Gunzenhausen: Baustellentour an den Altmühl-Auen

17.2.2019, 17:19 Uhr
Gunzenhausen: Baustellentour an den Altmühl-Auen

© Jürgen Eisenbrand

Die Resonanz, etwa 70 Gunzenhäuser hatten sich am Freitagnachmittag eingefunden, erfreute Bürgermeister Karl-Heinz Fitz. Zusammen mit Roland Rösler vom Wasserwirtschaftsamt Ansbach (WWA) sowie Stadtbaumeisterin Simone Teufel und ihrem Stellvertreter Thomas Hinterleitner führte er die stattliche Menschen-Karawane von dort aus bis zum gerade erst in die Erde versenkten Pumpwerk (wir berichteten) am Südende des Schießwasen.

Am Anfang des Fußgängerwegs hoch zur Oettinger Straße erläuterte Rösler zunächst die Notwendigkeit des Hochwasserschutzes – und wie der gestaltet werden soll. Gegen die ersten Pläne seiner Behörde, die eine schlichte Mauer entlang der Promenade vorsahen, hatte sich in Gunzenhausen entschiedener Widerstand formiert ("Die Mauer muss weg!"). So entschieden, dass sich WWA und Stadt entschlossen, die Planungen neu aufzurollen und die Bürger daran zu beteiligen.

"Stadt am Fluss"

Heraus kam etwas, das Ende 2015 im Stadtrat wahre Lobeshymnen erntete. Von einer "idealen Lösung" (Fitz) war die Rede, von einer "faszinierenden, tollen Kür" (Werner Falk, FDP), die "viel besser ist, als wir gedacht haben" (Daniel Hinderks, SPD). Und Manfred Pappler (CSU) bekannte sogar, die Pläne hätten ihn "glücklich" gemacht: "Gunzenhausen wird wieder zur ,Stadt am Fluss‘ – danke!"

Es war den Beteiligten damals gelungen, die insgesamt 600 Meter Hochwasserschutz gleichsam zu "verstecken": Er offenbart sich lediglich in Form von Sitzstufen entlang einer Spielwiese, einigen Landschaftswellen im Westen, als Panoramaweg, der in maximal 1,40 Meter Höhe auf einem Erdwall verläuft – und in etwa 90 Metern mobiler Schutzwände, die im Ernstfall an fünf Stellen montiert werden können. "Der Zugang zur Stadt bleibt also erhalten", erklärte Rösler am Freitag, ebenso "das Gefühl der Durchgängigkeit".

Nach den Plänen von damals, mit deren Umsetzung laut Fitz noch heuer begonnen werden soll, wird die Altmühl in Höhe des Rondells aus ihrem derzeitigen, kanalartigen Bett ausgeleitet und in einem kühnen Schwung ein ganzes Stück in Richtung Promenade geführt. Kurz nach dem Trafo-Häuschen biegt der Fluss scharf nach rechts, beschreibt vor der Stadthalle eine S-Kurve und fließt dann endgültig im alten Bett weiter am Schießwasen vorbei. Die Altmühl rückt also wieder näher an die Stadt heran. Und sie soll auch "erlebbar" werden.

Gunzenhausen: Baustellentour an den Altmühl-Auen

© Jürgen Eisenbrand

Die Ufer werden dazu sehr flach modelliert, sodass man leicht an den 10 bis 15 Meter breiten Flusslauf herankommt. Den Wasserstand wollen die Experten so flach halten, dass eine – gemessen am sonstigen "Tempo" der Altmühl – relativ hohe Fließgeschwindigkeit erzielt wird. Der Clou: Unter Einbeziehung des alten Flussbetts, das deutlich schmaler werden soll, schaffen die Planer eine Insel, die über zwei Stege erreichbar ist und auf der ein Aussichtsturm Ausblicke auf die Altstadt wie auch auf das Storchenbiotop bietet.

Auf der Insel will das WWA eine Auenlandschaft anlegen, an der entlang ein Fußweg führen soll. Bedenken einer jungen Frau, ob das nicht die seltenen Tiere störe, deren Ansiedlung man sich dort erhoffe, begegnete Rösler pragmatisch: "Natürlich wäre eine Insel ohne Weg für die Tiere besser, aber dann hätten wir nichts davon."

Er sei sicher, dass trotz des Weges, der ausdrücklich nicht für Radfahrer gedacht sei, genug Platz für Rote-Liste Arten bleibe – wenn denn die Fußgänger entsprechend Rücksicht nähmen. Stadtbaumeisterin Teufel ergänzte, dass wegen der genannten Tierarten bewusst der schmale Altmühl-Flusslauf im Süden beibehalten worden sei: "Das Storchenbiotop soll weiter unzugänglich bleiben."

Die Renaturierung der Altmühl samt Neugestaltung der Auen erfülle – neben dem gleichsam "integrierten" Hochwasserschutz – also gleich zwei weitere Funktionen, erläuterte Rösler. Der Fluss könne "von den Bürgern wieder wahrgenommen und genutzt werden", er werde zu einer "Bereicherung im Alltag" und sei, zusammen mit dem entstehenden Park, von erheblichem "Freizeit-Nutzen".

"Wieder mehr Raum"

Darüber hinaus werde die Renaturierung, deren Ziel es sei, der Altmühl "wieder mehr Raum zu geben, damit sie ihre Funktion erfüllen kann", dazu führen, dass sich die Wasserqualität verbessere: "Dadurch stimmt die Chemie wieder, es wird keine Algen mehr geben, und der Artenreichtum wird wachsen." Das seien eindeutige Erfahrungen, die man an anderen Flussabschnitten gemacht habe, wo es inzwischen beispielsweise wieder mehr seltene Libellen und Fische gebe.

Gunzenhausen: Baustellentour an den Altmühl-Auen

© Jürgen Eisenbrand

Thomas Hinterleitner erläuterte jenen Teil der Arbeiten, die zwar – neben der Stadthalle (17 Millionen Euro) – das meiste Geld verschlingen (9 Millionen), die aber nach ihrem Abschluss weitgehend unsichtbar sein werden: den Stauraumkanal samt Pumpwerk.

Den 830 Meter langen Kanal, so der stellvertretende Leiter des Bauamts, könne man sich im Grunde "wie ein langgezogenes Regenrückhaltebecken" vorstellen. Auch dieses schützt vor Hochwasser; aber nicht vor dem, das die Altmühl der Stadt bescheren könnte. Sondern vor jenem, das bei starken Regenfällen droht, wenn die Wassermassen nicht schnell genug abfließen können, sich im Kanalsystem aufstauen – und sich in die Altstadt ergießen.

Mit dem Verlegen der mächtigen Betonrohre (Innendurchmesser zwischen 1,60 und 2 Meter) vergrößert sich das Gunzenhäuser Kanalnetz um 2200 Kubikmeter, also 2,2 Millionen Liter. Ein stattlicher Puffer für Regenwasser, das von hier aus über den sogenannten Entlastungskanal in die Altmühl fließt.

Ist deren Wasserstand dafür zu hoch, kommt das Pumpwerk am Schießwasen zum Einsatz. Dort verrichten drei Pumpen ihren Dienst und können im Ernstfall pro Sekunde bis zu 7200 Liter Wasser in Bayerns langsamsten Fluss befördern. "So können wir also Niederschlagswasser auch bei Hochwasser in die Altmühl pumpen", sagt Hinterleitner.

Die größte der vier Baustellen, die Stadthalle, wird bekanntlich im späten Frühjahr fertiggestellt sein, und auch der Stauraumkanal werde noch heuer fertig, erfuhren die Besucher der Info-Veranstaltung. Der größte Teil des Hochwasserschutzes sei bis zum nächsten Jahr zu bewältigen, anschließend werde ein zweiter Bauabschnitt (von der Oettinger zur Spitalstraße) in Angriff genommen. Die Renaturierung beginne 2020 und sei im darauffolgenden Jahr, spätestens aber 2022, abgeschlossen.

Dann wird die Gefahr von Hochwassern aller Art weitestgehend gebannt sein, und der Südwesten der Stadt wird ein völlig neues Gesicht bekommen haben. Bürgermeister Karl-Heinz Fitz jedenfalls ist sich, wie er am Ende des Info-Spaziergangs bei der Verabschiedung von den Teilnehmern betonte, sicher: "Ihr Geld ist hier gut angelegt."

 

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