Gunzenhausen: Star-Parade in der Stadthalle

24.1.2019, 17:29 Uhr
Gunzenhausen: Star-Parade in der Stadthalle

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Sechs Kultur-Events für Erwachsene und zwei für Kinder hatten Stadthallen-Manager Holger Syhre und Astrid Sieglitz (Kulturbüro) auf ihrer Vorschlagsliste stehen, die der Ausschuss absegnen sollte — und das am Ende auch einstimmig tat. Gesamt-Kosten: rund 75 000 Euro.

"Kultur für Alle" nennt Syhre das Motto, unter dem das Theater-Paket steht. Und das neben drei Komödien auch eine Tragikomödie, eine Operette und ein Weihnachtsstück umfasst. Daneben soll es in der Stadthalle zahlreiche Gastspiele freier Veranstalter geben, und die Altmühlsee-Festspiele werden Ende Juni dreimal mit der Komödie "Paradiso" unter freiem Himmel in Schlungenhof gastieren. Gesteigerten Wert will Syhre künftig darauf legen, nicht mit Kulturterminen in Weißenburg oder Ansbach zu kollidieren — eine Strategie, die er "Wettbewerbsvermeidung" nennt.

Die Boulevard-Komödie "Mr First President" mit Max Volkert Martens ("Der Baader-Meinhof-Komplex", mehrere "Tatort"-Krimis) eröffnet am Samstag, 19. Oktober, die 43. Spielzeit des Theater-Abos. Eine Gruppe von Milliardären gründet eine neue Partei und macht den einflussreichen Fernsehstar Edward Tishler (Martens) zu ihrem Präsidentschaftskandidaten. Geschickt nutzt man die moderne Medien-Vielfalt, Tishlers Umfragewerte schnellen in die Höhe, die Partei feiert ihn. Doch dann gibt’s Probleme. "Anspielungen auf die Gegenwart" seien da leicht herauszulesen, meinte Stieglitz schmunzelnd. 8990 Euro muss die Stadt (zuzüglich Nebenkosten) dafür an das Münchner Tourneetheater a.gon überweisen.

Der schon zweimal in Gunzenhausen gefeierte Walter Sittler ("Der Kommissar und das Meer") kommt am Samstag, 15. Dezember, in die maximal 792 Zuschauer fassende Stadthalle. Der Grimme-Preisträger erzählt in heiter-philosophischem Plauderton Erich Kästners autobiografische Erinnerungen an seine Kindheit in einem intensiven mal lustigen, mal witzigen, mal melancholischen Monolog. Dazu gibt’s Musik von den "Sextanten" (9000 Euro).

Gunzenhausen: Star-Parade in der Stadthalle

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Am Freitag, 17. Januar 2020, kommen Operettenfreunde auf ihre Kosten: beim "Schwarzwaldmädel" von Leon Jessel. Das vor mehr als 100 Jahren uraufgeführte musikalische Lustspiel dreht sich genretypisch und Liebe und Eifersucht, Herz und Schmerz — und ist mit 13 500 Euro das teuerste Stück der Saison. "Ein großes Orchester und viele Akteure", nennt Stieglitz dafür als Grund, und sie kündigt an, für spontane Walzertänzer ein wenig Platz vor der Bühne zu schaffen.

"Gnadenlos komisch"

"Eine Familie", vielfach preisgekrönt und ein Riesenhit am Broadway, verfilmt mit Meryl Streep und Julia Roberts, gastiert am Samstag, 1. März 2020, in Gunzenhausen. Die Familien-Tragikomödie von Tracy Letts sei "zweifelsohne (und ohne Übertreibung) das aufregendste neue Broadway-Stück seit Jahren! Diese Turbo-Tragikomödie, gnadenlos komisch und bitterbös traurig zugleich, bringt die Theatersaison augenblicklich auf Hochtouren", schwärmte der Kritiker der New York Times. Film- und Theater-Legende Doris Kunstmann ("Happy Birthday, Türke!", "Frauen sind was Wunderbares", viele TV-Serien) spielt eine der Hauptrollen, die Konzertdirektion Landgraf berechnet der Stadt 9900 Euro für das Stück.

Kult-Komödie "Schtonk"

Die Kult-Komödie "Schtonk" um die gefälschten Hitler-Tagebücher, mit denen der "Stern" weltweit Millionen verdienen wollte — und sich stattdessen weltweit blamierte —, ist am Freitag, 8. Mai 2020, zu sehen. Luc Veit ("Die dunkle Seite des Mondes", diverse "Tatorte") spielt den sensationsgeilen Reporter, der auf die Fälschungen des verkrachten Künstlers (Carsten Klemm) hereinfällt — ein Duo, das Helmut Dietl in seinem gleichnamigen Film mit Götz George und Uwe Ochsenknecht genial besetzte. Die großartige Medien-Satire (Stichwort: "Fake News") kostet 9950 Euro.

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Das Finale der Theater-Saison bestreiten am Freitag, 29. Mai 2020, die "Golden Girls", jenes Quartett alternder Damen, das durch die gleichnamige TV-Serie weltbekannt wurde. "Gönnen Sie Ihren Lachmuskeln einen Ausflug in die bekannteste WG der Welt mit den wahrscheinlich umwerfendsten Ladies der Geschichte", wirbt die Braunschweiger Komödie am Altstadtmarkt für ihr Tourneestück. "Blanche, Rose, Dorothy und vor allem Sophia mit ihren bissigen Sprüchen bieten großen Spaß und sorgen für Lacher auf Lacher" — für 5750 Euro.

Deutlich günstiger (3000 beziehungsweise 3950 Euro) sind die beiden Kinderstücke "Alles Weihnachten mit dem kleinen Raben Socke" (2. Dezember) und "Pegga Pig – Überraschungsparty" (9. März 2020).

Trotz Operette und dreier Komödien — in der der Programm-Präsentation folgenden Diskussion beklagte SPD-Stadtrat Alfred Müller das Fehlen einer Volkstheater-Aufführung à la "Chiemgauer": "Viele Leute wollen einfach nur abschalten und lachen."

Diese Sparte, erklärte Astrid Stieglitz, werde von Gastspiel-Theatern abgedeckt, und Syhre ergänzte, dass die Stadt ganz bewusst zu diesen gewerblichen Anbietern nicht in Konkurrenz treten wolle. Und zudem sei, so Müllers Parteifreundin Cornelia Röhl, "der Schenkelklopfer-Humor durch die Dorfbühnen gut abgedeckt".

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Nachdem in den letzten Jahren, in denen das Theater-Abo in die Zionshalle ausgewichen und einige Abonnenten verloren habe, Kritk am hohen Defizit laut geworden sei, könne er nachvollziehen, "dass das Programm sich am gängigen Geschmack orientiert", sagte der Grüne Peter Schnell. "Ich würde mir allerdings modernere Stücke wünschen, die auch jüngere Besucher ansprechen."

Der Idee von CSU-Stadtrat Arno Dernerth, dass die Stadt, um das Defitiz abzumildern, eine garantiert gewinnbringende Veranstaltung, wie etwa ein Viva Voce-Konzert, organisieren solle, konnte Stadthallen-Manager Syhre nichts abgewinnen: "Wenn wir damit in den Wettbewerb gehen, verlieren wir vier bis fünf andere Veranstaltungen", denn der Markt ziehe sich dann sofort zurück. "Unser Auftrag ist die kulturelle Daseinsvorsorge", betonte Syhre. Und Bürgermeister Karl-Heinz Fitz stellte ganz nüchtern fest: "Kultur kostet eben Geld."

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