Markus Söder in Gunzenhausen

9.9.2018, 17:16 Uhr
Markus Söder in Gunzenhausen

© Jürgen Eisenbrand

Manuel Westphal hatte die Bühne erklommen, um Söder und eine lange Liste von Ehrengästen zu begrüßen sowie einige politische Statements zu verkünden. Allein: Der Landtagsabgeordnete und Direktkandidat für die Wahl am 14. Oktober war, vor allem in den hinteren Reihen, nicht zu vernehmen; die Tonanlage versagte. Und Söder, für vieles bekannt, aber nicht dafür, ein sehr geduldiger Mensch zu sein, schimpfte in der ersten Reihe halblaut, aber kräftig vor sich hin; ein geübter Lippenleser hätte mutmaßlich den ein oder anderen Kraftausdruck identifizieren können.

"Es war sehr unglücklich", bedauerte nach der Veranstaltung der CSU-Ortsvorsitzende Friedrich Kolb im Gespräch mit dem Altmühl-Boten. "Wir hatten einen ausgewiesenen Profi engagiert und am Nachmittag stundenlang den Sound gecheckt." Aber dann habe – für den Fall, dass ein Funk-Mikrofon ausfällt – jemand ungefragt ein Kabel-Mikro am Mischpult eingestöpselt, wodurch der fein austarierte Ton kollabierte. Zu allem Überfluss fielen dem daraufhin hochgeregelten Ton auch noch einige Boxen zum Opfer, was sich bis zum Schluss nicht vollständig habe ausgleichen lassen.

Stoff für spontane Pointen

Immerhin: Im Laufe von Söders etwa 80-minütiger Rede wurde der Sound zunehmend klarer, und die technische Panne lieferte ihm zudem Futter für einige spontane Pointen – insbesondere, als auch noch die Bühnenscheinwerfer erloschen: "Jetzt werden bestimmt auch bald die Toiletten abgesperrt; vielleicht sollten Sie schon mal die Taschenlampen bereithalten."

Aber natürlich wurde es auch politisch an diesem Abend: Landespflegegeld, Familiengeld, das Baukindergeld vom Bund und die Eigentumzulage vom Freistaat, Behördenverlagerungen zur Strukturstärkung des ländlichen Raums, die bayerische Grenzpolizei als Beitrag für mehr Sicherheit – naturgemäß zählte Söder all die Segnungen auf, die seine Regierung ("Ich bin ja erst ein halbes Jahr dran; von mir aus hätte das ruhig etwas früher kommen können") plant beziehungsweise bereits angeschoben oder umgesetzt hat. Und selbstverständlich sparte er dabei auch nicht mit – zumeist ironischen – Seitenhieben auf die politische Konkurrenz und andere Bundesländer, in denen vieles nicht so gut laufe wie in Bayern, und von denen viele auf Kosten des Freistaats lebten, ohne entsprechend dankbar zu sein.

Dabei verstand es der 51-Jährige, seine Botschaften pointiert zu formulieren und sie immer wieder in private und politische Anekdoten einzubetten; etwa: "Seit mein Vater mich als Kind wegen eines ,Willy wählen'-Buttons geschimpft hat, weiß ich: SPD bedeutet Ärger."

Er witzelte über politische Gegner ("Hubsi Heil"), über Gefährten ("Es gibt Parteifreunde und echte Freunde"), und er streichelte kräftig die lokalpatriotische Seele: Bayern sei "das schönste Bundesland der Welt", Franken noch ein bisschen schöner, und in Mittelfranken fühle er sich "ganz besonders wohl", weil er dort viele Freunde habe, die ihn schon früh unterstützt hätten. Etwa den langjährigen Landtagsabgeordneten Rudolf Klinger aus Pleinfeld, den amtierenden Landrat Gerhard Wägemann ("einer der stärksten Landräte in Mittelfranken") oder auch Ingo Friedrich, "der seit Napoleons Zeiten im Europaparlament saß".

Ausgesprochen ernst wurde Söder, als er über den "Wind der Spaltung" sprach, der in Europa wehe – und deren Ursache die massive Zuwanderung sei. Einem "Dankeschön" für die "humanitäre Leistung", die Kommunalpolitiker und ehrenamtliche Helfer im Herbst 2015 und seitdem erbracht hätten, ließ der "einzige Franke unter den bayerischen Spitzenkandidaten" (Söder über Söder) sogleich eine Klarstellung folgen: "Wir helfen gern, aber natürlich bedarf es einer Steuerung."

Markus Söder in Gunzenhausen

© Jürgen Eisenbrand

"Eigentlich ist es ja ganz einfach", erklärte Söder sein Verständnis von Flüchtlingspolitik: "Wer kommt und als politisch verfolgt eingestuft wird, kann hier den besten Start in ein neues Leben erfahren." Wer aber nicht politisch verfolgt sei oder gar ein Straftäter, "der muss unser Land sofort wieder verlassen". Wofür er, wie mehrfach, wenn es an diesem Abend um das Thema Migration ging, stürmischen Applaus erhielt.

Keilen gegen die Rechten

Allerdings: Was Wahlkampf-Beobachter vor einigen Tagen erstmals registrierten, geschah auch im Gunzenhäuser Festzelt; Söder keilte massiv gegen die extreme Rechte, zu der er offenbar seit den Ausschreitungen in Chemnitz auch die bayerische AfD zählt. Die bestehe zu einem erheblichen Teil aus "Höcke-Fans" und sei in Chemnitz "Seite an Seite mit NPD, Pegida und Hooligans" marschiert. Er kritisierte die AfD im Freistaat für ihre Forderung nach freiem Zugang zu Waffen und vermutet dahinter "einen Plan, eine Strategie".

Aber, so der Ministerpräsident: Zu glauben, ein Land werde sicherer, wenn man das Gewaltmononpol des Staates abschaffe und stattdessen bewaffnete Milizen auf die Straße schicke, sei gefährlicher Unsinn. Und: "Das ist nicht das Land, das ich will."

Markus Söder in Gunzenhausen

© Jürgen Eisenbrand

Er wolle vielmehr "ein starkes Bayern", dessen "Rückgrat" weiterhin die CSU sei. Dafür werde er mit "voller Kraft" für "maximal zehn Jahre" kämpfen, versprach er. Bei dieser geplanten Amtszeit-Begrenzung fahre er eine "klare Linie", sagte Söder, und fügte, an Westphal gewandt, augenzwinkernd hinzu: "Manuel, du kannst mir in zehn Jahren nachfolgen".

Bis es allerdings so weit sei, schloss er seine mit Standing Ovations belohnte Wahlkampfrede, sei er "der Markus, und da bin ich derhamm, und da möcht’ ich auch noch lange bleiben".

 

 

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