"Ein bisschen gruselig": 30 Meter unter dem Brombachsee

2.8.2017, 08:31 Uhr
Die einen aalen sich am Ufer des fränkischen Brombachsees in der Sonne, die anderen arbeiten unten im Staudamm. Die Größe des Bauwerks wird erst in der Tiefe sichtbar.

© Roland Fengler Die einen aalen sich am Ufer des fränkischen Brombachsees in der Sonne, die anderen arbeiten unten im Staudamm. Die Größe des Bauwerks wird erst in der Tiefe sichtbar.

Wenn Alexander Bähr in die Tiefe steigt, muss er sich auch im Sommer eine Jacke anziehen. Sogar bei 30 Grad Außentemperatur ist es im Damm des großen Brombachsees in Mittelfranken frische zehn Grad kühl und an einigen Stellen ein wenig neblig. Anfangs habe er seinen ungewöhnlichen Arbeitsplatz auch ein wenig "gruselig" gefunden, erzählt der 50-jährige Maschinenbautechniker vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach.

Ganz alleine ist er meist in den Gängen rund 30 Meter unter dem See unterwegs. Das leise Plätschern des Sickerwassers habe sich aus der Ferne manchmal wie Stimmen angehört. Nach 17 Jahren sind die Kontrollgänge jedoch zur Routine geworden – und an heißen Tagen eine schöne Abkühlung.

Der Brombachsee bei Pleinfeld rund 40 Kilometer südlich von Nürnberg gehört zum fränkischen Seenland, das im Sommer 2000 eröffnet wurde. Mit Hilfe der fünf künstlich geschaffenen Stauseen wird Wasser aus dem regenreichen Donaugebiet in das niederschlagsarme Maingebiet geleitet. Denn in Nordbayern gibt es wesentlich weniger Niederschläge als im Süden.

Außerdem sollte der Brombachsee dazu dienen, verheerende Hochwasser an der Altmühl zu verhindern, wie Bähr sagt. Im neun Quadratkilometer großen Brombachsee – dem größten staatlichen Wasserspeicher Bayerns – wird Hochwasser aus der Altmühl gespeichert und bei Bedarf in das Regnitz-Main-Gebiet abgegeben.

Große Freizeitlandschaft

Darüber hinaus entstand eine große Freizeitlandschaft für Wassersportler, Radler und Sonnenanbeter. Während diese sich auf dem See oder an seinem Ufer vergnügen, muss Alexander Bähr nachschauen, ob in dem 1,7 Kilometer langen Damm auch alles seine Ordnung hat. Einmal die Woche macht er seinen eineinhalbstündigen Kontrollgang. Ein Fahrrad steht in einem der langen Gänge bereit.

Bähr liest dann unter anderem an den 40 Manometern den Druck ab, den das Wasser auf den Damm ausübt. Der bis zu 26 Meter breite Dammkern aus sandigem Ton und Lehm verhindert, dass Wasser aus dem See auf die andere Seite gelangt. Ob der Damm seine Aufgabe erfüllt, kontrolliert Bähr mit am sogenannten Filter aus grobkörnigem Sand. Dieser ist 3,75 Meter breit und gut durchlässig: Sickert Wasser durch den Damm, fließt es hier nach unten, wird aufgefangen und kann von Bähr mit Hilfe von Behälter und Stoppuhr gemessen werden. Nur 0,04 Liter Wasser laufe pro Sekunde durch den gesamten Damm – „zwei Schnapsgläser“, sagt Bähr.

Deutschlandweit gesehen liegt der Brombachsee-Staudamm nach Angaben des Deutschen Talsperrenkomitees bei der Größe im oberen Mittelfeld. International ist der Damm eher ein Zwerg: Manche Staudämme sind mehr als 300 Meter hoch. Von der Seeseite aus sieht er wie ein grasbewachsener Hügel aus, ein Fahrrad- und Fußweg führt darüber. Auf der anderen Seite fließt Wasser in eine Weiherkette. Innen treibt es das Kraftwerk an: In der Armaturenkammer dröhnen die Turbinen. Sollte hier Wasser eindringen, löst ein Mechanismus die Schließung der Tür aus. So kann kein Wasser ins Kraftwerk laufen. Es knallt laut, als die massive Stahltür zuschlägt.

Bähr schaut derweil nach, ob an und in den Sicherungs- und Steuerungskästen alles in Ordnung ist. Möglichen Bedenken über den Damm hält der 50-Jährige entgegen: "Es gibt mehr als 1000 Messeinrichtungen, die die Sicherheit des Damms überwachen. Wir sind uns daher ganz sicher, dass er funktioniert." Etwa zehn Menschen arbeiten regelmäßig hier. Zum Schluss schaut Bähr noch im "Grundablass" vorbei. Von hier aus könnte man den See im Katastrophenfall leeren. Daher hat nicht jeder Zugang; der Raum ist mit drei Schlössern gesichert. Sorgfältig schließt Bähr die Tür ab und macht sich dann auf den Weg zurück ans Tageslicht. 

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