(K)ein Leben ohne Handy, Facebook & Co?

11.3.2012, 20:46 Uhr
(K)ein Leben ohne Handy, Facebook & Co?

© Natalis

Online-Netzwerke entwickeln sich immer mehr zu dem Kommunikationsmedium schlechthin. Wobei, tatsächlich ist es derzeit eher ein Netzwerk, das von sich reden macht und seine Zahlen in den vergangenen zwei Jahren verdoppeln konnte: Facebook ist mit 22 Millionen Nutzern in Deutschland mit Abstand der Marktführer.

Wie funktioniert Facebook eigentlich und worauf sollte man als Nutzer unbedingt achten? Diese und viele andere Fragen beantwortete nun der medienpädagogische Berater im Landkreis, Stefan Schaller, in der Aula der Stephani-Schule. „(K)ein Leben ohne Handy, Facebook & Co?“ hatte Schaller seinen Vortrag überschrieben und beantwortete die Frage gleich zu Beginn:

Über einen Verzicht auf Facebook könnte man mit den Jugendlichen vielleicht noch reden, was anwesende Schüler auch bestätigten, aber das Handy abgeben zu müssen, ist ein absolutes „No-go“, wie aus dem Publikum zu hören war. 98 Prozent aller Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren besitzen mindestens ein Mobiltelefon und in der Regel eines mit Internetzugang. Das wiederum macht die Frage nach dem Facebookverzicht hinfällig, so Schaller, denn längst laufen die Internetkontakte nicht mehr allein über den heimischen Computer.

Hinter dem Button „Freunde finden“ stecken knallharte Geschäftsinteressen

Ein Rückfall in die Steinzeit wäre es für die meisten Jugendlichen, müssten sie so miteinander kommunizieren, wie ihre Eltern früher ganz ohne Mobiltelefon und Computer. Umso wichtiger ist es für den Vorsitzenden des Fördervereins der Stephani-Schule, Karl-Heinz Fitz, sich mit diesen Medien auseinanderzusetzen.

Deshalb hatte die Organisation zusammen mit der Stephani-Mittelschule und der -Grundschule diesen Abend für Schüler und Eltern organisiert. Während noch vor wenigen Jahren kleinere Netzwerke wie Pilze aus dem Boden sprießten, sich die Jugendlichen bei Schüler- und StudiVZ, „my­space“ oder „party-screen“ tummelten, hat Facebook den kleinen und teilweise auch regionalen Communities längst den Rang abgelaufen. Ein Großteil der 18- bis 29-Jährigen hat bei dem Marktführer einen Account. Zwar sind in Deutschland mit 27 Prozent ein großer Teil der Nutzer Jugendliche bis 21 Jahre, doch die Hauptgruppe sind Erwachsene über 25 Jahren: 55 Prozent aller Facebook-Nutzer fallen hierzulande darunter, in Amerika sind es sogar 62 Prozent.

Hinter dem Button „Freunde finden“ stecken laut Schaller knallharte Geschäftsinteressen: Der Umsatz von Facebook belief sich im vergangenen Jahr auf rund zwei Milliarden US-Dollar. Die eigentlich wichtige Zahl aber ist der geschätzte Börsenwert der Firma, und der liegt bei nicht nur für Schaller „unvorstellbaren“ 50 bis 500 Milliarden US-Dollar. Der Goldschatz von Facebook, der dessen Wert so in die Höhe treibt, sind die unzähligen Daten, die die Nutzer oft so bereitwillig preisgeben. So kann Werbung immer gezielter platziert werden. Dennoch, Schaller ist keiner, der das Netzwerk und den Umgang damit „verteufeln“ möchte.

Er selbst bewegt sich dort auf unterschiedlichen Ebenen und sagt von sich selbst, dass der Computer nicht nur beruflich, sondern auch privat eine ganz wichtige Rolle spielt, da er so mit seinen über die ganze Republik verstreuten Freunden in Kontakt bleiben kann. Doch Facebook birgt eben auch Gefahren. Zum einen gehen vor allem Schüler sehr leichtsinnig mit ganz persönlichen Daten um, und ignorieren dabei das Problem, dass das Netz nichts vergisst. Aber auch viele Erwachsene haben die allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) der Firma – die sich übrigens laufend ändern – noch nie gelesen.

So wissen sie zum Beispiel nicht, dass sie in dem Moment, wo sie ein Foto auf ihrem Profil „posten“, das Recht an diesem Bild automatisch an Facebook abtreten. Möglichst viele Freunde haben, das ist vor allem für die jugendlichen Nutzer von Facebook wichtig. Entsprechend „leicht“ macht es das Netzwerk, diese zu finden. Man muss nur seine E-Mail-Adressen runterladen, und Facebook kümmert sich dann um die Suche. Ganz nebenbei kommt die Firma so an viele neue Adressen. Gab es früher nur „Freunde“, die dann auch zu allem, was man postet, Zugang hatten, so kann man mittlerweile genauer differenzieren.

Das macht es beispielsweise leichter, auch die Anfrage des Arbeitskollegen oder Chefs positiv zu beantworten, erläutert Schaller. Denn natürlich will man den Chef nicht mit einer Absage vor den Kopf stoßen, er soll aber vielleicht auch nicht alles sehen, was man den guten Freunden zeigt oder erzählt. Deshalb ist es für Schaller eine sehr erfreuliche Entwicklung, dass man nun zwischen Freunden, Bekannten, und Geschäftspartnern unterscheiden kann.

Schaller beließ es bei seinem ausführlichen Vortrag nicht allein bei der bloßen Theorie, er zeigte dem Publikum anhand seines eigenen Accounts, wie man sich in dem Netzwerk bewegen kann, worauf man achten sollte, wo man welche Einstellungen findet. Denn die Krux bei Facebook ist, dass die Privatsphäre nicht automatisch geschützt ist, sondern vom Prinzip her erst einmal alles offen im Netz steht. Um den Schutz seiner Daten vor fremden Zugriffen muss man sich selbst kümmern.

80 Prozent aller Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren in Deutschland besitzen einen eigenen Computer. Zahlen, die Schaller nicht unbedingt nur begrüßt, aber er weiß auch, wie schwierig es ist, hier die Balance zu finden. Schließlich wird der Computer ja oft auch für schulische Aufgaben benötigt und die Kinder sollen ihn ja auch privat nutzen können. Letztendlich aber, weiß der Pädagoge, müssen die Eltern entscheiden, wie, wo und wie lange sich ihr Nachwuchs im Netz bewegt. Wichtig ist, wie so oft, dass ein Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern gegeben ist. „Bleiben Sie mit ihrem Kind in Kontakt“, forderte er die Eltern auf, nur so habe man eine Chance, zu erfahren, was die Tochter oder der Sohn im Internet so macht.

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