Gunzenhausen: Mädchenrealschule wird männlicher

22.1.2019, 05:58 Uhr
Gunzenhausen: Mädchenrealschule wird männlicher

© Tina Ellinger

Das Schreiben aus München ist aber wohl nur eine Formsache. Die Weichen sind gestellt, dass ab September auch Jungen in der Realschule aufgenommen werden können. Sobald alles den offiziellen Weg durchlaufen hat, kann es losgehen. "Die Pläne liegen bereits in der Schublade", schmunzelt Anita Blasig und ist sichtlich erleichtert darüber, dass die Stiftung eigene Handwerker beschäftigt, die dann auch sofort loslegen können.

Zuallererst müssen Toiletten für die Jungen gebaut werden, in der Turnhalle gibt es bereits mehrere Umkleideräume, die nur umgewidmet werden müssten. Ob der Sport künftig koedukativ, also Mädchen und Buben zusammen, unterrichtet wird, ist laut Anita Blasig noch offen. In den Klassen fünf und sechs sei das durchaus üblich, müsse aber mit dem Kultusministerium und dem Elternbeirat abgestimmt werden. "Aus der Grundschule sind es die Kinder eigentlich so gewohnt. Wir müssen uns aber noch überlegen, wie wir das machen wollen", erklärt die Schulleiterin, die das Thema auch beim Info-Abend für die neuen Eltern ansprechen wird. Einen männlichen Sportlehrer gibt es auf jeden Fall schon mal.

Mit Platzmangel rechnet sie in dem Gebäude in der Lindleinswasenstraße durch die Aufnahme von Jungen vorerst nicht. Aktuell werden dort 314 Schülerinnen in zwölf Klassen unterrichtet. 65 Mädchen sind in den Abschlussklassen, sodass in jedem Fall diese Zahl an neuen Schülern im Herbst aufgenommen werden könnte. Im September 2018 waren es knapp 50 neue Mädchen. Zudem ist ein Klassenzimmer momentan an die benachbarte Fachakademie für Sozialpädagogik vermietet, und es stehen einige Ausweichräume zur Verfügung. "Wir müssen einfach schauen, wie es sich entwickelt. Wir nehmen erst einmal, wer kommt und geeignet ist", blickt sie optimistisch in die Zukunft.

Aktuell liegen bereits einige Voranmeldungen für Jungen vor, die ab Herbst in die fünfte Klasse der Mädchenrealschule gehen möchten (ein Einstieg direkt in eine höhere Klasse ist nicht möglich). Dass dann der Name geändert werden muss, ist für die engagierte Schulleiterin selbstverständlich: Sie wird dann offiziell Realschule Hensoltshöhe der Stiftung Hensoltshöhe heißen. "Neue Schilder sind bereits bestellt", verrät die 47-Jährige, die vorher zehn Jahre lang an einer Knabenschule in Schrobenhausen tätig war.

Sie bringt also so einiges an Erfahrung im Umgang mit männlichen Schülern mit, und sie hat in den vergangenen Monaten bereits gemerkt: "Das sind völlig verschiedene Verhaltensweisen." Mädchen, so ihre Beobachtung, helfen sich gegenseitig, sind gewissenhaft und ordentlich. "Schlechte Leistungen beziehen sie sofort auf sich, bei Jungs sind meistens andere Dinge schuld", erzählt sie. "Ich bin gespannt, was und wie viel sie sich voneinander abschauen."

Die Entscheidung, künftig auch Buben "auf der Höh’" zu unterrichten, hat, wie berichtet, mehrere Gründe: zum einen der finanzielle Anreiz; bisher floss nur die Hälfte an staatlichen Zuschüssen, künftig kann die gesamte Summe in Anspruch genommen werden. Zum anderen der Bedarf: "Die Anfragen waren da, dass auch Jungen in Gunzenhausen eine Realschule besuchen möchten."

Für Anita Blasig kommt noch ein weiterer Grund dazu: das christliche Profil der Schule. "Warum soll das nur für Mädchen sein? Das, was wir ihnen mitgeben möchten, brauchen die Jungs doch genauso", ist sie sicher. "Wir begleiten die Kinder durch die Pubertät, und da ist es nicht schlecht, das vor Ort zu erleben und die Verhaltensweisen des anderen zu sehen."

Für die Schulleiterin ist klar, dass auch Themen wie Partnerschaft und Sexualität zur Erziehung gehören, und sie findet es schön, "wenn wir ihnen — Jungen und Mädchen — da etwas mitgeben können". Genauso klar ist ihr, dass noch so manche Fragen für sie und ihre 26 Kollegen, von denen einige bisher nur Mädchen gewohnt sind, offen sind. "Aber wir lernen von Jahr zu Jahr. Das wird sich ab der fünften Klasse von unten aufbauen", ist sie sich sicher. Und zuversichtlich, die kommenden Aufgaben zu meistern.

Anmeldewoche für die Realschule ist vom 6. bis 10. Mai, vom 14. bis 16. Mai findet der Probeunterricht statt

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