Landkreis braucht eine „zweite Mackenmühle“

29.7.2015, 08:00 Uhr
Landkreis braucht eine „zweite Mackenmühle“

© Jürgen Eisenbrand

Als Landrat Gerhard Wägemann am Montagnachmittag die Mitglieder des Kreistags über die Botschaft des Bezirks informierte, lief die Standortsuche bereits auf vollen Touren: „Wir sind schwer am Rödeln“, beschrieb Wägemann die Anstrengungen seiner Behörde. Zumal auch die Zahl der unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlinge, die derzeit auf der Wülzburg untergebracht sind, bis Jahresende von 25 auf etwa 75 steigen wird – und damit natürlich auch der Platzbedarf.

Priorität haben freilich zunächst die 200 Plätze in einer Notaufnahmeeinrichtung, die die Regierung angefordert hat. Zumal diese, wie es in dem Brief von Thomas Bauer heißt, der dem Altmühl-Boten vorliegt, „im Rahmen des Notfallplans innerhalb der nächsten Wochen“ gebraucht werden. Eile ist also geboten.

„Für diese Art von Unterkünften hat man keine Adressen in der Schublade stecken“, sagt Sebastian Münch, Leiter des Sachgebiets „Soziales und Senioren“, der für die Unterbringung der Flüchtlinge zuständig ist. Und so fahndet er landkreisweit nach „einer zweiten Mackenmühle“, wie er sagt, also einem Gewerbeobjekt mit mindestens 1500 Quadratmetern und möglichst einer ebenso großen Freifläche.

Diese Einrichtung dient dann als Außenstelle der Zentralen Aufnahmeeinrichtung (ZAE) in Zirndorf, die derzeit bis zu 250 Menschen täglich aufnehmen muss. Mit an die 4000 Bewohnern ist die Kapazität der ZAE, so Regierungspräsident Bauer, „damit nahezu völlig ausgeschöpft“, weshalb „in Mittelfranken eine zweite Stufe des Notfallplans aktiviert“ werden müsse.

Ähnlich wie auf der Mackenmühle leben die Flüchtlinge in der neu zu schaffenden Unterkunft oft nur wenige Tage oder Wochen, ehe sie regis­triert sind und gegebenenfalls ihr Asylantrag gestellt ist. Danach werden sie auf dauerhaftere – zentrale oder dezentrale – Unterkünfte verteilt. Bis dahin muss der Landkreis neben der Unterbringung auch Bewachung, Verpflegung sowie die soziale und medizinische Betreuung der Asylbewerber übernehmen. Das Geld dafür muss er vorstrecken, erhält es aber in voller Höhe vom Freistaat zurück.

Dem Besitzer der Immobilie kann Münch einen Mietvertrag von mindestens einem Jahr anbieten, was, wie er hofft, die Verhandlungen etwas erleichtert. Für das ehemalige Möbelhaus auf der Mackenmühle war nämlich zunächst nur eine Nutzungsdauer von vier Monaten vorgesehen; ein Ansinnen, das angesichts wachsender Flüchtlingszahlen schnell Makulatur war: Erst vor wenigen Tagen wurde dieser Vertrag bis Mitte 2016 verlängert.

Landrat Wägemann appelliert derweil an die Kommunalpolitiker im Landkreis, ihm eventuell in Frage kommende Gebäude zu melden. Oder auch Grundstücke, auf denen man Container für die Hilfesuchenden aufstellen könnte. Vorbehalte dagegen kenne er zwar, betont aber: „Auch die können inzwischen sehr ordentlich aussehen, und man kann darin auch einen ordentlichen Standard bieten.“

Er habe, so der Landrat, den „dringenden Wunsch“, dass dieses Problem  wie bisher politisch einvernehmlich gelöst werden könne, denn: „Ich möchte damit nicht in eine Diskussion geraten, die von Leuten aus einer bestimmten politischen Richtung ausgenutzt wird.“

Sebastian Münch jedenfalls betrachtet seine  Aufgabe, von der er am Freitagmorgen erfuhr, „als neue Herausforderung“. Und er hoffe, so der Referatsleiter im Gespräch mit dem Altmühl-Boten, dass er damit „auch so gut fertig werde wie im Fall Mackenmühle“. Alle Beteiligten wüssten, „dass das ein schwieriges Geschäft ist“, so Münch, aber das Gute sei: „Wir wissen jetzt, wie’s geht.“

Wenn Münchs Bemühungen freilich ohne Erfolg bleiben sollten, hat Wägemann bereits am Montag im Kreistag ein „letztes Mittel“ in den Raum gestellt: das Umfunktionieren von Turnhallen in Flüchtlingsunterkünfte. Wohl wissend, dass „das sehr problematisch wird, wenn im September die Schule wieder beginnt“.

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