Gunzenhausen: "Frank Sinatra" blieb stumm

18.6.2017, 17:20 Uhr
Gunzenhausen:

© Jürgen Eisenbrand

Und das war durchaus schade. Denn als ein Zuschauer den Rathaus-Chef nach eineinhalb Songs darauf aufmerksam machte, dass sein Mikrofon streikte und der sich ein anderes griff, konnte man bei "Strangers In The Night" und dem unvermeidlichen "New York, New York" hören, dass Dörr der vermutlich beste Sänger unter den Kommunalpolitikern weit und breit ist. Cool und lässig, mit lockerem Hüftschwung absolvierte er sein Repertoire — und holte sich dafür seinen verdienten Applaus.

Warme Winterkleidung

Drohend stand eine schwarze Wolkenwand am Himmel, eine kühle, steife Brise strich übers Wasser, und so verwunderte es nicht, dass viele der rund 250 Besucher noch einmal ganz tief in den Stapel mit den Winterklamotten gegriffen hatten: Warme Anoraks, dicke Fleecejacken und wärmende Wolldecken waren sehr nützliche Utensilien an diesem kalten Abend am Altmühlsee. Und auch etliche der rund 50 Musiker hatten sich über die weißen Hemden und grünen Westen etwas Kuscheliges übergestreift.

Johann Schlackl, Dörrs Stellvertreter im Wolframs-Eschenbacher Rathaus, führte durch das mehr als zweieinhalbstündige Programm, das der Musikverein unter Dirigent Michael Maag zu seinem 30-jährigen Bestehen im vergangenen Jahr einstudiert hatte. Unterstützt werden die jungen Instrumentalisten dabei von Gastmusikern (unter anderem der Orchestergemeinschaft Nürnberg), einem achtköpfigen Projektchor und dem "Gesangs-Profi" Jennifer Edel.

Gunzenhausen:

© Jürgen Eisenbrand

Schlackl lud das Publikum ein, an diesem Abend "verschiedene musikalische Häfen anzulaufen", und begleitete es sodann von Italien (Triumphmarsch aus Verdis "Aida", Gefangenenchor aus "Nabucco", Puccinis "O Mio Babbino Caro" und Filmmelodien von Ennio Morricone) über Frankreich ("I Will Follow Him" aus "Sister Act"), die USA (Medley aus Jim Steinmans "Tanz der Vampire" und Michael Jacksons "We Are The World", durch die Karibik ("Pirates of the Caribbean") bis nach Schweden (Abba-Medley) und London (Queen in Concert). Motto: einmal rund um die Musikwelt, durch zwei Jahrhunderte und diverse Stilrichtungen — inklusive einem Besuch beim "König der Löwen".

Dabei hatten die Musiker an diesem Abend mit zwei erbitterten Gegnern zu kämpfen: Zum einen verwehte der kräftige Wind immer mal wieder feine Nuancen ihres Spiels. Und zum anderen hatte der Mann am Mischpult nicht seinen besten Tag erwischt; der Sound ließ phasenweise doch etwas zu wünschen übrig. Die starken Stimmen der Sänger – insbesondere von Jennifer Eder und ihrem Solo-Partner Stefan Hofer ("Totale Finsternis" aus "Tanz der Vampire") — waren gegen die akustische Gewalt des großen Blechs aus dem Bühnenhintergrund bisweilen machtlos. Schade — und keineswegs den Vokalartisten anzulasten.

Das spürte auch das Publikum: Es honorierte die Darbietungen der Künstler mit freundlichem bis stürmischem Applaus. Außerdem – und das war an diesem Abend wohl das größte Kompliment für den Musikverein: Es hielt bei zunehmend eisigen Temperaturen bis zum Ende durch, erstritt sich mehrere Zugaben — und wurde dafür zum Finale noch einmal belohnt: Der "Frank Sinatra von Wolframs-Eschenbach" griff noch einmal lässig zum Mikrophon und legte seine Show noch ein zweites Mal hin — ebenso gekonnt und diesmal ohne jede technische Panne.

 

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