Miese Masche mit Gefühlen: Fünf Frauen zockten Bauern ab

11.4.2018, 18:56 Uhr
Miese Masche mit Gefühlen: Fünf Frauen zockten Bauern ab

© Foto: Jürgen Eisenbrand

So voll war die Anklagebank im Sitzungssaal 3 des Weißenburger Amtsgerichts wohl selten: Fünf Beschuldigte, flankiert von gleich sechs Rechtsanwälten, nahmen auf ihr Platz. Neben der Hauptangeklagten Simone P. (53) ihre Tochter Nadja P. (27), ihre Schwiegertochter Lena P. (28), Manuela Q. (34), eine enge Freundin der Familie, und Erika F. (65, sämtliche Namen geändert). Ihnen allen warf der Staatsanwalt "schweren bandenmäßigen Betrug" in bis zu 35 Fällen vor.

Das Quintett, angeführt von Simone P., hatte eine perfide Methode entwickelt, partnersuchende Männer abzuzocken. Mit Chiffre-Anzeigen lockten sie die Heiratswilligen, meist Landwirte, an, dann nahm Simone P. telefonisch mit ihnen Kontakt auf. Sie besuchte sie, ließ sie einschlägige Verträge unterzeichnen – und für die Vermittlung einer Partnerin gleich mal kräftig löhnen: zwischen mehreren hundert und einigen tausend Euro.

Das Problem: Die "Agentur P." hatte gar keine Frauen in der Kartei, die sie hätte vermitteln können. Erika F. hatte zwar 30 Jahre lang eine – legal arbeitende – Partnerschaftsagentur betrieben und half ihrer neuen Bekannten Simone P. mit Know-how und notwendigen Formularen. Aber eben nicht mit dem, was die Kunden so dringend suchten: dem weiblichen Geschlecht.

Und so blieben die Angebote an die Männer weitestgehend aus, und wenn die nicht nach einiger Zeit resignierten, sondern hartnäckig – und zahlungsbereit – blieben, hatte Simone P. in gleich mehreren Fällen noch einen echten Joker im Ärmel: die "Manuela aus Amerika" — in Wahrheit Manuela Q., die Freundin der Familie. Die erfülle alle Kriterien, allerdings müsse ihr der Kunde Flug- und Hotelkosten erstatten, wenn er sie kennenlernen wolle, hieß es dann. Das summierte sich dann sehr schnell auf einen stattlichen fünfstelligen Betrag.

Besonders übel spielten die fünf aus dem Schwäbischen einem 42-Jährigen aus einem Weißenburger Ortsteil mit. Der Landwirt hatte 2013 auf eine Chiffre-Anzeige reagiert und prompt einen Anruf von Simone P. erhalten. Er zahlte mal 2.200, mal 2.400, mal 4.100, mal 10.000 Euro, durfte sich dafür aber – unter anderem auf dem McDonald's-Parkplatz in Weißenburg – lediglich mit zwei Lockvögeln treffen: Lena P. und "Manuela aus Amerika", für deren zweimalige "Anreise" und angebliche Unterkunft er noch einmal mehr als 14.000 Euro löhnte.

Erst dann dämmerte dem leichtgläubigen Landwirt, dass etwas faul sein könnte, und er erstattete Anzeige. "Ich hatte daran geglaubt, dass es mit der Manuela was werden könnte", erklärte er sein langes Mitwirken an diesem bösen Spiel vor Gericht. Und: "Ich hatte halt lange die Hoffnung, dass die Frau P. mir noch eine Frau sucht."

Das tat sie nicht, und deshalb ließ der Bauer die Bande im Frühjahr 2015 auffliegen – fast 80.000 Euro hatte er bis dahin an Simone P. und ihre "Agentur P." bezahlt. Heute sei es ihm "peinlich, dass ich mich darauf eingelassen habe".

Kaum besser erging es einem 53-Jährigen aus dem Raum Tübingen. Seit seine Mutter im Pflegeheim lebe, sei er im Dorf wiederholt angesprochen worden, er solle sich eine Frau suchen. Auch er machte über Simone P. die Bekanntschaft der pummeligen "Manuela aus Amerika", in Wirklichkeit eine dreifache Mutter und Ehefrau, deren Anwalt ihre Lockvogelauftritte als "Gefälligkeit unter Freunden" verharmloste. Für diese "Gefälligkeit" berechnete die Haupttäterin ihrem arglosen Opfer rund 40 000 Euro.

33 Männer auf Brautschau wurden Opfer der stämmigen Blondine, bei zwei weiteren blieb es beim Versuch. Weil jedoch alle Angeklagten geständig und nicht vorbestraft waren und zudem zwei von ihnen angeblich kein Geld kassierten, handelten Richter, Ankläger und Anwälte in gleich mehreren Besprechungsrunden einen "Verständigung" genannten Deal aus: moderate Bewährungsstrafen zwischen 12 und 18 Monaten auf Bewährung für vier der Frauen, nur Simone P., für die keine Verständigung erzielt wurde, muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Drei Opfer aus dem Landkreis

Mit diesem Deal ersparten sich die Verfahrensbeteiligten nicht nur fünf weitere Verhandlungstage, sondern auch weiteren 19 Zeugen einen unangenehmen Auftritt vor Gericht. Drei von ihnen kommen aus Altmühlfranken, zwei aus dem Landkreis Roth, und neben vielen Schwaben und Württembergern ist auch ein Klient aus Nürnberg darunter.

Von dem Geld, das die Opfer an die laut deren Briefkopf "Agentur ihres Vertrauens" zahlten, werden sie vermutlich nichts wiedersehen: Alle Angeklagten sind arbeitslos beziehungsweise Geringverdiener und haben zum Teil beachtliche Schulden. Und die knapp 190.000 Euro, die Simone P. nach Überzeugung des Gerichts ergaunert hat, sind auch weg. Sie habe sich nichts gegönnt und auch nicht geprasst, das Geld habe sie schlichtweg "zum Leben verwendet und vollständig verbraucht", so ihr Anwalt.

Eine Aussage, die nicht nur den Staatsanwalt erstaunte. Allein: Eine andere Version kann er schlichtweg nicht beweisen.