"Ich bin nicht dumm, bin schlauer Kerl!"

13.2.2019, 05:38 Uhr

© Foto: Reinhard Krüger

Der Geschäftsführer der Lebenshilfe Altmühlfranken, Martin Britz, erinnerte in seiner Begrüßung kurz an den Zusammenschluss der beiden Institutionen im Landkreis und dass sie das Jubiläumsjahr — heuer feiert die Einrichtung ihr 50-jähriges Bestehen — mit einem umfangreichen Veranstaltungsreigen "bewusst in Gunzenhausen beginnen wollen." Als er schließlich eine "erlebnisreiche Lesung" ankündigte, versprach Britz nicht zu viel.

Jonas Zachmann hat eine angeborene Kombination von verschiedenen geistigen Behinderungen und körperliche Fehlbildungen — besser bekannt unter dem Namen Down-Syndrom. Hier sind das gesamte 21. Chromosom oder Teile davon dreifach vorhanden. Das alles musste erst einmal verdaut werden in einem quirligen Familienbetrieb, wo bereits drei Töchter das Leben der Zachmanns im baden-württembergischen Pfinztal im Landkreis Karlsruhe gehörig durcheinander wirbelten. Die studierte Sozial-Pädagogin suchte nach der Geburt ihres Sohnes ein Ventil, um all die vielen neuen Fragen, Eindrücke und Erlebnisse richtig einzuordnen und fand es im Schreiben.

"Vor allem nachts", verrät sie den dicht gedrängt sitzenden und sogar teilweise stehenden Zuhörern im Cafe Lebenskunst, wenn sie lange wach lag und manchmal nicht wusste, wo ihr der Kopf steht. In ihrem ersten Buch "Mit der Stimme des Herzens" beschreibt sie die Gefühlslage, die alle Eltern haben, wenn sie ein Kind bekommen, das anders als die Norm ist. Die Maßstäbe verändern sich und doch stellt Doro Zachmann fest, dass Sohn Jonas ein wahrer Glücksfall für sie und ihre ganze Familie ist.

"Ich entdeckte mich neu"

Sie gab ihren Beruf auf, verstand sich fortan als Familienfrau, Autorin, Referentin und Produzentin von Ratgebern, Kalendern, Bildbänden und Fotografin: "Ich entdeckte mich neu." Triebfeder war für die gläubige Christin das Wissen, dass Menschen mit einer Behinderung genauso wunderbar geschaffen sind, wie solche, die kein Handicap haben. Ohne Scheu erzählt sie von fröhlichen und ungewöhnlichen Abenteuern im Leben ihres Jonas.

Der heute 26-Jährige präsentiert sich dabei als wahre "Rampensau", also einer, der gerne auf der Bühne steht. Schlagfertig und humorvoll widerspricht er seiner Mutter und erklärt dem staunenden Publikum: "Sie denken, der ist dumm. Aber stimmt nicht so, ich bin nicht dumm, bin schlauer Kerl!" Spätestens da wird deutlich, dass dieser Mensch nicht nur über ein gesundes Selbstwertgefühl verfügt, er weiß auch sein Handicap richtig einzuschätzen. "Oft gemein, weil sie mich auslachen. Das finde ich doof! Das will ich nicht!" Die Mutter tritt dezent zurück, nun gehört ihrem Sohn die Bühne. Als "Star" sieht er sich aber nicht, auch wenn sie manchmal in großen Hallen auftreten, bleibt Jonas bescheiden: "Bin kein Star, bin ich."

Sehnsucht nach Partnerin

Das ist auch der Titel von Doro Zachmanns neuestem Buch. Hier erzählt sie über das Erwachsenwerden ihres Jüngsten, seine große Sehnsucht nach einer Partnerin und dem Auszug aus dem Familienheim. Seine drei Schwestern Katharina, Maren und Eliane haben es ihm vorgemacht, als sie ihre Ausbildungen begannen. Das wollte Jonas auch. Er zog nach Karlsruhe in eine WG der Lebenshilfe und lernte den Beruf des Schreiners. Zwar sind es nur vier Kilometer bis zu seiner Familie, aber Jonas findet es "cool, in einer WG zu wohnen".

Mutter Doro muss sich noch daran gewöhnen: "Es ist schon komisch, wenn Jonas von seinem Zuhause spricht und damit die WG meint", gestand sie freimütig. Doch der Draht zu den Eltern ist eng, immer wieder taucht Jonas zuhause auf.

Vater Wolfgang ist Psychotherapeut. "Guter Mann", sagt Jonas über ihn, "hilft anderen, wenn sie Probleme haben". Und zu seiner Mutter hat er ein sehr enges Verhältnis, das wird an diesem Abend mehr als deutlich: Mal gibt er ihr liebevoll einen Kuss auf die Wange, mal nehmen sich die beiden in den Arm, mal neckt er sie mit einem lockeren Spruch.

Jonas nimmt sich so an, wie er ist: "Bin okay so, nix tut weh bei mir." Doro Zachmann bewundert ihn für seine positive Haltung. Er sagt, was er denkt und verbiegt sich nicht. "Das schätze ich so sehr", erzählt sie und strahlt. Das kam an beim Publikum.

Der Beifall war lang anhaltend, und die Besucher sitzen noch länger und unterhalten sich über den Abend. "Da war nichts gefakt", sagt etwa Uschi Lohnis aus Weißenburg und hebt besonders "die pure Lebenslust" von Jonas hervor. Elfriede Frank aus Treuchtlingen geht "sehr bereichert nach Hause." Sie schätzte vor allem den Mut von Doro Zachmann: "Sie hilft damit anderen Menschen, die in einer ähnlichen Situation sind."

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