Gunzenhäuser Zusteller bringt Zeitung mit Mopedauto

14.1.2019, 05:56 Uhr
Gunzenhäuser Zusteller bringt Zeitung mit  Mopedauto

© Micha Schneider

Sogar die Hasen sind beeindruckt von diesem Gefährt, das ein wenig so aussieht, als hätte jemand ein Playmobil-Auto in Miniaturformat nachgebaut. Fast jeden Tag begegnet Menzel nämlich solch einem Hasen, der stets über die Straße hoppelte, als er ihn – seinerzeit noch mit dem Fahrrad – hatte kommen sehen. Hase und Zusteller – man kennt sich. Doch plötzlich war alles anders. "Der saß dann nur noch da und hat ganz schön geschaut, als ich mit dem Auto kam", so Menzel. Erst als er mit seinem Gefährt "Charly", ein Mopedauto mit 50 Kubikmotor, an ihm vorbeigefahren war, sah er ihn im Rückspiegel über die Straße laufen.

Es hat sich für ihn also einiges getan. Das Auto sei zwar klein, "aber es fährt gut", sagt Roland Menzel. Seit November trägt der 66-jährige mit diesem selbst wieder zusammengebastelten und reparierten Auto täglich die Zeitungen aus. Mit Playmobil hat das allerdings wenig zu tun. Charly ist Baujahr 1984 und "stand 20 Jahre einfach nur rum", wie es Menzel formuliert. Irgendwo, verlassen in der Garage.

Doch Charly wurde doch irgendwann wieder gebraucht. Als Fortbewegungsmittel, um die Zeitungen auszutragen. Seit knapp elf Jahren nun trägt Menzel schon den Altmühl-Boten aus.

Zu Beginn ein halbes Jahr lang mit einem normalen Fahrrad, anschließend baute sich der Kfz-Mechaniker ein dreirädriges Fahrrad mit einer eigenen Zeitungsklappe und einem großen Windschutz vorne zusammen. "Damit bin ich bis Oktober gefahren", sagt Menzel. So lange, bis er sich wieder an Charly erinnert hat.

Wegen einer Operation wurde das Fahrrad fahren für den 66-jährigen Rentner immer schwieriger, dazu der eisige Winterwetter und der kalte Wind. Ein knappes dreiviertel Jahr hat Menzel deshalb investiert, um seinen Charly wieder auf Vordermann zu bringen. Es habe ganz schön lange gedauert, bis man alle Ersatzteile zusammenbekommen hat, berichtet Menzel. Doch am Ende hat alles geklappt.

Roland Menzel war schon immer ein Bastler und Tüftler. Der 66-Jährige ist unter anderem Vorstand der Sektion Nürnberg des Deutschen Erfinderverbands und versuchte sich in
der Vergangenheit öfters damit, Patente anzumelden. Damit dann auch noch Geld zu machen sei aber ziemlich schwierig, berichtet er.
Jetzt hat er seinen Charly wieder neu erfunden, so jedenfalls, dass er damit gut seine Zeitungen austragen kann.

Nach langen 20 Jahren verrichtet er wieder seinen Dienst. "Und die Heizung springt auch sehr schnell an. Ich bin super zufrieden mit ihm", sagt Menzel. Zeitlich sei es zwar kein großer Unterschied zum Fahrrad, mit dem man schließlich auch schneller oder besser wenden könne, aber der Komfort ist durch Charly deutlich gestiegen. Ein bisschen wie ein Motorroller hört es sich nun an, wenn Menzel mit ihm im Morgengrauen durch Gunzenhausen tuckert, vorbei an Hasen und oftmals auch interessierten Beobachtern. "In der Region gibt es ja viele Urlauber, die schauen schon immer ganz interessiert, wenn ich vorbeifahre", sagt Menzel. Einmal habe auch plötzlich mitten in der Nacht ein Lkw-Fahrer neben ihm angehalten. "Ich habe mich schon gefragt, was will der denn jetzt?", sagt Menzel. Doch wie sich herausstellte, galt auch sein Interesse einzig und allein: Charly.

Er wird also noch länger eine kleine Attraktion bleiben, für Urlauber, Lkw-Fahrer oder Hasen. Denn auch wenn er sein Fortbewegungsmittel schon zweimal geändert hat, Charly will Menzel nicht mehr hergeben. "Ich fahre mit ihm solange, bis ich damit aufhöre."

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