"Demenzpfad" in Gunzenhausen aufgebaut

24.10.2014, 08:38 Uhr

© Gruber

Viele Interessierte nahmen die Gelegenheit wahr, sich auf einen „Inter­aktiven Demenzpfad“ zu begeben. An mehr als 20 Stationen wurde erleb- und nachvollziehbar demonstriert, wie verwirrend und beängstigend Demente ihre Umwelt wahrnehmen. Der Pfad führte die Teilnehmer bisweilen an die Grenzen ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit und gewährte verblüffende Einblicke in die Irrungen der eigenen Sinneswelt. Wie die Veranstalter deutlich machen, dient die Versuchsreihe nicht der Diagnostik, sondern ist für Menschen konzipiert, die Demenz besser verstehen möchten. Im Vordergrund steht immer das sprichwörtliche „Begreifen“.

Dazu werden verschiedene Handicaps und Krankheitsbilder simuliert. Mit dem gezielten Aufzeigen von Veränderungen in der Leistungsfähigkeit und der daraus resultierenden emotio­nalen Belastung wird den „Probanden“ ein durchaus realistisches Bild davon vermittelt, wie extrem verunsichert sich Demenzleidende im Alltag bewegen. Eben deshalb ist es so wichtig, auch im Kontext der Menschlichkeit, eine Stigmatisierung der Betroffenen unter allen Umständen zu vermeiden. Es ist zwar eine „Krankheit des Alters“, weil der biologische Prozess aber unaufhaltsam fortschreitet, kann früher oder später jeder von diesem Schicksal erfasst werden.

Demenz ist überall – Demenz ist anstrengend. Automatismen, Tätigkeiten  und relativ einfache Handlungen des täglichen Lebens sind für Betroffene häufig nur durch enorme Anstrengungen zu absolvieren. Deren Routine ist durchbrochen, simple Abläufe mutieren zu gewaltigen Herausforderungen.  Um diese so „praxisnah“ wie möglich darzustellen, und vor allem die entsprechenden Rückschlüsse daraus zu ziehen, ist der Demenzpfad ein hilf­reicher Wegweiser.

Referent Proske verschont seine Kandidaten keineswegs, provoziert sie mit kleinen Sticheleien: „Du sollst diesen Strich doch gerade zeichnen, Opa! Warum klappt das heute nicht?“. Auch in der eher entspannten und spielerischen Atmosphäre des Info-Nachmittags wird das Druckszenario deutlich.

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Worte, Begriffe und einzelne Buchstaben werden irrational durcheinandergewirbelt. Beim Bezahlen des soeben Gekauften an der Kasse des Supermarkts um die Ecke droht ein Fiasko. Selbst das Schmieren eines Butterbrots avanciert zu einem ungeahnten Akt der Verzweiflung. Der Therapeut, der über dieses Thema häufig referiert, weist seine Zuhörer darauf hin, dass bei Letzterem bis zu 70 einzelne Schritte nötig sind, die es zu koordinieren gilt. Für „normale Menschen“ kein Problem, Demenzkranke hingegen müssen sich bei dieser scheinbar lockeren Übung enorm ins Zeug legen. Wahrnehmungen verschwimmen, der Verstand scheint außer Kraft gesetzt zu sein. Die einzelnen Stationen des Pfades lassen zumindest erahnen, was in solchen Augenblicken der Machtlosigkeit in den Betroffenen vorgeht.
Doch das Bewusstsein der „Gesunden“ verändert sich nach und nach.

Zuwenden und helfen statt tabuisieren, lautet die Devise. Dies ist zweifellos auch die Intention derartiger Veranstaltungen. In ausführlichen Gesprächen schärften Proske und die ihm an diesem Nachmittag „assistierende“ stellvertretende Vorsitzende der Alzheimer-Gesellschaft Gunzenhausen und Umgebung, Martha Rothfuß, die Wahrnehmung der erwartungsvollen Besucher. Unter ihnen waren pflegende Angehörige, Klinikpersonal, Ärzte, Religionsbeauftragte und Hospizhelfer. Der Demenzpfad und die begleitenden Erläuterungen werden mitunter auch von Fachschulklassen in Anspruch genommen. So ließ sich eine Abordnung der Gunzenhäuser Krankenpflegeschule mit Leiter Richard Rimböck die Chance ebenfalls nicht entgehen.

Neben der Absicht, mehr Verständnis für die Situation Demenzkranker zu vermitteln, wollen die Veranstalter aber auch deren Integration und Inklusion in der Gesellschaft fördern. In einem Merkblatt sind wertvolle Ratschläge zum Umgang mit den Patienten aufgelistet. Sie enthalten darüber hinaus Empfehlungen, welche für die Kommunikation mit den Betroffenen absolut richtungsweisend sind. Insbesondere Geduld ist die Basis für ein gedeihliches und respektvolles Miteinander.

Tipps und Informationen zu diesem Thema gibt es bei der Alz-
heimer-Gesellschaft unter Telefon 09831/522099. Die Sprechzeiten im dritten Stock des Klinikums Altmühlfranken (Zimmer 3405) sind jeweils dienstags von 15 bis 17 Uhr. Jeden dritten Mittwoch im Monat finden von 15.30 bis 17 Uhr im Familienzentrum „Sonnenhof“ in der Lindleinswasenstraße in Gunzenhausen Angehörigentreffen statt.

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