indianische Weisheit nahelege.

Sich vom Perfektionismus zu verabschieden und den "Betonmischer mal zwei Jahre ruhen lassen", heißt ein weiterer Rat von Steiner: "Es passiert nichts, wenn Sie mal langsamer im Rad laufen und dafür mehr Zeit für Ihre Familie haben." Nur wer anfange, anders zu denken, bekomme auch andere Resultate. "Sie haben die Wahl, ob Sie ein kleiner Herr oder ein großer Knecht sein wollen", so Steiners Resümee.

"Nie freie Bauern"

Resigniert klang es aus der Runde zurück: "Wir waren nie freie Bauern", immer hätten Kirche oder Staat die Zügel angelegt. Es bestehe die Gefahr, dass das Agrarwesen "in ein Bauern-Hartz-VI" abrutsche, gestand Steiner zu. Das könne aber auch politisch gewollt sein.

Wie das konkret aussehen kann, verdeutliche Hans Walter, Chef des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Weißenburg-Gunzenhausen und als solcher Geschäftsführer des VlF. Die Einnahmen flössen teilweise zu je einem Drittel in den Betrieb, zur Bank und zu den Arbeitskräften. Der "Rest" bleibe dem Landwirt.

Hans-Jürgen Auinger vom VlF-Vorstand stellte schließlich noch das Jahresprogramm vor. Neben dem Seminar "Vollzeitkräfte finden und binden" stehen wieder zahlreiche fachliche und gesellige Veranstaltungen im Kalender. So wird beispielsweise am Rosenmontag in Wachstein Fasching gefeiert. Ein Höhepunkt dürfte wieder der "Ball der Landwirtschaft" auf der MS Brombachsee werden.

Im vergangenen Jahr besuchten fast 2700 Teilnehmer die 19 angebotenen Veranstaltungen. Die Zahl der Mitglieder sank leicht auf derzeit 2076. Auch die Kasse schwächelt, 2017 gab es ein Minus von über 2000 Euro, die Rücklagen betragen aber immer noch rund 14 300 Euro.

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