Gemeinsam an der Zukunft bauen

16.7.2012, 16:29 Uhr
Gemeinsam an der Zukunft bauen

© Erich Neidhardt

Der Staatssekretärausschuss „Ländlicher Raum in Bayern“ hat bereits Ende 2008 den Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen als Beispielsregion für Mittelfranken ausgewählt. Dessen 27 Kommunen und die Gemeinde Auhausen aus dem Nachbarlandkreis Donau-Ries sehen Integrierte Ländliche Entwicklungskonzepte als geeingnete Basis, um das staatliche Instrumentarium zur Bewältigung regionaler Herausforderungen modellhaft und gemeinschaftlich anzuwenden. In der bayerischen Staatsregierung ist man sich bewusst, dass ländliche Räume attraktive Lebens- und Wirtschaftsbedingungen brauchen. Daher erhalten die Kommunen Unterstützung, um sich gemeinsam zu positionieren und zu entwickeln. 
Zusammengefasst in drei Kernregionen – „Altmühltal“, „Fränkisches Seenland-Hahnenkamm“ und „Rezattal-Jura“ – startet in Altmühlfranken ein Entwicklungsprozess, der für alle Beteiligten von Nutzen sein soll, vorausgesetzt, es wird an einem Strang gezogen. Dass die Bereitschaft hierzu besteht, wurde bei der Übergabe der Entwicklungskonzepte durch den bayerischen Landwirtschaftsminister an die beteiligten Kommunen immer wieder deutlich.
Musikalisch von einem mittelalterlichen Bläsertrio der Sing- und Musikschule Weißenburg auf die Übergabefeier eingestimmt, hieß Landrat Gerhard Wägemann die Besucher im Schloss willkommmen. Sein besonderer Gruß galt neben Minister Brunner und Baudirektor Alexander Zwicker vom Amt für Ländliche Entwicklung Mittelfranken dem Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel und den Bürgermeistern der drei ILEK-Regionen.

„Wir stehen heute am Beginn eines äußerst wichtigen Prozesses für die weitere Entwicklung der Gemeinden in unserer ländlichen Region Altmühlfranken“, strich Wägemann die Bedeutung des ILEK heraus. Er ließ nicht unerwähnt, dass der Fertigstellung des Konzepts zahlreiche arbeitsintensive Abschnitte vorausgingen, bei denen vor allem die beteiligten Bürgermeister stark gefordert waren. Nun stehe die konkrete Umsetzung der formulierten Ziele an.
Für Wägemann beginnt mit der Übergabe der ILEK-Konzepte eine neue Ära der Zusammenarbeit der unterschiedlichen politischen Ebenen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass die unterstützenden Rahmenbedingungen des ILEK zwar einige, aber nicht immer die erhofften staatlichen Förderhöhen bieten können. Daher müsse man bemüht sein und bleiben, noch andere Zuschusstöpfe anzuzapfen, beispielsweise im Rahmen des Leader-Programms er Europäischen Union.
Wägemann geht davon aus, dass die angestrebte interkommunale Zusammenarbeit eine neue Ära einleiten wird. „Wir werden sehr viele unserer Probleme, aber auch die in diesem Prozess geäußerten Wünsche nur dann lösen können, wenn wir uns unserer Stärken bewusst werden und diese in Kooperation mit anderen Kommunen partnerschaftlich in hoher Synergie gemeinsam nutzen“, sagte er. Ein enges Miteinander der Städte und Gemeinden sei heute so wichtig wie nie zuvor.
Der Landrat verschwieg nicht, dass sich einige Kommunen mit diesen Ansätzen noch etwas schwer tun. Befürchtet werde der Verlust der eigenständigen Entscheidung beziehungsweise das Untergehen des eigenen Profils. Dies müsse aber nicht so sein, wie die zarten Pflänzchen der ersten interkommunalen Projekte, die schon auf den Weg gebracht wurden, zeigten. Am Beispiel des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, der unlängst 40 Jahre alt wurde, zeigte der Landrat auf, dass selbst unter unvorteilhaften äußeren Bedingungen größere und leistungsfähige Einheiten entstehen können. „Wir können gemeinsam sehr viel bewegen, wen wir dies freiwillig angehen und mit Engagement umsetzen“, rief Wägemann zum Miteinander auf.
Die Übergabe der ILEK-Konzepte sollte für den Landkreischef Anlass sein, „verstärkt, offensiv und ohne Vorbehalte neue Formen der Zusammenarbeit anzugehen“. Er geht davon aus, dass die Kommunen mit dem Prozess in den Genuss vorschiedener Förderprogramm kommen können, die ihnen vorher entweder verschlossen waren oder wo ihnen jetzt ein besserer Zugang ermöglicht wird. Wägemanns Dank galt allen, die den ILEK-Prozess initiiert und begleitet haben. „Nutzen wir die sich bietenden Chancen und sorgen wir für lebens- und liebenswerte Gemeinden und Regionen. Ich bin sicher, wir schaffen das miteinander“, zeigte er sich zuversichtlich.
„Offen sein für Veränderungen und dabei seine Wurzeln und Stärken der Heimat kennen und bewahren“ – dies war für Helmut Brunner eine wichtige Anforderung des Entwicklungsprozesses, den die beteiligten Kommunen gemeinsam beschritten haben. Dem Landwirtschaftsminister zufolge stehen Bürgermeister auch in der Regionj Altmühlfranken heutzutage immer öfter vor Herausforderungen, die ihre Gemeinde allein nicht mehr meistern kann. Sie hätten daher den weisen Entschluss gefasst, enger zusammenzuarbeiten, um ihre Region voranzubringen. „Die Erfahrung zeigt: wenn die geistigen Schranken fallen, sind die kommunalen Grenzen zweitrangig“, stellte er fest.
Wie Brunner darlegte, sind die Handlungsfelder und Aufgaben der drei kommunalen Allianzen „Altmühltal“, Fränkisches Seenland-Hahnenkamm“ und „Rezattal-Jura“ breit gefächtert. Sie reichen von einer engeren Zusammenarbeit der Kommunalverwaltungen und dem Umgang mit der demografischen Entwicklung über eine Stärkung der Lebensqualität bis zur Sicherung bestehender und Schaffung neuer Arbeitsplätze. Weitere Tätigkeitsfelder erstreckten sich auf eine zukunftsfähige Landnutzung und das Meistern der Energiewende.
Brunner ist sich sicher: „Mit der Idee der interkommunalen Zusammenarbeit hält man den Schlüssel zur Zukunft in der Hand. “ Die Bürgermeister seien hier die Baumeister. Die Landwirtschaft ist und bleibt für ihn das Bindeglied vieler örtlicher Wertschöpfungsquellen und unverzichtbar für einen lebendigen und starken ländlichen Raum. Für die Erzeugung gesunder Nahrungsmittel und erneuerbarer Energien oder die Pflege der Kulturlandschaft als Basis für den Fremdenverkehrs müssten die Wirtschaftsflächen funktional und gut erschlossen sein. Obendrein gelte es, Vermarktungsstrukturen für regionale Lebensmittel aufzubauen.
Nach den Worten des Landwirtschaftsministers unterstützt das Amt für Ländliche Entwicklung die drei kommunalen Allianzen fachkompetent und mit passgenauen Instrumenten. Als „Zuckerl“ belohne der Freistaat Maßnahmen, die der Umsetzung des ILEK-Konzepts dienen, mit einem Förderbonus von fünf Prozent in der Dorferneuerung und von bis zu zehn Prozent in der Flurnneuordnung.
Besonders am Herzen liegen Brunner die Streuobstbestände als ein fester Bestandteil der regionalen Kultur. Langfristig sei eine Pflege ohne Verwertung aber nicht zu finanzieren. „Es muss uns also eine nachhaltige und wirtschaftliche Nutzung gelingen“, merkte er an. Die Gründung einer Obstverwertungsgenossenschaft als erstes Umsetzungprojekt des ILEK-Konzepts sollte die Grundlage dazu sein. Es gelte jetzt, eine Produktpalette festzulegen und Vermarktungslinien aufzubauen. Das Vorhaben wird laut Brunner vom Landschaftspflegeverband begleitet und von Amt für Ländliche Entwicklung gefördert. Die Gemeinden Markt Berolzheim, Dittenheim, Gnotzheim, Heidenheim und Meinheim, die dieses Projekt federführend initiiert haben, profitierten direkt davon.
Zu den Zielen für eine alters- und familiengerechte Gemeinde gehören nach den Worten des Ministers neben Bildungsangeboten und der Schulversorgung auch die Sicherung der Grundversorgung, Angebote für Jugendliche, die Tagesbetreuung für Senioren sowie die Innenentwicklung und die Verringerung des Flächenverbrauchs. Auch sei der Ruf nach dem Erfolgsprogramm Dorferneuerung nicht zu überhören. Er bat um Verständnis, dass nicht alle Wünsche sofort erfüllt werden können, Die Ergebnisse der ILEK-Konzepte würden aber auf jeden Fall im Arbeitsprogramm des Amts für Ländliche Entwicklung berücksichtigt.
Eine große Chance für den ländlichen Raum sieht Brunner in der Energiewende. Jede dezentral erzeugte Energie – ob aus Biomasse, Sonnen- oder Windenergie – bringe einer Region Wertschöpfung und davon profitierten alle vor Ort. „Werden Sie energieautark. Sie, ihre Kinder, ihre Gemeinden und die Umwelt profitieren davon“, rief er den Gästen zu.
Und noch einen Rat gab er den Bürgermeisters mit auf den Weg: „Binden sie die Bürger ein. Machen Sie aus Betroffenen Beteiligte.“ Damit die Energiewende möglichst landschaftsschonen umgesetzt wird, müsse aktiv und gemeinsame vorgegangen werden. Das ILEK sei dabei ideal. Nach Angaben Brunners läuft für alle beteiligten Kommunen bereits eine Potenzialanalyse für erneuerbare Energien. „Die Ergebnisse werden Sie einen Schritt weiter nach vorn bringen, um größtmögliche Wertschöpfung für die Region zu generieren und die Energiewende gemeinsam zu steuern“, machte er deutlich. Diese Analyse werden durch das Landwirtschaftsministerium gefördert.
Wie Brunner zusammenfassend feststellte, ist mit der Übergabe der fertiggestellten ILEK-Konzepte ein wichtiges Etappenziel erreicht. Damit es jetzt zügig an die Umsetzung der Projekte gehe, förderte das Amt für Ländliche Entwicklung eine Umsetzungsbegleitung durch ein Planungsbüro. Entscheidend sei, dass den Ideen nun Taten folgen.
Dankenesworte für die drei Gebietskulissen sprach der Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel. Auch wenn sich die Skepsis bei einigen Beteiligten noch nicht ganz verflüchtigt habe, sei es nun wichtig, ein gutes und gedeihliches Miteinander zu pflegen. Erwähnung fand auch die Zukunftsinitiative Altmühlfranken, die den ILEK-Prozess begleiten wird. 
Folgende Ortschaften gehören den kommunale Allianzen an: „Fränkisches Seenland-Hahnenkamm“: Absberg, Auhausen, Gnotzheim, Gunzenhausen, Haundorf, Heidenheim, Muhr am See, Pfofeld, Polsingen, Theilenhofen und Westheim; „Rezattal-Jura“: Bergen, Burgsalach, Ellingen, Ettenstatt, Höttingen, Nennslingen, Pleinfeld, Raitenbuch und Weißenburg; „Altmühltal“: Alesheim, Dittenheim, Langenaltheim, Berolzheim, Meinheim, Pappenheim, Solnhofen und Treuchtlingen.

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