Gunzenhausen: Tierschutz hängt vom Verbraucher ab

5.1.2017, 06:31 Uhr
Gunzenhausen: Tierschutz hängt vom Verbraucher ab

© Jens Büttner

Hintergrund sind die jüngsten offiziellen Zahlen des Statistischen Bundesamts, die belegen, dass die schon seit über zwei Jahren schwelende Krise der Milch- und Schweinemärkte zu einem dramatischen Verlust an Betrieben führt. So haben von 2014 bis 2016 bundesweit zehn Prozent der Milchvieh- und neun Prozent der Schweinehalter aufgegeben — insgesamt rund 10 000 Betriebe.

Diese Strukturveränderungen kamen aber nicht unvorhergesehen, schreibt „Slow Food Altmühlfranken“ in einer Pressemitteilung. Die Erzeugerpreise für Milch, Schweinefleisch und Ferkel sind massiv gesunken, und weder die Milch- und Fleischverarbeitungsindustrie noch die Bundesregierung haben entscheidende Schritte unternommen, um den betroffenen Bauern zu helfen.

Angesichts von über 300 Euro je Hektar Direktzahlungen und weiteren rund 100 Euro je Hektar und Jahr im Rahmen von Agrarumweltprogrammen stelle sich für „Slow Food Altmühlfranken“ die Frage, warum im Rahmen dieser steuerfinanzierten Hilfen für landwirtschaftliche Betriebe nicht kurzfristig wirksame Unterstützungen im Bereich der Tierhaltung möglich waren.

Bei der Milch sei jene Entwicklung seit der Aufgabe der Quotenregelung absehbar gewesen, aber es wurden bis Mitte 2016 keine Anreize zu Mengenreduzierungen angeboten. Im Bereich des Schweinemarkts biete die Bundesregierung keine umfassenden Perspektiven an, um wirtschaftlich ertragreiche und gesellschaftlich akzeptable Lösungen zu unterbreiten, beklagt die Bewegung.

Dabei wäre es aus ihrer Sicht angezeigt, dass EU, Bund und Land den Bauern bei der notwendigen Suche nach tierschutzgerechten Tierhaltungssystemen und angesichts der Gefahr der regionalen Überdüngung tatkräftig zur Seite stünden. Hier könnten laut „Slow Food“ von den jährlich über 400 Euro Steuergeldern pro Hektar mehr für glaubwürdige Alternativen eingesetzt werden.

„Slow Food“ zufolge sind aber nicht alleine die Lebensmittel verarbeitende Industrie und der Staat gefragt. Auch die Verbraucher hätten eine Verantwortung beim täglichen Lebensmitteleinkauf. Leider sei diese machtvolle Position den meisten als Kunden an den Theken und Kassen nicht bewusst. 100 Gramm Schnitzel für weniger als einen Euro, ein Liter Milch für unter 70 Cent oder ein Liter Apfelsaft für unter einem Euro sollten signalisieren, dass hier weder ein fairer Preis für die Bauern noch eine Würdigung der Kulturlandschaftsleistung oder ein Beitrag zur Umweltentlastung gezahlt wird.

Wenn alle bereit wären, auf die vielen Angebote bäuerlicher Betriebe und die handwerklichen Verarbeiter aus der Region zu setzen, könnte auch in Altmühlfranken eine zusätzliche regionale Wertschöpfung in einer Größenordnung von rund 450 Euro je Jahr und Hektar erzielt werden, glaubt „Slow Food Altmühlfranken“. Tatsächlich aber werden nur rund 200 Euro je Hektar (0,30 Euro pro Tag und Einwohner) regionale Wertschöpfung durch gezielte Nachfrage nach bäuerlicher Qualität aus überprüfbarer Nähe erzielt. Deshalb lautet der Appell der Bewegung: „Da ist noch viel Luft nach oben, ohne das eigene Haushaltsbudget zu überziehen.“

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