Kreis-CSU demonstriert Geschlossenheit

27.6.2016, 09:15 Uhr
Kreis-CSU demonstriert Geschlossenheit

© Jürgen Eisenbrand

Dabei hatte der Landtagsabgeordnete Westphal aus aktuellem Anlass kurzfristig sogar noch einen weiteren Tagesordnungspunkt angesetzt: Altmühlfrankens „Mr Europa“, Dr. Ingo Friedrich, sollte wenige Stunden nach dem „Brexit“ erklären, warum die Briten sich von Europa abwenden – und welche Folgen das haben wird.

Der knappe Sieg der Briten habe, so Friedrich, der lange Jahre Vizepräsident des Europäischen Parlaments war, vor allem vier Gründe: „Erstens: Europäer wie wir waren die Engländer nie.“ Seit der Schlacht von Hastings im Jahre 1066, die die Angelsachsen gegen die Normannen verloren, sei „nie mehr ein fremder Soldat auf der Insel gestanden“. Und Europa sei für Engländer „immer der Kontinent gewesen; sie selbst waren immer etwas Besonderes“.

Zum anderen seien viele Engländer von der „Angst vor Flüchtlingen“ beherrscht gewesen, sie habe die Furcht umgetrieben, „dass die Eurokrise ansteckend“ sei, und sie seien vor allem von einem Wusch beseelt gewesen: wieder so zu leben wie es früher einmal war. Das aber, so Friedrich, „geht in der modernen Realität einfach nicht mehr“.

Er selbst sei in der Nacht zum Freitag lange vor internationalen TV-Programmen gesessen, habe Sendungen zur Brexit-Abstimmung verfolgt und sei dann mit einem guten Gefühl ins Bett gegangen. „Ich habe ruhig geschlafen, bin um 6 Uhr aufgewacht – und dachte dann, ich höre nicht richtig!“

Großbritannien werde nun eine „Periode der Unsicherheit“ erleben, London werde als Finanzplatz verlieren, und in Frankfurt am Main stelle man sich schon „auf 10 000 zusätzliche Banker ein“. Schottland, wo 62 Prozent für den Verbleib in der EU gestimmt hatten, werde nun wohl noch einmal versuchen, von England loszukommen – und sich womöglich mit Nordirland zusammentun.

Lehren aus dem Desaster

Nach Ansicht Friedrichs müsse Europa aus dem Desaster nun mehrere Lehren ziehen. „Wo Europa zuständig ist, muss Europa auch eingreifen“, forderte der 74-Jährige, und dürfe nicht einfach sagen, die Außengrenzen seien nicht schützbar. „Ja, was ist denn das für ein Staat, der seine Grenzen nicht schützen kann?“, erregte sich der Gunzenhäuser unter dem Beifall seiner Parteifreunde.

Friedrich forderte auch, die EU müsse ihre Politik „besser erklären“, und: Die Staaten müssten begreifen, dass Kompromisse keine Erfüllung von Maximalforderungen sein könnten. „Europa muss sich als Solidargemeinschaft begreifen“, sagte er unter Hinweis auf die Bewältigung des Flüchtlingsproblems, wo vor allem osteuropäische Staaten kläglich versagten.

Die EU müsse nun gegenüber den Briten hart bleiben, so Friedrich, „damit andere Länder sehen, was es bedeutet, Europa zu verlassen“. Nur so könne man der Gefahr eines Domino-Effekts begegnen, andere Länder also davon abhalten, dem Beispiel Großbritanniens zu folgen. Für ihn jedenfalls sei Europa eine Erfolgsgeschichte, die dem Kontinent „70 Jahre Fortschritt und Wohlstand gebracht“ habe. Und er sei sicher: „Wir werden auch diese Herausforderung bestehen, weil wir sie bestehen müssen!“

Regulär wurde die Gnotzheimer Tagesordnung vor allem von den Berichten der Mandatsträger auf allen Ebenen (weiterer Bericht folgt), dem finanziellen Rechenschaftsbericht von Kreisschatzmeister Gustav Albrecht und den Wahlen jener Delegierten geprägt, die im Herbst – zusammen mit den Kollegen aus Ansbach-Stadt und -Land – den CSU-Kandidaten für die Bundestagswahl im Herbst 2017 bestimmen werden. Und damit vermutlich einen Nachfolger für Josef Göppel, der sich im Herbst erklären will, dessen erneute Bundestags-Kandidatur aber als unwahrscheinlich gilt.

„Zuwachs in der Kasse“

Albrecht konnte seinen Parteifreunden gute Zahlen präsentieren und sich sogar über einen „schönen Zuwachs in der Kasse“ freuen: Einnahmen von rund 66 000 Euro standen Ausgaben von nur 54 000 Euro gegenüber. Zu diesen Einnahmen steuerten die Mandatsträger 8000 und die Ortsverbände 53 000 Euro bei, rechnete der Rechtsanwalt aus Weißenburg vor. Das Spendenaufkommen sei 2015 dagegen mit rund 4000 recht mager ausgefallen – es sei eben ein Jahr ohne Wahlen gewesen. 38 000 Euro habe der Kreisverband an die Landes-CSU weiterreichen müssen, 8000 seien in den laufenden Betrieb geflossen, weitere 5000 seien Personalkosten gewesen.

So richtig flott gingen die Wahlen der 50 Delegierten und ihrer 50 Ersatzleute über die Bühne. Die meisten der Kreisvertreter wählten die Vorschlagslisten en bloc, sodass Manuel Westphal nur wenige Minuten nach dem Einsammeln der Wahlzettel das – wenig überraschende – Ergebnis verkünden konnte: „Es wurden alle gewählt.“

Und so endete die straff gelenkte Versammlung nach 120 Minuten — ohne Nachfragen, Wünsche oder Anregungen. Was Landrat Gerhard Wägemann, der mit einem nur auszugsweise vorgetragenen Bericht zu diesem Tempo beigetragen hatte, ein zufriedenes Lächeln entlockte: „Jetzt können wir uns zuhause doch noch ein Gläschen Wein auf der Terrasse gönnen.“

 

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