Ein wertvoller Schatz aus Gunzenhausen

13.11.2017, 17:54 Uhr
Ein wertvoller Schatz aus Gunzenhausen

© Foto: privat

Der Wert solcher Zustiftungen zur treuhänderischen Stiftung Kameramuseum kann schnell mehrere Tausend Euro erreichen. Es fing im Sommer damit an, dass ein sportlich aussehendes Rentner-Ehepaar an einem Sonntag das Kameramuseum besuchte, sich die Ausstellung anschaute und zum Abschied ein unscheinbares Karteikästchen aus Holz mit etwa 250 Fotos von Kameras auf den Empfangstresen stellte – mit der eher beiläufig gemachten Bemerkung, man möge sich die Bilder mal anschauen, ob man damit etwas anfangen könne.

Noch nie gesehen

Museumsleiter Tauber, der die Farbfotos im Format 9 mal 13 Zentimeter aufmerksam sichtete und sortierte, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus: Neben Bildern von Dutzenden sammelwürdigen und ehemals teuren Fotogeräten stieß er auf eine Vielzahl von Abbildungen von Apparaten, die er noch nie "live" gesehen hatte und von deren Existenz er bis dahin allenfalls in Fachbüchern gelesen hatte.

So identifizierte er anhand seiner Kameranachschlagwerke einige äußerst rare Plattenkameras aus England und den USA mit Herstellernamen, von denen der erfahrene Sammler noch nie etwas gehört hatte. Manche unscheinbar aussehende Kamera entpuppte sich als wahres Kleinod, manches Messingobjektiv, das vor allem durch seine Größe und sein Gewicht aufgefallen war, stand als begehrtes Objekt in den Auktionskatalogen seriöser internationaler Häuser. Ein einziges Voigtländer-Objektiv von etwa 1890, das dem Museum angeboten wurde, fand, wie Tauber im Internet entdeckte, vor kurzem für mehr als 1800 Euro bei einem internationalen Auktionshaus einen neuen Besitzer und wurde für über 2000 Euro von Händlern angeboten.

Kurt Tauber: "Ich war elektrisiert, zumal ich noch gar nicht genau wusste, ob die Besitzer diese Kleinodien uns verkaufen oder sogar schenken wollten." Am nächsten Tag rief Tauber aufgeregt die geheimnisvollen Besucher an und erfuhr, dass die Erbin der Fotoschätze, Birgit Rötger-Schurz aus Spalt, die Sachen dem Museum stiften wollte. Die Besichtigung des Museums hatte ihr und ihrem Mann Helmut Schurz die Gewissheit vermittelt, dass die wertvolle Sammlung in Plech gut aufgehoben sein würde.

Ein wertvoller Schatz aus Gunzenhausen

© Foto: privat

Wenig später unternahmen Tauber und eine Museumsmitarbeiterin einen Ausflug nach Gunzenhausen — und waren überwältigt von den Schätzen, die sie geordnet und beschriftet in den Vitrinen im Wohnzimmer, im Herrenzimmer, im Büro und im Heimkino des 2009 verstorbenen Sammlers entdeckten: Es warteten noch exotischere, noch schönere Stücke.

Mit Dutzenden der wertvollsten und interessantesten Apparate im Gepäck machte sich Tauber auf den Heimweg. Nach zwei weiteren Fahrten stand das Treppenhaus des Kameramuseums voll mit den unverhofften Neuzugängen, die nun sortiert, katalogisiert und fotografiert werden. Gezählt hat sie noch niemand.

Unter den zum Teil superseltenen Stücken: eine Dr. Krügener Delta-Magazinkamera, eine Ica Trilby, die Plattenkamera Edelweiss, eine Zeiss Ikon Cocarette II Luxus, eine "Tapeten-Rollei", eine Kershaw Eight-20 Penguin und vieles mehr.

Manche Photographica-Sammler konzentrieren sich nur auf Miniaturkameras, andere sind Polaroid-Kästen mit Haut und Haaren verfallen oder interessieren sich für Rollfilmkameras von Kodak. Der 2009 mit 89 Jahren verstorbene Gunzenhäuser Fotohändler, Filmer und Augenoptiker Heinz Rötger blieb seinem Metier treu und sammelte zeitlebens alles, was mit seinem Beruf zu tun hatte: Fotoapparate aller Arten und aller Epochen, Brillen, Ferngläser, Projektoren, Fachbücher, Bildbände, Zeitschriften.

Als seine Witwe in diesem Jahr starb, stiftete seine Tochter Birgit Rötger-Schurz die Fotoapparate dem Deutschen Kameramuseum in Plech, wo die Highlights der bemerkenswert breit aufgestellten Sammlung — mehrere hundert Teile von der Leica bis zur Laterna Magica — Eingang in die Dauerausstellung finden.

Heinz Rötger wurde am 4. April 1920 in Alzey geboren. 1938 begann er eine Lehre als Augenoptiker. Nach dem Abschluss als Augenoptiker-Meister wechselte er nach München zu Foto-Optik Reiser. Inzwischen hatte die Leidenschaft fürs Fotografieren ihn schon voll erfasst. 1958 machte er sich mit seiner Frau in Gunzenhausen selbstständig. Er wurde Mitglied im Fotoclub Gunzenhausen und Mitbegründer des Filmclubs Gunzenhausen. Birgit Rötger-Schurz und ihr Mann führten den Betrieb mehrere Jahre weiter, bis sie den Laden an einen Nachfolger übergaben. Der Geschäftsmann Heinz Rötger lebt so in Gunzenhausen weiter, seine Sammlung im Deutschen Kameramuseum in Plech.

 

 

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