Gesundheitspolitik ist ein „vermintes Gelände“

18.2.2011, 11:52 Uhr
Gesundheitspolitik ist ein „vermintes Gelände“

© Falk

„Aus dem Instrumentenkasten der Ulla Schmidt“ habe die Bundesregierung das Acht-Milliarden-Euro-Defizit übernommen. Lotter spricht davon, dass alle Beteiligten zur Kasse gebeten wurden, auch die Hausärzte. Der Aichacher, der Ende März seine Zulassung zurückgibt, weil er neben dem Parlamentsjob kaum noch Zeit für die Gemeinschaftspraxis findet, in der seine Frau mitarbeitet, will mit dem Hausärzteverband in einen „vernünftigen Dialog“ eintreten.

Die gesetzlichen Krankenkassen, die in der Gefahr standen, an die Wand gefahren zu werden, haben nach Lotters Einschätzung jetzt eine deutliche verbesserte finanzielle Situation, doch sie müssten auch nachhaltig auf einem guten Fundament stehen. Die meisten müssten keine Zuzahlungen von den Kassenmitgliedern verlangen. Sogar der Sozialausgleich könne mit den Kassenmitteln finanziert werden, est später müßten Steuermittel dafür herangezogen werden. Jetzt wird die eigentliche Strukturreform folgen, deren Hauptproblem die Sicherstellung der ärztlichen Versorgung im ganzen Land ist. „Die Dinge sind im Fluss“, sagt Dr. Lotter.

Absolut klar ist für den Gründer und Vorsitzenden der „Vereinigung Liberaler Ärzte“, dass der Entwurf der Union mit der FDP so nicht umgesetzt werden kann. Er hält es für nötig, die jetzt geltende Abstaffelung zurückzunehmen, denn damit werde eigentlich der Allgemeinarzt gestraft, der viele Patienten zu versorgen habe: „Der arbeitet bis er umfällt, bekommt aber wenig Geld dafür.“ In der Diskussion sind viele Vorschläge, einer davon ist ein Bonus für hausärztliche Tätigkeit. Auch die Rechnungstellung der Ärzte gegenüber den Kassen und Patienten soll transparenter werden. Die Hausärzte wären seiner Einschätzung nach mit der weiteren Pauschalierung zufrieden, „wenn sie stimmt“.

Als eine „große Baustelle“ sieht Lotter die Reform der Pflege. Allein die demographischen Daten kündigen das Problem an: In 20 Jahren gibt es dreimal mehr 85-Jährige als jetzt. Eine Präventionsstrategie hält er für richtig, doch sie soll zunächst das Vorhandene bündeln ehe neue Konzepte in die Welt gesetzt werden. Der Gesundheitsexperte („Polemik gegen uns“) sieht seine Partei, die lange Zeit als „Zahnärztepartei“ im Ruf gestanden hatte, die Vermögenderen im System zu bevorzugen, zwischen den Fronten. Lotter rechnet aber damit, dass sich die Wogen glätten, wenn die ersten Auswirkungen in der Praxis zu erleben sind. Der Hausärzteverband hat mit seinem Auftreten in der Öffentlichkeit bei ihm weniger Begeisterung als vielmehr Reserviertheim ausgelöst. „Ich möchte nicht nachtreten“, sagt er jetzt, wo die Revolution der Hausärzte im Sand verlaufen ist. In der Diskussion kam auch das Problem des Ärztemangels auf dem Land zur Sprache.

Dr. Richard Linsenmeier, Facharzt für Innere Krankheiten in Gunzenhausen, hält Teile des Landkreises für unterversorgt, prekär wird die Sache für ihn in zehn Jahren. Nur noch fünf Prozent der Medizinstudenten wollten heute aufs Land. Im Vergleich zu den Großstadtpraxen müssten die Unterschiede in der Honorierung ausgeglichen werden. Die ins Haus stehende „ambulante Kodierung“ hält er für ein bürokratisches Monster, denn: „Der Arzt ist täglich eine Stunde damit beschäftigt.“ Dass die Sache jetzt bis Jahresende erst einmal verschoben ist, macht ihn nicht restlos glücklich.

Kritik an der Marineführung

In der „Altmühlrunde“ wandte sich der Dietenhofener Bundestagsabgeordnete Rainer Erdel gegen die Romantisierung der Landwirtschaft, wonach der idealtypische Bauernhof der aus dem Jahr 1930 sein soll. Der Landwirt aus dem Nachbarlandkreis bekräftigte: „Wir haben Lebensmittel von allerbester Qualität, und das schon seit achtzig Jahren.“

Im Zusammenhang mit den Vorgängen auf dem Segelschulschiff „Gorch Fock“ machte das Mitglied des Verteidigungsausschusses der Marineführung den Vorwurf, beim Einbau von üblichen Sicherheitseinrichtungen versagt zu haben. Die Reaktion des Verteidigungsministers erscheint ihm zu spontan, denn der Kapitän sei zur fraglichen Zeit in Urlaub gewesen. Erdel nimmt ihn in Schutz: „Er ist zudem Sündenbock gemacht worden.“

Die Soldatin, die aus 47 Metern von der Takelage stürzte, sei erst seit zwei Tagen auf dem Schiff gewesen, zudem habe sie als „nicht schiffsverwendungsfähig“ gegolten. Dem Abgeordnete ist unklar: „Sie hatte nur eine Ausnahmegenehmigung für eine Fregatte. Wie konnte sie auf die Gorch Fock kommen?“ Er vermutet, dass einiges in der Personalführung der Marine nicht ganz stimmen kann. Das Problem sieht er deshalb nicht auf dem Schiff oder beim Kaptiän, sondern in Köln, wo die Personalpolitik der Marine gemacht wird. Er hält die Affäre erst für überwunden, wenn der Abschlussbericht vorliegt. So lange aber soll die Gorch Fock weiterfahren, „aber mit den Sicherheitseinrichtungen, die auf Segelschulschiffen international üblich sind.“

Erdel ist Reserveoffizier und stolz auf die Truppe: „Die Gorch Fock ist ein Symbol für die Bundeswehr und ist ist auch eine Botschafterin für Deutschland.“ Nichts hält der FDP-Verteidigungsexperte davon, künftig Inländer ohne deutsche Staatsbürgerschaft in die Bundeswehr aufzunehmen: „Das werden wir nicht machen.“ Besorgt ist er , weil die deutsche Rüstungsindustrie offenbar unzuverlässig ist. „Am Beispiel des Hubschraubers NH 90 sehen wir, dass die Geräte viel zu spät zur Truppe kommen und dort vielfach nicht mehr zu gebrauchen sind.“ „Wir haben im Verteidigungsaussschuss keinerlei Informationen zu Roth“, sagt der Reserveoffizier zur aktuellen Bundeswehrplanung.

Er findet es nicht in Ordnung, „wenn jetzt schon die Bürgermeister reihenweise aufgehetzt werden“. Roth habe eine hervorragende Infrastruktur, dort seien in den letzten Jahren 200 Millionen Euro investiert worden. Er gibt den Rothern sein Wort: „Ich mache mich für Roth stark!“