Im Streit: Arbeitsloser droht mit Sprengung

13.12.2018, 17:45 Uhr
Im Streit: Arbeitsloser droht mit Sprengung

© Foto: Horst Linke

Angeklagt ist der 58-Jährige aus dem südlichen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen wegen "Bedrohung". Konkret wird dem Steinmetzmeister vorgeworfen, er habe im April dieses Jahres einer Mitarbeiterin der Nürnberger Bundesagentur für Arbeit (AA) im Streit um ausbleibendes Arbeitslosengeld gedroht, "eine Zwangssprengung einzuleiten und den Laden in die Luft zu sprengen".

So jedenfalls ist es in einem Computer-Vermerk bei der AA hinterlegt, und so formuliert es auch der Staatsanwalt bei der Verlesung seiner Anklageschrift. Hans-Peter K. freilich hat da eine etwas andere Sicht auf die Dinge.

Doch zunächst monierte er, dass er es mit einem anderen Staatsanwalt zu tun habe als beim ersten, wegen fehlender Zeugen abgeblasenen Gerichtstermin: "Wir leben von dem, was wir wahrnehmen", formulierte er etwas kryptisch, ehe Richter Gunter Hommrich ihn nachdrücklich aufforderte, zur Sache auszusagen.

Am 25. April, also zwei Tage vor dem fraglichen Anruf, habe es einen Trauerfall in der Familie gegeben, entsprechend "aufgewühlt" sei er gewesen, als er sich an jenem Tag entschlossen habe: "Ich muss zurück ins Leben, mich um den Alltag kümmern." Sprich: um 200 Euro Arbeitslosengeld, die er seiner Ansicht nach zu Unrecht nicht erhalten hatte.

Deretwegen war er schon am 24. April bei seiner damaligen AA-Beraterin in Gunzenhausen vorstellig geworden — und mit ihr in eine "Meinungsverschiedenheit" geraten, wie er einräumte. Er wollte nämlich partout nicht einsehen, dass es zur Vervollständigung eines Antrags seine Sache sei, sich um eine Arbeitsbescheinigung seines letzten Arbeitgebers zu kümmern.

Diese Beraterin, eine 43-Jährige aus Gunzenhausen, erinnerte sich gut an den Auftritt ihres Kunden, mit dem es prinzipiell "nicht so läuft wie bei anderen", denn Hans-Peter K. sei "aufbrausend und beschwert sich über das System".

Messer gezogen

Auch an diesem 25. April sei es kein normales Gespräch gewesen, sagte die Zeugin. Der Angeklagte habe sich beschwert, dass er sein Geld nicht bekommen hat, und es nicht akzeptieren wollen, dass es seine Aufgabe sei, sich um die Bescheinigung zu kümmern. "Dann hat er ein Messer gezogen und gefragt, ob er das dem Arbeitgeber an den Hals halten soll, damit der sie ausstellt." Immerhin: Aufgeklappt habe er sein Taschenmesser nicht.

Hans-Peter K., der ohne seinen Anwalt erschienen war — wofür er das Gericht verantwortlich machte, das diesen nicht geladen habe —, schlüpfte nun in die Rolle seines Verteidigers. Er befragte seine Ex-Beraterin und sprach dabei von sich stets in dritter Person: "Hat Herr K. gesagt, ob er zum Arbeitgeber gehen soll? Hat er explizit gesagt, dass er das tut? Haben Sie sich durch sein Messer bedroht gefühlt?" Die trockene Antwort der Zeugin: "Nein, ich kenne Sie ja."

Ganz anders empfand dies offenbar die Nürnberger AA-Mitarbeiterin, die am 27. April mit K. telefonierte. Sie fühlte sich durch die Vokabeln "Zwangssprengung" und "Laden in die Luft jagen" massiv bedroht — und brachte das Verfahren in Gang.

Zu Unrecht, wie Hans-Peter K. jetzt meinte. Er habe nämlich lediglich gesagt, er werde das Vorgehen der Behörde "nicht hinnehmen und gedenke, deren Verhalten zwangsweise zu sprengen". Auf die Anmerkung des Richters, dass die Aussage der AA-Mitarbeiterin ganz anders ausfalle, konterte er, es sei "nicht meine Aufgabe, Widersprüche aufzulösen".

Der Staatsanwalt wiederum bekundete, dass er nicht verstehe, was es heißen solle, ein "Verhalten zwangsweise zu sprengen", und bezeichnete K.s Argumentation als wenig glaubhaft. Und als der Angeklagte anhob, um mit einem Verweis auf ein TV- Gerichtsurteil aus dem Jahr 2013 das Wort "sprengen" als "ganz normales Wort" zu rechtfertigen, schnitt ihm Richter Hommrich kurzerhand das Wort ab.

"Definitiv nicht gesagt"

Entlastend für K. könnte die Aussage seiner Tochter wirken, die das fragliche Telefongespräch mitgehört haben will. Sie beteuerte, ihr Vater habe lediglich davon gesprochen, dass "Fesseln, die vom System angelegt werden, gesprengt werden müssten". Er habe "definitiv nicht gesagt, dass er ein Gebäude in die Luft sprengen will".

Kurz vor der Vertagung des Verfahrens wurde Hans-Peter K. noch einmal offiziell: Er wolle "mitteilen", dass er seinerseits nun "tatsächlich angegriffen" habe — indem er "beim Bundeskanzleramt eine Fach- und Rechtsaufsichtsbeschwerde eingereicht habe". Dieses Schriftstück verteilte er sodann mit großer Geste an Richter und Staatsanwalt.

Und als der Richter einen Termin für die Fortsetzung der Verhandlung verkündet hatte, mahnte der Angeklagte, diesmal doch auch seinen Anwalt zu laden; er habe "nicht den Eindruck", dass dies bisher korrekt geschehen sei. Zwar fahre sein Verteidiger "eine andere Linie als ich", aber immerhin habe der "mehr Erfahrung mit Richtern wie Ihnen und weiß, wie sie ticken".

Hier griff Amtsrichter Gunter Hommrich erneut ein und stoppte den Redefluss des Angeklagten abrupt.

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