Max radelt von Gunzenhausen an den Dennenloher See

22.9.2016, 17:21 Uhr
Max radelt von Gunzenhausen an den Dennenloher See

© privat

Das ist das Schöne an einer Radtour auf bisher nicht bekannten Trampelpfaden: Du machst immer wieder neue Erfahrungen, auch wenn du glaubst, du kennst die Heimat ganz gut. Mit 36 Kilometern wird die Route des Radwegs 4 angegeben, die bis zum Dennenloher See und zurück nach Gunzenhausen reicht. Aber bei mir werden es am Ende 40 Kilometer sein, für die ich dreieinhalb Stunden unterwegs bin. Nun, ein so gemächlich dahinrollender Radler bin ich beileibe nicht, aber meine Tour wird ja unterbrochen von der Suche nach schönen Fotomotiven und meinen Schilderreinigungen nach dem Motto „Zewa wisch und weg!“.

Vor dem Viadukt, das mich auf den Altmühlseerundweg führt, vermisse ich auf der Suche nach Orientierung das 4er-Schildchen am grünen Radwegweiser. Aber was noch nicht ist, wird sicher noch kommen. Es ist Dienstagmittag, und es herrscht ein angenehmes Radlwetter. Ich bin dankbar für den schönen Sonnentag, was ja so kurz vor Beginn des Herbstes nicht mehr selbstverständlich ist. Natürlich sitzen die Einheimischen um zwölf der guten Ordnung halber am Mittagstisch, aber es sind an diesem Tag noch viele Urlaubsgäste unterwegs, die erkannt haben, dass es sich im Seenland zu jeder Zeit gut radeln lässt.

In Unterhambach begeisteren mich die überbordenden Blumenbalkone mit gut im Saft stehenden Geranien und Petunien. Wie viel Zeit die Leute doch damit verbringen, ihre Häuser zu schmücken! Ganz neu erscheinen mir die Ortstafeln. Dem Tipp des Tourenführers folge ich und studiere entlang dem landwirtschaftlichen Lehrpfad die Tafeln. Aber erst nachdem meine pflegenden Hände mit dem Waschlappen darüber gefahren sind (der geneigte Leser weiß inzwischen, dass ich mein Pflegeset immer dabei habe), lese ich von einer bisher nicht gekannten Frucht: Igniscum ist eine Züchtung aus dem Flügelknöterich, gilt als ertragreiche Biomasse und wird als Mais-Alternative angeboten.

Es geht ganz schön steil bergan, und ich überquere die Landkreisgrenze. Mein Blick fällt auf die Kuhherde linker Hand, rechts erspähe ich den Arberger „Fernsehturm“. Vor dem Ortseingang von Kleinlellenfeld stoße ich auf den Limes, der hier nicht nur mit einem Granitstein markiert ist, sondern noch dazu mit dem Fundamentnachbau eines rätischen Wachturms.

Auf dem Weg zum Lellenfelder Sportheim begegnen mir Kameraleute. Das macht mich neugierig, aber erst später am Dennenloher See erhalte ich auf meine Frage eine Antwort. Allerdings habe ich keine Ahnung, dass es sich bei dem wuselnden Auflauf inmitten von Kabelwagen und Schaltanlagen offenbar um ein „Geheimkommando“ handelt: Die Leute dürfen nichts sagen über den Film.

Eine Ersatzantwort höre ich vor der Camperklause am Dennenloher Campingplatz. Es soll um einen Kinofilm gehen, der von einer Münchner Agentur gedreht wird. Ich gebe mich mit diesem Kenntnisstand zufrieden und lobe den Gärtnerfreiherrn von Dennenlohe, dem es immer wieder gelingt, sein Schloss als Filmkulisse zu verkaufen.

Stutzig macht mich das obere Teil einer Pagode. Schon denke ich, neue Mitbürger aus Asien hätten hier ein Gotteshaus gebaut. Dann fällt mir aber ein, dass der Schlossherr seinen Park um einen asiatischen Teil erweitert. Sechs Reitpferde, die am Eingang zum Campingplatz auf ihre zechenden Reiter warten, lenken meinen Blick auf die Camperklause, die sich „Lillis bunte Küche“ nennt.

Erstaunt lese ich von „Krautwickeln nach polnischer Art“ (für 6,50 Euro) und von „Russischen Pelemeni“ (5 Euro). Ich vermute dahinter eine Köchin mit slawischem Einfluss. Ihr Mann ist Platzwart und kommt aus Polen. Lillis Empfehlung („Ein gutes Essen ist Balsam für die Seele“) kann ich heute nicht folgen, aber ich nehme mir fest vor, die Küche ein anderes Mal auszuprobieren.

Der Lärm von zwei kreischenden Motorsägen begleitet mich bis Dennenlohe. Die Lindenallee ist einmalig schön. Hier am und um das Schloss haben sich die Filmleute eingenistet. Auch ein Cateringunternehmen mit dem beziehungsreichen Namen „Pausenlos“ ist dabei.

Bald darauf erreiche ich das markgräfliche Unterschwaningen. Nur schade, dass von der einstigen Herrlichkeit nicht viel geblieben ist. Die letzten baulichen Zeugnisse werden aber immerhin vorbildlich saniert. Ein Festsaal ist der Markgräfin Friederike Louise gewidmet, andere Teile sind von der Gemeindeverwaltung und der Raiffeisenbank belegt.

Viel gepflegter als das Straßenschild sind die Häuser entlang der Rosenstraße. Ein unter der Last seiner Früchte fast zusammenbrechender Zwetschgenbaum lädt mich zur Ernte ein. Nebenan hämmern die Zimmerer an einem neuen Komplettholzhaus. Der Blick zurück lohnt sich, denn die einmalige Silhouette des Hesselbergs erscheint. Der Berg begeistert mich immer wieder, fast möchte ich mit John F. Kennedy sagen „Ich bin ein Hesselberger!“.

Einen ausgesprochen gepflegten Eindruck macht mir das kleine Kröttenbach. Das E-Bike bringt mich die Anhöhe hoch in Richtung Obermögersheim. Linker Hand richtet sich mein Fotoobjektiv auf den „Monte Rudolfo“, die zu einem Berg angehäufte Deponie von Rudolf Ernst. Irgendwie sehe ich mich als Kollegen von ihm, denn auf meinen Touren durchs Seenland bin ich ehrenamtlicher Entsorger von Plastikmüll jeder Art.

Auf einer Informationstafel, die ebenfalls meine pflegende Hand spürt, lese ich von vier Schlössern, die hier im Laufe der Jahrhunderte standen. Das letzte ist 1895 abgebrannt. Geblieben ist ein ehemaliges Vorgebäude, das heute noch bewohnt wird.

Am Bauernhof vorbei komme ich entlang einer Ahornreihe zur neuen Cronheimer Brücke und von dort nach Stetten, das von mir den Beinamen „Obstdorf“ bekommt. Denn überall gibt es Äpfel-, Birnen- und Zwetschgenbäume. Ihr Ertrag ist heuer reichlich. Ich fülle meine Radtasche und bin die nächsten Tage stolz darauf, mein Grüntee-Frühstück ausschließlich mit Fallobst aus Stetten genießen zu können.

Bis zur nächsten Woche

 

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