Gunzenhausen: "Mitarbeiter führen ist wie guter Sex"

27.11.2018, 06:13 Uhr
Gunzenhausen:

© Jens Schierenbeck/dpa

Vor 30 Jahren stieg Krenzer in den elterlichen Betrieb in Ehrenberg-Seiferts ein. Die "Krone" war damals ein typisches Gasthaus, auf der Speisekarte wurde die ganze Schnitzelpalette von "Jäger" bis "Wiener" geboten, es gab Toast Hawaii und serbische Bohnensuppe, Klassiker halt. Der gelernte Koch wollte in der nunmehr vierten Generation "etwas anders" machen – und krempelte den Laden komplett um. Aus der "Krone" wurde das Gesamterlebnis "Krenzers Rhön", 25 Mitarbeiter, darunter sechs Auszubildende, zählt der Betrieb heute und bietet vom Schäferwagenhotel bis hin zum Apfelsherry und Gerichten rund ums Rhönschaf ein regionales Gesamtpaket.

Natürlich ging der Wandel nicht reibungslos über die Bühne. Dass er ausgerechnet auf die vom Aussterben bedrohten Rhönschafe, die auch noch "dreimal so teuer" wie ihre Artgenossen aus Neuseeland sind, setzen wollte, sorgte damals auch für viel Unverständnis. Der Grundstein für seine Drei-Phasen-Theorie war gelegt: "Wenn dich alle für deine Idee auslachen, dann bist du auf dem richtigen Weg!" Von der "Auslachphase" geht es dank sich einstellender erster Erfolge direkt in die "Anmachphase". Alles und jedes werde hinterfragt, das Umfeld werfe einem Knüppel zwischen die Beine, Neidkultur Deutschland in Reinform. Wenn es dann langsam in die "Abkupferphase" übergeht, muss man sich laut Krenzer keine Sorgen machen, schließlich habe man mittlerweile ja mindestens drei Jahre Vorsprung.

Saßen noch vor gar nicht so langer Zeit diejenigen, die sich bei ihm um einen Aus- oder Arbeitsplatz bewarben, Krenzer nervös gegenüber, so ist heute er derjenige, der bei einem Vorstellungsgespräch aufgeregt ist. Besser als gute Mitarbeiter zu suchen, ist es deshalb, gute Mitarbeiter zu halten, denn sie sind "das wertvollste Gut, das wir besitzen".

Wie also umgehen mit diesem wichtigen Rohstoff, dem Öl im Getriebe eines jeden Unternehmens? "Mitarbeiter können nicht motiviert werden" lautet Krenzers erste von drei Thesen, die nach seinen Worten nicht "wissenschaftlich fundiert" sind, sondern aus Erfahrung gereift. Aber der Schritt davor kann vermieden werden: die Demotivierung der Mitarbeiter.

Auch er selbst ist nicht unfehlbar und zeigt dies an einem Beispiel aus der eigenen Küche: Einem seiner Köche waren die Bratkartoffeln angebrannt. Der Koch machte nicht zum ersten Mal Bratkartoffeln, zig Mal am Tag wird die Beilage geordert. Dass es 99 Mal gut geht und wenn der Chef guckt, dann klappt es nicht, das kennt wohl jeder Angestellte. Damals hat er den Koch angepfiffen, heute würde er die verbrannten Kartoffeln einfach aus der Pfanne klauben.

Nicht vorschreiben, sondern vorleben

Demotivierend ist aber auch, wenn der Mitarbeiter ein Anliegen hat und der Chef keine Zeit für ein Gespräch. "Gestaltungsmöglichkeiten" ist auch ein wichtiges Stichwort, er selbst schreibe seinen Angestellten nichts vor, sondern versuche es vorzuleben. Gleiches gilt für eine Firmenphilosophie, das Aushängen allein bringe herzlich wenig.

Aber auch Kunden und Gäste können Mitarbeitern den Spaß an ihrem Tun verderben. Für Krenzer steht deshalb fest: Mitarbeiter müssen gut behandelt werden und zwar nicht nur vom Chef. "Emotionale Tretminen und Gefühlsterroristen" haben in Krenzers Restaurant deshalb Hausverbot – sind aber auch als Mitarbeiter unerwünscht. "Man muss auch mal auf Kunden verzichten können und sich lieber vor seine Mitarbeiter stellen", ist der Gastronom überzeugt.

Dazu braucht es Mut, das weiß Krenzer natürlich. Den braucht es auch für die Umsetzung seiner zweiten These, die schlicht "Exit" lautet und "Loslassen" meint. Wichtigste Voraussetzung dabei ist, den Mitarbeitern Vertrauen zu schenken. Die könnten eh oft mehr als der Chef, gemäß dem Motto: "Möchten Sie den Chef sprechen oder jemanden, der sich auskennt?"

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© Foto: Marianne Natalis

Er selbst gönnt sich mit seiner Familie – die für ihn das höchste Gut ist – im Sommer eine sechswöchige Auszeit. Das war anfangs nicht einfach, doch offensichtlich der richtige Weg. Sein Laden läuft auch in diesen Zeiten und bei ihm steht mittlerweile die fünfte Generation in den Startlöchern. Wer nicht loslassen kann, der "wird in Zukunft zu den Verlierern gehören".

Die Quintessenz und dritte These des rührigen Unternehmers hat er sich von den Schäfern abgeguckt. Die lassen ihre Tiere einfach weiden und bringen nicht unnötigen Aufruhr rein, indem sie ständig zwischen der Herde herumrennen. Gleiches gilt fürs Team: "Lassen Sie Ihre Leute einfach in Ruhe!", lautet Krenzers ernst gemeinter Rat an seine Kollegen.

Ein plakatives Beispiel sind für ihn die allgegenwärtigen Mitarbeitergespräche. Die führe doch keiner wirklich gerne, ist Krenzer überzeugt. Gut mit den Mitarbeitern zu kommunizieren, sei besser ohne solche Pflichttermine möglich. Wenn erst einmal Sand ins Getriebe gekommen ist, dann nutzt nach seiner Ansicht auch ein externer Berater herzlich wenig. Die würden zwar die notwendigen Techniken kennen, hätten aber oft keine Kompetenz. Wenn es knirscht, dann sei der Chef gefragt.

Und was hat das jetzt alles mit gutem Sex zu tun? Ganz einfach: Es braucht "Lust, Empathie, Ausdauer und gemeinsames Glückgefühl", schon läuft der Betrieb.

Musikalisch umrahmt wurde die Veranstaltung von dem Claus-Raumberger-Ensemble.

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