Gunzenhäuserin engagiert sich in Namibia

21.1.2017, 07:28 Uhr
Gunzenhäuserin engagiert sich in Namibia

© Stefanie Braun

Für die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) ist sie in Namibia die Verantwortliche für das Projekt „One World, No Hunger – Eine Welt ohne Hunger“. Den südafrikanischen Staat hat die 31-Jährige bereits als Austauschstudentin und als Praktikantin der KAS im Referendariat kennen und lieben gelernt.

In Namibias heißen Sommermonaten, Dezember und Januar, hat Stefanie Braun einen Kurztrip nach Deutschland unternommen. Da selbst im Winter die Temperaturen dort selten unter 20 Grad Celsius sinken, beginnt man sogar die triste, feucht-kalte Jahreszeit hierzulande zu vermissen. Und Weihnachten! „In den Shopping-Malls stehen zwar geschmückte Plastikbäume, aber so richtig Weihnachtsstimmung kommt im Sommer nicht auf“, berichtet die quirlige junge Frau.

Obwohl Namibia ein christliches Land ist, und bis zum Ende des Ersten Weltkriegs eine deutsche Kolonie war, kennt man dort keine Geschenketradition oder Weihnachtsessen mit der Familie. Aber das hat die 31-Jährige so sehr vermisst, dass sie nun eine Urlaubsreise nach Gunzenhausen unternommen hat. Neben Familie, Plätzchen und Geschenken gibt es momentan sogar noch Schnee obendrein.

Teilhabe von Frauen

Gunzenhäuserin engagiert sich in Namibia

© Stefanie Braun

Mitte Januar geht es wieder zurück nach Namibia, in die Hauptstadt Windhoek, wo Stefanie Braun mit ihrem Freund und Hund „ganz normal“ in einem Reihenhaus wohnt und wo ihr Arbeitgeber, die KAS, einen seiner Auslandssitze hat. Die Stiftung, die politisch der CDU nahe steht, nennt Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität als ihre Leitprinzipien. Sie leistet keine finanzielle Unterstützung, sondern trägt zur politischen und zur Demokratiebildung bei; durch „gesellschaftspolitische Aus- und Fortbildungsprogramme“, wie die KAS auf ihrer Homepage schreibt, fördert sie die Festigung der „demokratischen Verfassung sowie die sozio-ökonomische und politische Teilhabe von Bürgern“, besonders von Frauen.

Um Letztgenannte geht es auch bei der Unternehmung „Eine Welt ohne Hunger“ – Zielgruppe sind verwitwete oder alleinlebende Frauen. Das Projekt ist ein bisschen umständlich unterschrieben mit „Stärkung von Landnutzungs- und Landbesitzrechten von Frauen in Subsahara-Afrika“ – und wer sich hier gelangweilt gähnend und überfordert von der etwas trockenen Formulierung abwendet, hat Stefanie Braun noch nicht davon erzählen hören.

Ihr Wissen über Land und Leute ist beeindruckend und könnte im Erdkundeunterricht schlafende Schüler von den Stühlen reißen. Beeindruckend ist auch die Arbeitsleistung, die sie als Projektmanagerin vollbringt, nur mit Absai Kashululu an ihrer Seite, der als Dolmetscher für die weit verbreitete Bantusprache Oshivambo fungiert, und der Women’s Action for Development als Partner.

Gunzenhäuserin engagiert sich in Namibia

© KAS

Der Norden Namibias ist der fruchtbare Teil des Landes und somit am dichtesten besiedelt. „Es ist kommunales Land, das zur Bewirtschaftung frei gestellt wird“, erklärt Braun. Man stellt einen Antrag auf Landnutzung beim Chief des Dorfes und bekommt eine Fläche von maximal 50 Hektar zugeteilt, die man dann 99 Jahre lang bewirtschaften darf. „Weideland, Ackerbau oder Wohnsitz“, dafür wird das Land genutzt.

Das Recht, eigenes Land zu beantragen, haben sowohl Männer als auch Frauen, aber dieser Fakt ist kaum bekannt. Tatsächlich sieht es so aus: der Mann bewirbt sich für das Land und wird als offizieller Besitzer eingetragen; doch während er in der Stadt einem bezahlten Brotjob nachgeht, sind es die Frauen, die für den Anbau zuständig sind.

Das funktioniere so eigentlich ganz gut, es sei denn, der Ehemann verstirbt: da komme es dann zu Komplikationen. „Dabei haben Frauen laut Verfassung Anrecht auf Erbe“, unterstreicht die examinierte Juristin. Nur, die Frauen wissen das nicht – „ebenso wenig wie die Chiefs, die den Frauen in der Regel gar nicht ablehnend gegenüberstehen würden“. Empörend ist vielmehr das Verhalten der Familie des Mannes: „Sie drohen der Frau, verfluchen sie und die Kinder und vertreiben sie damit vom Land“.

Demokratische Aufklärung

Hier will seit Mai 2016 die KAS mit „Eine Welt ohne Hunger“ Abhilfe schaffen: dafür bereist Stefanie Braun von Windhoek aus für eine Woche eines der mehr als 800 Kilometer entfernten Dörfer der vier Projektregionen und informiert dort die Frauen und die Chiefs über gültiges Recht. Die Verfassung, das Communal Land Board, der Communal Land Reform Act, die Funktion des Chiefs: vor dem Workshop wird der Wissensstand erfasst und die Kenntnisse sind „erschreckend wenig“. Sowohl bei den Frauen als auch bei den Dorfoberen.

Gelebt wird nämlich hauptsächlich nach dem Gewohnheitsrecht, das zwar parallel neben den staatlichen Normen gilt, „aber nur solange es nicht gegen die Verfassung verstößt“.

Um „One World, No Hunger“ noch bekannter zu machen, war die KAS während der Festive Season, „das ist quasi die Urlaubszeit, in der die Verwandtschaft im Norden besucht wird“, mit einer Roadshow in den Hauptstädten (Outapi, Eenhana, Ongwediva, Omuthiya) der vier Projektregionen unterwegs. „Wir hatten einen bekannten namibischen Rapper dabei, haben ein Theaterstück aufgeführt und in vier Tagen mehr als 1200 Leute erreicht.“ Die gebürtige Gunzenhäuserin ist vom Erfolg immer noch begeistert.

Aber so offen die Frauen und Chiefs in den Dörfern gegenüber der Unternehmung der KAS sind, so schwierig ist die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Landwirtschaft in Windhoek, „Ich habe zwei Monate lang jeden Tag angerufen, aber nie einen Termin bekommen“, erzählt Stefanie Braun. Das wäre entmutigend, würde die Kommunikation auf regionaler Ebene nicht so gut funktionieren, „von denen habe ich sogar die Handynummer“, ergänzt sie lächelnd.

Abgeschlossen ist das ambitionierte Projekt noch lange nicht. Die Stiftung stellt bis Dezember 2019 Gelder zur Verfügung, von den 16 Regionen in Namibia sind aktuell vier abgearbeitet und im Nachbarland Simbabwe sträubt sich die Regierung gegen „Eine Welt ohne Hunger“. Der Weg, Recht zu bekommen, mag für die Frauen in Namibia lang und beschwerlich sein und die wenigsten werden diesen wahrscheinlich beschreiten. Aber mit dem Wissen um ihre Rechte ist ein erster wichtiger Schritt getan.

 

 

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