Golfer aus Wassertrüdinger spielt ganz oben mit

20.1.2018, 18:16 Uhr
Golfer aus Wassertrüdinger spielt ganz oben mit

© privat

Herr Ritthammer, Sie haben sich im vergangenen Jahr wieder für die European Tour qualifiziert und auf Platz 124 abgeschlossen. Was bedeutet das für die kommende Saison?

Bernd Ritthammer: Der 124. Platz im Race to Dubai bedeutet für dieses Jahr eine kleine Spielberechtigung auf der European Tour sowie die volle Spielberechtigung auf der Challenge Tour, der zweiten Profiliga in Europa. Ich werde alle Turnierstarts, die sich mir auf der European Tour bieten, wahrnehmen und die Lücken mit Challenge-Turnieren füllen. Im Sommer werde ich dann sicherlich der Tour Priorität geben, auf der ich bis dato besser performt habe. Das Ziel ist ganz klar die volle Spielberechtigung für die European Tour 2019.

 

Der größte Erfolg und die größte Enttäuschung 2017?

Ritthammer: Das kann ich so nicht wirklich beantworten. Es gab durchaus große Turniere, zum Beispiel die Scottish Open oder Dunhill Links Trophy, bei denen ich sehr gut gespielt habe, aber durch mittelmäßige Finalrunden kein Topergebnis erzielen konnte. Das bedeutet aber wiederum für mich, dass ich auch bei starker Konkurrenz in der Lage bin, vorne mitzumischen. Auf der anderen Seite habe ich zu wenige Cuts gemacht und keine Top-Ten-Platzierungen erspielen können. Es gab also gute und schlechte Phasen.

 

Sie sind nun seit über zehn Jahren Profi. Wenn Sie heute Zwischenbilanz ziehen: Hat sich der Schritt gelohnt? Aus persönlicher Sicht, Thema Lebenszufriedenheit, aus wirtschaftlicher Sicht, Thema Einkommen?

Ritthammer: Aus privater Sicht hat es sich sicherlich gelohnt. Es gibt wohl wenige Jobs, die so facettenreich sind wie meiner. Ich sehe die Welt, lerne viele interessante Leute kennen und kann meinen Arbeitsalltag, zumindest in Trainingsphasen, größtenteils selber gestalten. Durch all diese Sachen hat sich mein Horizont ungemein erweitert. Natürlich fühle ich mich durch das viele Reisen manchmal wie ein Zigeuner, und an ein normales Familienleben ist auch kaum zu denken. Ich bin allerdings alt genug, um zu wissen, dass mein Job deutlich mehr Vor- als Nachteile hat. Die Wirtschaftlichkeit war vor allem am Anfang nicht wirklich gegeben. In den niedrigen Ligen wird um geringes Preisgeld gespielt bei durchaus hohen Ausgaben für Turnier-, Trainingsreisen und Trainerteam. Außerdem stehen natürlich erst mal keine potenziellen Sponsoren Schlange. Ich hatte das Glück, ein paar Unterstützer zum richtigen Zeitpunkt zu haben. Trotzdem ist es in den ersten Jahren immer wieder knapp mit dem Geld gewesen und ich war gezwungen, Leistung zu bringen um Preisgeld zu erspielen. Die ganze Sache hat sich in den letzten Jahren durch mehr Preisgeld und größere Partner etwas entspannt. Aufs Geld schauen muss ich allerdings nach wie vor. Golf ist aber definitiv eine Sportart, bei der auf oberster Ebene um viel Geld gespielt wird. Wenn man also gut genug ist, löst sich die finanzielle Geschichte in Wohlgefallen auf.

2015 sagten Sie in einem Interview, dass man als Golfer mit über 30 eine "vernünftige Spielkategorie" erreicht haben sollte. Andernfalls wäre es Zeit, über berufliche Alternativen nachzudenken. Im April werden Sie 31, wie also ist der aktuelle Stand?

Ritthammer: Wenn man Berufssportler wird, dann träumt man immer vom kometenhaften Aufstieg. Das war bei mir nicht anders. Seit einigen Jahren weiß ich, dass ich dafür nicht der Typ bin. Meine Karriere läuft mit Sicherheit nicht so geradlinig, wie ich mir das wünschen würde. Aber wie wir alle wissen, ist das Leben kein Ponyhof. Ich bin nach wie vor kein Fan davon, ewig an einer Karriere festzuhalten, die keine Zukunft hat. Sollte ich mir das irgendwann eingestehen müssen, werde ich sicherlich eine Entscheidung treffen müssen. An diesem Punkt bin ich definitiv noch nicht! Auch wenn ich meine Tourkarte von letztem Jahr nicht halten konnte, sehe ich doch noch sehr viel Potenzial bei mir und vor allem den inneren Drang, in jedem Bereich besser zu werden. Solange ich mich weiterentwickle und finanziell keine Engpässe drohen, wäre es ziemlich sinnfrei, die ganze Sache hinzuschmeißen.

 

Gut 270 000 Euro Preisgeld auf der European Tour im vergangenen Jahr hören sich nach einem sehr ordentlichen Jahreseinkommen an, Unterstützung von Sponsoren gar nicht eingerechnet. Was bleibt da übrig?

Ritthammer: Auf dem Papier hören sich diese Zahlen immer ganz gut an. Am Ende bleibt weniger übrig, als man denken würde. Die Summen sind ja erst mal alle brutto. Jeder Selbstständige weiß also, was dann passiert. Außerdem sind die Ausgaben für Reisen, Coaches, Management, Caddie und natürlich Privatleben nicht zu unterschätzen.

 

Wie viele Nächte im vergangenen Jahr haben Sie im eigenen Bett in München verbracht?

Ritthammer: Ich schätze, ich bin etwa 18 bis 20 Wochen im Jahr zu Hause im eigenen Bett. Der Rest findet irgendwo in der Weltgeschichte statt.

 

In welcher Form ist ihre Familie in den Kleinbetrieb eines Golfprofis eingebunden? Der Vater Gerd Ritthammer gab ja sogar einst seinen Beruf auf, um mit Ihnen als Caddie auf Tour zu gehen.

Ritthammer: Meine Familie und vor allem meine Eltern hatten schon immer großen Anteil an meiner Golfkarriere. Ich wurde von klein auf überall hin zu Trainings und Turnieren gefahren und hatte vollste Unterstützung und Vertrauen von zu Hause. Ohne diesen Baustein ist der Weg zum Golfprofi eigentlich unmöglich! Mein Vater hat tatsächlich drei Jahre lang von 2010 bis 2012 meine Tasche als Caddie getragen und mich auf die Turniere begleitet. Nach wie vor helfen mir meine Eltern bei der Buchführung, der Reiseplanung und vor allem als gute Ratgeber. Nicht zu vergessen ist natürlich meine Frau Sarah, die mir zu Hause den Rücken freihält, während ich auf Reisen bin. Es gibt nicht viele Frauen, die mit der ständigen Abwesenheit des Ehemanns gut klarkommen würden!

 

Bei den verschiedenen Phasen in Ihrer Karriere haben Sie immer wieder darauf verwiesen, wie wichtig neben einer ausgezeichneten Technik vor allem die mentale Verfassung für einen Sportler ist. Wie arbeiten Sie mit dem Psychologen in Ihrem Team daran.

Ritthammer: Ich denke, jeder weiß, dass sich Golf sehr viel im Kopf abspielt. Jede Runde ist voll mit mentalen Herausforderungen. Ich arbeite seit zwei Jahren mit meinem Mentalcoach Thomas Baschab an den verschiedensten Themen. Zu sehr ins Detail möchte ich nicht gehen, aber letzten Endes ist mentales Golftraining für mich fast gleichzusetzen mit Charakterentwicklung. Es geht viel um Souveränität, Gelassenheit und Entschlossenheit. Letzten Endes geht es um ziemlich einfache Denkmuster, das psychologische Einmaleins sozusagen. Trotzdem kann es im Wettkampf unglaublich schwer sein, "richtig" zu denken. Die Tatsache, dass eine Golfrunde oft fünf Stunden dauert und man unfassbar viel Zeit zum Grübeln hat, hilft da leider nicht wirklich.

 

Das Turnier auf Mauritius im Dezember mussten Sie wegen Gleichgewichtsstörungen sausen lassen. Ist gesundheitlich wieder alles im Lot?

Ritthammer: Ich bin wieder fit und freue mich auf die Aufgaben in der Saison 2018.

 

 

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