Grippewelle: Alarm in Gunzenhausen

11.2.2017, 17:19 Uhr
Grippewelle: Alarm in Gunzenhausen

© Maurizio Gambarini/dpa

Dr. Carl-Heinrich Hinterleitner, seines Zeichens Leiter des Staatlichen Gesundheitsamtes am Landratsamt, bestätigte auf Anfrage des Weißenburger Tagblatts: „Die Grippewelle steigt immer noch an und wird vermutlich noch zwei bis drei Wochen dauern.“ Auch bei ihm gehen ständig Meldungen von Ärzten und aus den beiden Kreiskliniken ein, die seine Aussage untermauern. Hinterleitner ist sich sicher: „Das ist viel heftiger als die Jahre zuvor.“

Seit Dezember gingen im Gesundheitsamt 53 Influenza-Meldungen ein. Die Dunkelziffer ist freilich höher. Denn die wenigsten Ärzte machen Hinterleitner zufolge einen Rachenabstrich. Erst der kann aber das sichere Ergebnis liefern, ob es sich wirklich um die Influenza, also die echte Grippe, und nicht nur um einen grippalen Infekt handelt.

Für die niedergelassenen Ärzte ist die Frage ohnehin nicht relevant, erklärt der Leiter des Gesundheitsamtes. Denn Virustatika wie Zanamivir und Oseltamivir würden ohnehin kaum mehr verschrieben. Diese Medikamente sind nur dann gegen Grippe hilfreich, wenn die Behandlung so schnell wie möglich nach Ausbruch der Virusgrippe beginnt.

Nachdem die meisten Ärzte aber nur Medikamente gegen die Symptome verschreiben, wie Fiebersenker oder Schmerzmittel, mache auch der Influenzatest keinen Sinn. „Am besten ist, wenn das eigene Immunsystem mit der Grippe fertig wird“, sagt Hinterleitner. Und rät eigentlich davon ab, sich bei grippalen Infekten ins Klinikum einweisen zu lassen. Denn dort müssen Influenza-Patienten in einem Isolierzimmer untergebracht werden. Was vor zwei Wochen sogar dazu geführt hat, dass am Klinikum in Gunzenhausen ein Aufnahmestopp verhängt werden musste und die Rettungsleitstelle keine Patienten mehr an das Klinikum der Altmühlstadt verweisen durfte.

20 Fälle in Gunzenhausen

Gegenwärtig gibt es 20 Patienten mit bestätigter Influenza im Gunzenhäuser Krankenhaus, wie dessen Hygienebeauftragte Roswitha Herrmann mitteilt. Sie ist gleichfalls der Meinung, dass der Gipfel noch nicht erreicht sei und die Fälle zunehmen werden. Nicht zuletzt aufgrund der vorsorglichen Isolierung von fünf bis sieben Tagen im Verdachtsfall könnten die Werte im Lauf der kommenden Tage zügig nach oben korrigiert werden.

Die Recherche macht schnell klar: Die Grippewelle ist heuer wesentlich aggressiver als in den Vorjahren. Das bestätigt auch eine Umfrage des Altmühl-Boten an einigen Schulen in Gunzenhausen, obwohl das Schlimmste hier nach momentaner Lage schon überstanden zu sein scheint.

Während die Viren in den letzten Wochen für zahlreiche Krankmeldungen sorgten, haben sich die Zustände an der Grundschule Süd, der Stephani-Mittelschule und auch am Simon-Marius-Gymnasium in dieser Woche stetig verbessert. Lothar Domaschka, Rektor der Stephani-Schule, bekräftigt, dass die Influenza bis vor kurzem noch stark unter Lehrern und Schülern wütete, sich die Lage zumindest im Kollegium inzwischen aber beruhigt habe. Bei den Kindern ziehe sich die Erkrankung zwar noch durch einige Klassen, doch Domaschka ist zuversichtlich, „dass wir bald alle erreicht haben“ und der Schulbetrieb regulär fortgeführt werden könne.

Ähnlich ist der Tenor an der Grundschule Süd. Sekretärin Monika Engelhardt weiß von einigen Tagen in der jüngsten Vergangenheit zu berichten, an denen sich die Krankheitsfälle häuften, jetzt sei die Lage allerdings stabil, ja, geradezu „normal“ für den Winter. In Form einer Welle kommt die Grippe auch nach Ansicht von Rektorin Ingrid Pappler derzeit jedenfalls eher nicht über die Lehranstalt.

30 kranke Schüler

Am Gunzenhäuser Gymnasium spricht man ebenso von einer langsamen Reduzierung der Grippefälle. Mussten vorige Woche noch knapp 50 Schüler dem Unterricht fernbleiben, liegen aktuell 30 Krankmeldungen vor, erzählt Sekretärin Bettina Kratz.

Das größte Problem dabei sei, wenn sich die Ausfälle geballt auf einzelne Schulklassen konzentrieren: Fehlen in einer Klasse mehr als fünf Jugendliche, seien schriftliche Prüfungen, zumindest die unangekündigten Extemporalien, kaum möglich. Eine weitere Herausforderung sei es, die Verwaltungskräfte vor Ansteckungen zu schützen, die mit frisch erkrankten Schülern meist als Erste in Kontakt kommen. Häufigeres Händewaschen und der Gebrauch von Handdesinfektionsmitteln stehe im Sekretariat daher nun vorrangig auf der Tagesordnung.

Vergleichbar, wenn nicht sogar etwas schlimmer, sehen die Dinge in Weißenburg aus. An der dortigen Grundschule zum Beispiel waren in den vergangenen zwei Wochen überdurchschnittlich viele Kinder und Lehrer krank. Eine Lehrkraft ist bereits seit vier Wochen außer Gefecht. Vor kurzem waren rund 50 Kinder auf einmal zu Hause. Wenn Lehrer ausfallen, dann ist es derzeit fast unmöglich, über mobile Reserven, die das Staatliche Schulamt vermittelt, an Aushilfslehrkräfte zu kommen. Und so müssen teilweise Stunden einfach ersatzlos ausfallen.

14 Menschen starben

Nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Erlangen wurden in der laufenden Grippesaison schon mehr als 5500 Influenza-Erkrankungen in ganz Bayern gemeldet, 14 Menschen starben, bundesweit sogar 126. Und wie es aussieht, wird dieser Zustand wohl noch einige Zeit andauern. Auch die Bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) glaubt: „Der Höhepunkt der Grippewelle ist noch nicht erreicht.“ Dr. Stephan Limmer, Chefarzt für Innere Medizin am Klinikum Altmühlfranken in Weißenburg, bestätigt, dass die Grippewelle seit Weihnachten für kontinuierlichen Patientennachschub sorgt. Seitdem waren es rund 50 Fälle mit bestätigter Influenza.

Das Isolieren der Grippepatienten im Krankenhaus sprenge relativ schnell die dortigen Bettenkapazitäten. Deshalb rät auch Limmer dazu, zur genauen Abklärung erst einmal den Hausarzt aufzusuchen. Bei jungen Patienten sei in der Regel kein stationärer Aufenthalt notwendig. Abwehrgeschwächten und älteren Menschen empfiehlt er dagegen zur Sicherheit die Einweisung ins Klinikum.

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