Im bitteren Lachen Mut gefunden

30.1.2015, 18:00 Uhr
Im bitteren Lachen Mut gefunden

© Patrick Shaw

Warum? Das erklärten der Galerist, der Stadtarchivar und der Grünen-Stadtrat unter dem Motto „Alle meschugge?“ im Gunzenhäuser Café „Lebenskunst“.

Der jüdische Humor, den das Trio den gut 60 Gästen im proppenvollen Café mit viel Schalk im Nacken näherbrachte, ist weder dazu angetan, Juden zu verunglimpfen, noch ein satirisches Zeichen gegen Holocaust und Nationalsozialismus zu setzen. Er beschäftigt sich vielmehr mit den Juden aus der Sicht von Juden – aus neuer ebenso wie aus uralter Perspektive. Er ist über die Jahrhunderte geradezu zu einem Sinnbild jüdischer Kultur und jüdischen Denkens geworden. Insofern ist er genau das Gegenteil des diffamierenden Judenwitzes, mit dem Nazis und andere Xenophobe seit jeher Hass und Vorurteile schüren.

Jüdischer Humor ist den drei Initiatoren zufolge „bitterer und schärfer, vollendeter, dichter und dichterischer als andere Witze“. Er ist „Volks- und Bildungswitz, intellektuell und verständlich zugleich“. Schon früh habe der Kontrast zwischen Frömmigkeit und Skeptizismus in der jüdischen Kultur zu wonnevoller Satire und Selbstironie geführt. Der jüdische Humor sei „heiter hingenommene Trauer über die Gegensätzlichkeiten und unauflösbaren Widersprüche dieser Welt“, wie es der deutsche Politiker und Dichter Carlo Schmid formuliert hat. Oft war er „die einzige Waffe der Juden und damit gleichzusetzen mit ihrem Mut“.

Von Klischees und trickreichen Anekdoten über Gedichte und hintergründige Fantastereien bis hin zur großen Literatur reichte das Spektrum des mehr als zweistündigen Abends. Dazu gehörten Ilja Ehrenburgs Schelmengeschichte „Das bewegte Leben des Lasik Roitschwantz“ ebenso wie die Erzählung vom „Bösen Trieb“, ohne den der Mensch nicht Mensch sein kann, aber auch überlieferte Witze aus „einer Zeit in Deutschland, in der die Juden nur wenig zu lachen hatten“.

Unter die Überschrift „Witz“ fiel all das weniger im Sinn von platten Pointen, als von Gewitztheit und augenzwinkernder Lebensklugheit. So stießen die Texte im Publikum auch seltener auf lautes Lachen, denn auf warmes Schmunzeln, stets gepaart mit einem Schuss Bitterkeit. Ein wohltuend entspanntes und altmodisches Vergnügen angesichts des sonst so aufdringlich-grellen Fernsehklamauks.

Dass auch Töne ironisch sein können, bewiesen zwischen den Beiträgen Almuth, Max und Sebastian Pfahler mit heiter-melancholischen, oft seltsam vertrauten Klezmer-Klängen an Violine, Klavier und Klarinette. Am Ende waren sich die Besucher einig, dass es für einen gelungenen Abend nicht viel braucht – in diesem Fall nur ein Glas Wein, gute Musik und gekonnt vorgetragene Literatur.

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