Gunzenhausen: Bessere Perspektiven für Wirtschaftsschule

19.3.2019, 06:27 Uhr
Gunzenhausen: Bessere Perspektiven für Wirtschaftsschule

© Tina Ellinger

Noch ist es ein Modellversuch, an dem die Bildungseinrichtung ab Herbst teilnimmt, erklärt Thomas Grad, Leiter des Beruflichen Schulzentrums Gunzenhausen. Der Prozess hin zu dieser Änderung von vier- auf fünfstufig begann im Schuljahr 2012/2013, als zunächst an fünf Wirtschaftsschulen in Bayern die fünfstufige Variante getestet wurde. Heuer wird die Pilotphase auf weitere Schulen ausgeweitet und mündet dann ab 2020/2021 in die flächendeckende Einführung.

Laut der bei dem Modellversuch gewonnenen Erkenntnisse "macht es durchaus Sinn, dass die Kinder früher zu uns kommen", ist Grad überzeugt. Die neue 6. Klasse wird ihren Schwerpunkt in den grundlegenden Fächern Deutsch, Englisch und Mathe haben. Die berufliche Ausrichtung — das Aushängeschilder der Wirtschaftsschule — kommt dann in der 7. Klasse dazu.

Genau diese Ausrichtung ist der Unterschied zur Realschule. "Die Wirtschaftsschule bereitet in erster Linie auf kaufmännische Berufe vor, und zwar in Theorie und Praxis", erläutert Grad weiter. Durch diese zwei Zugänge zu einem Thema falle es den Schülern leichter, es wirklich zu begreifen, so seine Erfahrung. Auch die Lehrer kommen größtenteils aus der Wirtschaft und haben einen direkten Bezug zu den Betrieben.

Um den Praxisbezug noch zu verstärken, wurde vor fünf Jahren ein neuer Lehrplan eingeführt, der die alten Inhalte der Wirtschaftsschule verändert hat. So werden etwa Fächer wie Rechnungswesen oder Betriebswirtschaftslehre in praxisnahe Situationen eingebunden. Dazu kommt eine große Stundenzahl in der Woche für die sogenannte Übungsfirma, in der die Jugendlichen quasi "direkt am Objekt" lernen. Die übrigen Fächer wie Mathe oder Mensch und Umwelt orientieren sich an diesen praxisnahen Situationen. "Die Schüler werden mit dieser Art zu unterrichten viel mehr angesprochen", ist der Schulleiter sicher.

"Es geht nicht nur darum, Wissen zu vermitteln, sondern es auch anwenden zu können", ergänzt der stellvertretende Leiter der Wirtschaftsschule, Wolfgang Förtsch. "So bekommen die Betriebe gut vorbereitete Auszubildende." Ein weiterer Vorteil liegt für die beiden darin, dass Mathe nach dem neuen Lehrplan jetzt durchgängig verpflichtend für alle Schüler ist und nicht mehr abgewählt werden kann. Das sei nicht nur für diejenigen, die anschließend die FOS absolvieren möchten, von Vorteil, sondern für alle Schüler. Denn: "Kein Mathe ist kein Vorteil", bringt es Grad auf den Punkt. Schließlich solle es nicht heißen: "Die von der Wirtschaftsschule können nicht rechnen. Vielmehr soll das Ansehen der Schule hoch bleiben. Und dann muss man das eben ändern."

Die Kritik seitens des BLLV an der Einführung der fünfstufigen Wirtschaftsschule stößt bei Grad durchaus auf Verständnis, kämpfen doch aufgrund der Demographie sämtliche Schularten um Schüler: "Es ist ein weiterer Aderlass für die Mittelschule. Für uns ist es gut." So hofft er, wie mit den aktuell 220 Schülern, alle Jahrgangsstufen zweizügig laufen lassen zu können, was kleine, überschaubare Klassen möglich macht und für Grad noch einen weiteren Vorteil hat: Dadurch kann die sogenannte iPad-Klasse, die seit zwei Jahren angeboten wird, gebildet werden. "Um diese Medien kommt man nicht mehr umhin", stellt der Schulleiter klar. "Die jungen Leute wachsen damit auf, müssen aber auch damit umgehen lernen", erklärt er.

Seine Anwendung im Unterricht findet das iPad dann "wenn es sinnvoll ist. Es ist ein zusätzliches Werkzeug", erläutert Förtsch, der die Lehrer gerne als Bergführer bezeichnet, die mit den Kindern zusammen den Berg besteigen und letztlich die Prüfung bestehen wollen. "Wir — die Schüler und Lehrer — wollen das gleiche: den Abschluss schaffen", betont er. Grundlage dafür sei es seiner Meinung nach, dass die Kinder gerne zur Schule gehen und sich wohlfühlen. Dafür stehe auch das Motto der Wirtschaftsschule Gunzenhausen, kurz WSG: Wissen praxisnah vermitteln, Selbstständigkeit fördern, Gemeinschaft erleben.

Mit einem bunt gemischten Programm stellt sich die Wirtschaftsschule am Samstag, 23. März, der Öffentlichkeit vor. Von 11 bis 15 Uhr haben Besucher an diesem Tag Gelegenheit, sich von den Angeboten der Einrichtung selbst ein Bild zu machen. Von Montag, 25. März, bis Freitag, 5. April, werden dann die Anmeldungen für die neue 6. oder selbstverständlich auch die 7. Klasse entgegengenommen. Das ist Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr und Dienstag und Donnerstag von 12 bis 17 Uhr im Sekretariat der Schule möglich (Telefon 09831/ 674270, www.bsz-gun.de).

Bis 9. August kann man sich außerdem für die zweistufige Wirtschaftsschule anmelden, die nach zwei Jahren (10. und 11. Klasse) zur mittleren Reife führt.

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