Landkreis macht 2018 noch nicht ernst

20.11.2017, 06:18 Uhr
Landkreis macht 2018 noch nicht ernst

© Limes-Luftbild.de

Auslöser für die Kehrtwende ist die jüngste politische Entwicklung: "Es hat eine große Debatte begonnen", stellte Wägemann in einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag fest. Und weil er als erfahrener Politiker weiß, "dass es Chancen gibt, Änderungen hinzukriegen, wenn ein Thema vor der Landtagswahl hochkocht", lockert er den Druck auf die Rathaus-Chefs in Altmühlfranken: "Wir wollen die Kommunen jetzt nicht zwingen, etwas zu tun, was sie möglicherweise in einem Jahr wieder rückgängig machen müssen."

Denn: Die Front gegen die SABS, die Haus- und Grundbesitzer verpflichtet, sich an der grundlegenden Sanierung von Ortsstraßen mit teilweise stattlichen fünfstelligen Beträgen zu beteiligen, wächst scheinbar täglich. Freie Wähler und FDP etwa fordern lautstark den kompletten Verzicht auf die SABS und im Gegenzug eine bessere finanzielle Ausstattung der Kommunen. Das FW-Duo im Gunzenhäuser Stadtrat hat bereits einen Antrag formuliert, wonach das Kommunalparlament in seiner nächsten Sitzung am 30. November genau dies beschließen und Bürgermeister Karl-Heinz Fitz dieses Votum an die politischen Entscheider in München herantragen soll.

Der Meinheimer CSU-Landtagsabgeordnete Manuel Westphal ging schon vor einigen Tagen auf Distanz zu der vielfach als schreiend ungerecht empfundenen Satzung (wir berichteten), und er hat inzwischen prominente Nachahmer: etwa Innenstaatssekretär Gerhard Eck, der zuhause in Unterfranken gehörig "unter Feuer steht" (Wägemann) und deshalb neuerdings für eine "bürgerfreundlichere" SABS-Variante plädiert. Sogar Innenminister Joachim Herrmann deutete jüngst in einem Brief an die Heidenheimer Bürgermeisterin Susanne Feller an, dass er sich vorstellen könne, über "größere Spielräume für die Gemeinden" bei der Ausgestaltung des umstrittenen Regelwerks neu zu diskutieren.

"Die Lage ist unübersichtlich", fasst Wägemann die aktuelle Debatte ziemlich treffend zusammen. Der Gemeindetag wolle laut einem SZ-Bericht angeblich raus aus der SABS, der Städtetag wohl eher nicht, "aber auch da bröckelt die Front", hat der Landrat beobachtet. Das IHK-Gremium Weißenburg-Gunzenhausen hat schon vor einiger Zeit zu Protokoll gegeben, dass es die Satzung strikt ablehnt, und die 20 (von insgesamt 27) Rathaus-Chefs im Landkreis, die die SABS noch nicht haben und jetzt aufgrund eines höchstrichterlichen Urteils vom November 2016 eigentlich schnellstmöglich einführen müssten, würden das nach eigenem Bekunden keineswegs gern tun.

Deshalb also nun der – womöglich nur vorübergehende – Rückzieher des Landratsamts. Denn, so Thomas Eischer, Sachgebietsleiter im Landratsamt und für die Rechtsaufsicht seiner Behörde über die Gemeinden zuständig: "Die Rechtslage ist nach wie vor gleich." Weil die sich aber demnächst ändern könne, werde er bei der Genehmigung der kommunalen Haushalte für 2018 mehr Milde walten lassen als bisher vorgesehen.

Der etwas komplizierte Hintergrund: Das Landratsamt hatte eigentlich angekündigt, Haushalte, die mit Krediten finanziert sind, nur noch dann durchzuwinken, wenn die betreffende Kommune eine Straßenausbaubeitragssatzung hat – und damit die Bürger bei Sanierungen zur Kasse bittet. Bislang hatte Eischer in solchen Fällen eine SABS lediglich zur "Auflage" gemacht, eine mildere Form der Sanktion, die für die Gemeinde keine direkten finanziellen Folgen hatte; sie durfte sich trotzdem Geld von der Bank leihen.

Künftig wollte Eischer eigentlich eine Satzung zur "Bedingung" machen, und dann hätte die Bank den Geldhahn zugedreht. Diese schärfere Waffe packt er nun wieder weg und verfährt wie bisher: "Wir verteilen 2018 also eine zweite Gelbe Karte." Allerdings werde in den Bescheiden auch stehen, "dass wir uns vorbehalten, 2019 die SABS wieder zur Bedingung zu machen". Denn, so sekundiert Landrat Wägemann: "Wenn es nicht zu einer Abschaffung der Satzung kommt, werden wir tätig werden müssen." Dazu sei sein Amt gesetzlich verpflichtet.

"Entscheidend ist jetzt, was der Landesgesetzgeber macht", sagt Wägemann, der bis Ende 2011 selbst als Abgeordneter im Maximilianeum saß. Und damals, wie er sagt, für eine klare Regelung in Sachen Straßenausbaubeitragssatzung plädiert hat: "Entweder komplett freigeben oder alle verpflichten."

Die derzeitige Debatte wird nach seinem Dafürhalten jedenfalls nicht folgenlos bleiben: "Es sind Änderungen zu erwarten."

 

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