Politisches Energiebündel in Gunzenhausen

18.9.2018, 17:30 Uhr
Politisches Energiebündel in Gunzenhausen

© Reinhard Krüger

Seit sie Spitzenkandidatin ist, gehen die Umfragewerte kontinuierlich nach oben. Das spürt man auch bei ihrem Wahlkampfauftritt im Hotel "Krone". "Bald ist die Mehrheit der CSU nur noch Geschichte, es liegt was in der Luft", sagt sie vor rund 50 Zuhörern und strahlt übers ganze Gesicht. Moderiert wird das "Town Hall-Gespräch" (so heißt das heute, wenn eine Veranstaltung in einem Saal einer Kleinstadt stattfindet) von Winfried Kucher, dem 64-jährigen Direktkandidaten der Grünen aus Weißenburg.

Das Strahlen ist sicher eines der Markenzeichen von Schulze. Offen, freundlich und mit diesem unwiderstehlichen Lächeln steht die 33-jährige studierte Politikwissenschaftlerin, die auch interkulturelle Kommunikation und Psychologie studiert hat, inmitten der Zuhörer. Am Nachmittag absolvierte sie schon einen mehrstündigen Auftritt in Rothenburg, die Anstrengung darüber sieht man ihr nicht an. Keine Frage: Dieses Energiebündel gilt nicht umsonst als Hoffnungsträgerin ihrer Partei und steht für einen Generationenwechsel.

Hohes Sprechtempo

Die gebürtige Freiburgerin ist in Herrsching am Ammersee aufgewachsen. Vor zehn Jahren trat sie als Studentin der Grünen-Jugend bei, und es begann eine steile politische Karriere. Zwei Jahre später war sie bereits Chefin der Münchner Grünen. Seit 2013 sitzt sie im Landtag, vor einem Jahr wurde sie Fraktionschefin, und jetzt tourt sie als Spitzenkandidatin durch die Lande. Dass sie als ehrgeizig und fachkompetent gilt, spürt der Beobachter. Keine Äähhs, kein Herumstottern, kein Herumreden um den heißen Brei. Schnell schaltet sie um und redet mit hohem Tempo geradezu druckreif.

Katharina Schulze — ihre Parteifreunde nennen sie alle nur Katha — ist eine klar positionierte Realpolitikerin und leidenschaftliche Befürworterin eines vereinten Europas. Sie will "froh und mutig in Bayern vieles anders gestalten". Dazu benötige sie allerdings am 14. Oktober ein "klares Signal, für Bayern, Deutschland und Europa". Ob ihr Alter dafür reicht, wird sie kritisch hinterfragt. Ich will an dem gemessen werden, was ich sage und denke, meint sie, "das soll im Mittelpunkt stehen." Im Übrigen gehe sie grundsätzlich "beherzt an jede neue Aufgabe", und "wir sind bereit Verantwortung für unser Land zu übernehmen".

Klar grenzt sie sich gegen antieuropäische und antidemokratische Parteien ab, ohne diese beim Namen zu nennen. Wenn CSU und die Grünen eine Koalition eingehen, müssen die Schnittmengen groß genug sein, meint ein Fragesteller, doch auch hier kann Schulze beruhigen. "Immerhin wollen wir beide ein schnelles Internet." Die fortschreitende Digitalisierung der Gesellschaft ist ihr eine Herzensangelegenheit, sie fordert sogar ein eigenes Fach "Digitalkunde" in den Schulen. Dabei sollen die individuellen Fähigkeiten der Kinder im Zentrum stehen und ein Bildungserfolg nicht vom Elternhaus abhängig sein. Peinlich findet Schulze, dass ausgerechnet im reichen Bayern es in manchen Schulen hineinregnet und die Klos nicht funktionieren. Der soziale Wohnungsbau ("kein Verkauf von Wohnungen an den Höchstbietenden") ist ihr genauso wichtig wie die erneuerbaren Energien. Sie spricht von ihrem Ziel, dass Bayern bis 2030 zu hundert Prozent sauberen Strom bezieht, und fordert kreative Lösungen im Technikland Deutschland beim Stromspeicherbau und ein umfassendes Klimaschutzgesetz für Bayern. Dazu zähle auch die Diskussion über den allgegenwärtigen CO2-Ausstoß.

Schulze ist in ihrem Element und bringt ihre Lieblingsvokabel vor: Gute Rahmenbedingungen einer starken Politik schaffen. Deshalb müsse der Klimaschutz in die Verfassung einfließen. "Das ist das Schöne an Politik", schwärmt sie von der Aufgabe, dies umzusetzen. Dass sie mit dieser Methode bereits Erfolg hatte, zeigten ihre beiden Kampagnen, die sie erfolgreich mit organisiert und durchgesetzt hat: das Verhindern einer dritten Startbahn für den Münchner Flughafen und der Olympischen Winterspiele in München und Garmisch.

Alle Projekte, die die Grünen ankurbeln, müssen sorgfältig gegenfinanziert werden, beteuert die Hobby-Handballerin. Energisch wehrt sie sich, die Eskalationsspirale der AFD mitzumachen. "Wir wollen positiv gegensteuern und die Menschen ermutigen, in einer schnelllebigen Welt gut zurechtzukommen. Lasst uns positive Botschaften aussenden!"

Und schließlich kommt noch die Frage des Glaubens auf. "Kann ich als Christ Grün wählen?", wird die Frontfrau gefragt. Ihre Antwort kommt schnell und umfassend: Die Grünen verteidigten das Kirchenasyl, kümmerten sich um Geflüchtete, setzten Akzente gegen Rassismus und Antisemitismus, wollen nicht spalten, sondern versöhnen. Kurz darauf steigt die Spitzenpolitikerin in ihr Elektroauto, um mit einer Stromfüllung ihren Wohnort München zu erreichen.

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