Heidenheim: St. Walburga feiert 40. Geburtstag

12.5.2017, 15:32 Uhr
Heidenheim: St. Walburga feiert 40. Geburtstag

© Hermann Bähr

Es ist interessant, die Frage zu beleuchten, wie es überhaupt zu dem Neubau einer Kath. Kirche in der seit Jahrhunderten von Protestanten dominierten Marktgemeinde Heidenheim gekommen ist. Dem dient ein kurzer Blick in die Geschichte:

Wenige Jahre nach dem Ende des Bauernaufstandes unter Führung des "Schmalzmüllers", der im Mai 1525 bei Ostheim durch die Truppen des Markgrafen von Ansbach beendet worden war, löste sich das klösterliche Leben in Heidenheim völlig auf. Die Bevölkerung nahm ausnahmslos den evangelischen Glauben an. Erst über die zahlreichen Ämter gelangten wieder Katholiken nach Heidenheim. Im Laufe der Zeit war die überwiegende Zahl der Beamten katholisch.

Diese Gruppe war so stark angewachsen, dass sie durch die Diözese Eichstätt im Kapitelsaal über dem Kreuzgang des ehemaligen Benediktinerklosters eine Kapelle erhielt, die am 20.10.1887 eingeweiht wurde. Dort fanden nun regelmäßig katholische Gottesdienste statt. Der heutige Name "Kapellenraum" weist auf diese neunzigjährige Nutzung hin.

Der nach dem Auszug der Katholiken neu gestaltete Raum im Kloster wird bis heute überwiegend für Vorträge und Veranstaltungen des Klosterforums genützt. Organisatorisch gehörten die Katholiken zur Kuratie Spielberg, die einen eigenen Seelsorger hatte, der bis in die jüngste Zeit als Kurat bezeichnet wurde. Deswegen ist Heidenheim auch heute noch eine Kuratie.

Infolge des 2. Weltkrieges kamen ab 1945 sehr viele Flüchtlinge nach Heidenheim und in die umliegenden Ortschaften. Sie stammten hauptsächlich aus dem katholischen Sudetenland und erhöhten deutlich die Zahl der katholischen Mitbürger. Dadurch war die Kapelle zu klein geworden. Die ständige Überfüllung bei den Gottesdiensten führte 1960 zu einer ernsthaften Diskussion über die Frage des Neubaus einer Kath. Kirche. Eine genauere Untersuchung der Themas führte jedoch sehr schnell zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Heidenheimer Katholiken bereits rückläufig war. Ehemalige Flüchtlinge begannen wegzuziehen, weil sie an anderen Orten eine Arbeit und eine Wohnung gefunden hatten.

Mit dem Bezug der neuen Hahnenkammkaserne ab 1973 durch das Panzerbataillon 303 und weiterer Einheiten änderte sich die Lage schlagartig.

Die neu gebaute Bundeswehrsiedlung wurde von den Familien der zahlreichen Offiziere, Unteroffiziere und Beamten bezogen. Diese waren zuvor in Amberg in der Oberpfalz stationiert. Ein großer Teil dieser Heidenheimer Neubürger war katholisch. Damit war die Kapelle im Kloster endgültig zu klein geworden. Auch die wehrpflichtigen Soldaten waren etwa zur Hälfte katholisch.

Im Rahmen der Militärseelsorge war es üblich, dass einmal monatlich durch die Militärseelsorger ein sogenannter Standortgottesdienst für die evangelischen und katholischen Soldaten jeweils getrennt in Heidenheim abgehalten wurde. Daher ergab sich sehr schnell die Forderung nach einer neuen Kath. Kirche, um allen Katholiken eine kirchliche Heimat anzubieten.

Entscheidend war vor allem die Frage der Finanzierung des Bauvorhabens. Nachdem der Bund eine erhebliche finanzielle Beteiligung signalisiert hatte, konnte man in die Planung einsteigen. Die Gesamtkosten des Bauvorhabens (Kirche, Sakristei, Jugendraum, Pfarrbüro und eine Wohnung für den Pfarrer) betrugen 1,9 Millionen Mark, 1,3 Millionen waren durch Zuschüsse gesichert. Den größten Anteil davon in Höhe von 860 000 Mark steuerte der Bund bei. Den Rest übernahmen kirchliche Stellen und der Bonifatiusverein.

Begnadeter Architekt

Zunächst galt es, einen fähigen Architekten zu finden, dem es gelingen sollte, die Geschichte des Klosters, der Ortsheiligen Wunibald und Walburga, der Diözese Eichstätt, und des Heidenheimer Münsters sowie dessen Baustile zu berücksichtigen und in einen Neubau zu überführen. Alexander Freiherr von Branca, ein in Europa, Asien und Afrika bekannter und fachlich begnadeter Architekt und Kirchenbauer, wurde für diese nicht leichte Aufgabe ausgewählt. Nun ging alles sehr flott: Die Bauarbeiten begannen im August 1975. Das Richtfest wurde am 16. Juni 1976 und die Glockenweihe am 26. September 1976 gefeiert. Die drei Glocken erhielten die Namen Wunibald, Walburga und Hugeburc.

Am 8. Mai 1977 war es endlich soweit. Die Kirche wurde von dem Eichstätter Bischof Dr. Walter Brems feierlich eingeweiht. Nach der Begrüßung des Bischofs durch den zuständigen Pfarrer Fink aus Gnotzheim, der auf die enge Verbindung zwischen Eichstätt und Heidenheim hinwies, überreichte Freiherr von Branca den Schlüssel der Kirche an den Bischof, der diesen an den neuen Hausherrn, Kurat Kiermeier, übergab. Im Rahmen der Weihehandlung mauerte Brems eigenhändig Reliquien von Wunibald, Walburga und des Märtyrers Valerius in den Altarstein ein.

Zu dieser feierlichen Einweihung und der anschließenden Messe waren sehr viele Ehrengäste und Vertreter des Öffentlichen Lebens gekommen. In einer Festansprache vor der Messfeier gab der Bischof einen Rückblick auf 1200 Jahre kirchlichen Lebens in Heidenheim. Die Gemeinde forderte er auf, dieses kirchliche Leben im Geiste der heiligen Walburga fortzuführen, auf deren Namen die Kirche geweiht wurde. Heidenheim solle wie einst ein Zentrum christlichen Lebens bleiben, so der Bischof.

Heidenheim: St. Walburga feiert 40. Geburtstag

© Hermann Bähr

Im Anschluss an den Gottesdienst war die Festgemeinde in die Brauereigaststätte Ramming zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen.

Im Zentrum stand die Begrüßungs-, Fest- und Dankansprache durch den für Heidenheim zuständigen Pfarrer Fink aus Gnotzheim, der für jeden einzelnen an dem Gelingen des Vorhabens Beteiligten treffende Worte des Dankes fand. Es waren dies Politiker aller Ebenen, die Geldgeber, die Diözese Eichstätt, der Architekt, die ausführenden Baufirmen und der Standortälteste der Heidenheimer Kaserne. Dekan Franz wurde dabei ausdrücklich für die gute brüderliche Zusammenarbeit gelobt. Fink sah in ihm einen wahren Pfleger der Grabstätten von Wunibald und Walburga.

Aus dem Kreise der vorstehend genannten Personen und Organisationen gab es viele Einzelreden. Darunter auch die des Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Hans Feller, der nicht nur während des Weihaktes die einzelnen Weihhandlungen des Bischofs erläutert hatte, sondern nun in seiner Rede die gute Zusammenarbeit mit den evangelischen Christen am Ort und vor allem mit dem nun für die neue Kirche zuständigen Kuraten Kiermeier besonders lobte.

Das letzte Wort des Dankes kam von Pfarrer Kiermeier, der sich im Namen der Filialgemeinde Heidenheim und der Militärgemeinde in seiner Eigenschaft als Militärpfarrer im Nebenamt für das Gotteshaus bedankte und auf den großen gemeinsamen Auftrag hinwies, der da lautet: "Miteinander wetteifern in der Nachfolge des Herrn!"

Orgel aus Oettingen

Nach der Einweihung begann für die Heidenheimer Katholiken eine wahre Blütezeit. Ein eigener Pfarrer in der neuen Pfarrwohnung, der es nicht nur verstand die Jugendlichen für den kirchlichen Dienst zu begeistern, sondern auch allen Katholiken eine kirchliche Heimat zu bieten. Dies konnte man an dem immer gut gefüllten Gotteshaus ablesen. Ein gutes Jahr nach der Einweihung bekam die Kirche eine neue mechanische Orgel der Fa. Steinmeyer aus Oettingen. Es gab Familiennachmittage im Saalbau Ramming mit musikalischen Einlagen durch die Kinder, den Kirchenchor und mit lustigen Sketchen, Zeltlager für die Jugend etc.

Leider bleib es nicht bei dieser Idylle. Der erste Wermutstropfen war, dass Heidenheim den eigenen Seelsorger verlor, der in Paulushofen eine Pfarrei mit fünf angegliederten Kirchen übernehmen musste. Damit war Heidenheim dann der Pfarrei Gnotzheim unterstellt. Zur Unterstützung erhielt Heidenheim eine Gemeindereferentin – leider aber nur für wenige Jahre. Auf Pfarrer Kiermeier folgten die Pfarrer Skok, Lutz, Wechsler und der heutige Pfarrer Peter Wyzgol. Der zweite Wermutstropfen für die junge dynamisch gewachsene Gemeinde war die Schließung der Hahnenkammkaserne im Jahr 2004. Die Zahl der Gottesdienstbesucher sank schlagartig auf etwa 30 bis 40 Teilnehmer bei den Gottesdiensten am Sonntag. Die florierende Jugendarbeit musste eingestellt werden.

Heidenheim: St. Walburga feiert 40. Geburtstag

© Hermann Bähr

Besonders schmerzlich für die Finanzlage der Kuratiegemeinde war die Tatsache, dass die Beteiligung der Bundeswehr an den Betriebskosten der Anlage wegfiel. Ständig knappe Finanzen sind heute an der Tagesordnung, so dass bei größeren Bauunterhaltungsmaßnahmen, die bereits auch schon fällig waren, die Diözese neben den Gläubigen kräftig mithelfen muss.

Trotz aller Einbußen ist die Gemeinde noch recht aktiv. Es gibt einen Kirchenchor, der von Pfr. Kiermeier einst gegründet wurde, Seniorenarbeit und fleißige Mitarbeiter im Pfarrgemeinderat und in der Kirchenverwaltung.

Wenn man heute mit offenem Auge und vor dem Hintergrund der Klostergeschichte die St. Walburgakirche betrachtet, so erkennt man mühelos, dass es dem Architekten von Branca in ausgezeichneter Weise gelungen ist, in dem neuen Gotteshaus Benediktinisches Leben, die Geschichte des Klosters, des Heidenheimer Münsters und der Diözese Eichstätt durch besondere Hinweise abzubilden.

Maurische Stilelemente

Man findet romanische und gotische Stilelemente in dem Kirchenbau, der in der Ostansicht wie eine Festung wirkt. Auch die Reise des ersten Eichstätter Bischofs Willibald in das Heilige Land findet ihren Niederschlag in maurischen Stilelementen. In der Krypta unter dem Hauptaltar auf dem Altarstein – gefertigt aus Material der Dombauhütte – findet sich eine gotische Figur der Hl. Walburga.

Diese Figur stand einst im Eichstätter Dom. Sie wurde den Katholiken Heidenheims zur Einweihung ihrer Kapelle im Kloster 1887 geschenkt. Bei geöffneter Tür scheint ihr Blick auf ihr Werk zu zeigen: auf das Kloster und das Heidenheimer Münster. Zu erwähnen ist noch ein besonderes Geschenk zum 1200. Todestag des Hl. Wunibald im Jahr 1979. Die Äbtissin des Klosters St. Walburg in Eichstätt schenkte der Gemeinde eine barocke Statue der hl. Walburga, die vorne links in der Kirche ihren Platz gefunden hat.

Zahlreiche Pilgergruppen und Besucher haben in den vergangenen Jahrzehnten in dieser Kirche Gottesdienste gefeiert. Besonders zu erwähnen ist die Verbindung zur Kirchengemeinde St. Walburga in Walberberg bei Bonn, die seit gut 20 Jahren jedes Jahr einen Gottesdienst in der Kirche feiert und besonders enge Kontakte mit der Heidenheimer Gemeinde pflegt. Selbst aus England, aus der Gegend, aus der die Diözesanheiligen Willibald, Wunibald und Walburga stammen, war eine Pilgergruppe mit zwei Pfarrern gekommen. Sie waren auf Spurensuche in Eichstätt, Monheim und Heidenheim. Eine feierliche Messe in St. Walburga gehörte zu ihrem Programm.

Eine Besichtigung dieser gelungenen Kirchenanlage lohnt sich immer. Die Kuratie bietet interessierten Personen oder Gruppen gerne unentgeltliche Führungen an.

Abschließende Bemerkung des Verfassers: Obwohl ich die gesamte Bauphase und ein Großteil der vergangenen 40 Jahre persönlich erleben durfte, nachdem ich im Herbst 1974 als Berufsoffizier nach Heidenheim versetzt worden war, waren viele Details nicht mehr präsent. Deshalb gilt mein besonderer Dank den Damen und Herren der Lokalredaktion des Altmühl Boten in Gunzenhausen, in deren Archiv ich fündig wurde und deshalb einige interessante Details schildern konnte.

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