Polizei zeigt in Cronheim Flagge

20.4.2015, 11:00 Uhr
Polizei zeigt in Cronheim Flagge

© Dressler

Die zwei- oder vierbeinigen Ordnungshüter waren nicht zu einem Ernsteinsatz in das ehemalige Wasserschloss in der Ortsmitte gekommen, aber auch nicht nur aus Spaß an der Freude. In einer Einrichtung wie der in Cronheim, wo chronisch alkoholkranke Menschen leben, spielt auch das Thema der illegalen Drogen eine Rolle. Das lässt sich mit der Situation in einer Justizvollzugsanstalt oder in einem Bezirkskrankenhaus vergleichen.

Frank Genahl, der Leiter des von der Arbeiterwohlfahrt getragenen Therapiezentrums, berichtete, dass hier 80 Männer und Frauen untergebracht sind, davon 20 im beschützenden (geschlossenen) Bereich. Einige leben seit vielen Jahren hier, andere kehren immer wieder nach Cronheim zurück, weil sie von der Volksdroge Alkohol nicht loskommen. Sie wissen es zu schätzen, dass sie hier in geregelten Verhältnissen leben, von Profis betreut werden und einfach irgendwohin gehören. Nicht ohne Grund hat sich das Therapiezentrum zum Ziel gesetzt, gemeinsam mit den langjährig suchtkranken Menschen Brücken zu bauen, um ihnen Wege aus der Abhängigkeit und eine Rückkehr in die Gesellschaft zu ermöglichen – Rückschläge eingeschlossen.

Für alle Bewohner gilt selbstverständlich, dass Alkohol in der Einrichtung nichts verloren hat, streng verboten ist. Die Hausordnung ist hier absolut strikt. Frank Genahl und seine Mitarbeiter führen deshalb häufig Kontrollen durch, testen, ob ein Bewohner, der sich draußen aufhielt, Alkohol in der Atemluft hat. Auch Kontrollen der Zimmer sind durchaus üblich. Dabei wird überprüft, ob Alkoholika mitgebracht wurden. Ist das der Fall, gibt es eine Abmahnung und im Wiederholungsfall eine Kündigung – eine durchaus gefürchtete Konsequenz, so die Erfahrung des Leiters. Bei den Kontrollen wird auch auf andere Rauschmittel geschaut, etwa Haschisch, Amphetamine oder die zuletzt so beliebt gewordenen „Kräutermischungen“.

Allgemein in der Gesellschaft wie auch bei den Bewohnern des Therapiezentrums hat sich im Lauf der Jahre ein Wandel vollzogen, berichtete Frank Genahl. Den „klassischen“ älteren Alkoholsüchtigen gibt es immer noch, doch hinzu kommen junge Patienten, Menschen mit Doppeldiagnosen, psychisch Kranke. Die Klientel, die es zu betreuen gilt, ist gemischter als früher. Man kann auch sagen: Das sind Menschen, die einfach „von Haus aus“ im Drogenbereich gefährdet sind. Manche haben noch Verbindung zur Drogenszene – oder entwickeln neue Kontakte –, können sich so vom Gesetzgeber verbotene Stoffe beschaffen, konsumieren und an andere weitergeben. Die Polizei kann dann ins Spiel kommen, wenn es um diese verbotenen Stoffe geht und der Verdacht auf eine Straftat besteht.

Deshalb hatte Markus Rapke, der kommissarische Leiter der Gunzenhäuser Polizei, die Diensthundestaffel um eine Demonstration vor Ort gebeten. Die Übung sollte zeigen, dass es der Polizei sehr ernst ist, wenn sie wegen illegaler Drogen aktiv wird. Ein „gewisser Abschreckungseffekt“ sei durchaus erwünscht, merkte Markus Rapke im Gespräch mit Frank Genahl an. Die drei Hunde, die nach Cronheim gebracht wurden, sollten nicht nur angeschaut werden, sondern auch ihr Können zeigen. Sie fanden heraus, wo ihre Herrchen die Gegenstände, an denen Drogengeruch haftete, versteckt hatten.

Zwischen dem Therapiezentrum und der Gunzenhäuser Polizei gibt es immer wieder Berührungspunkte, zum Glück im sehr überschaubaren Bereich. Von einer krisenhaften Situation in der Kernstadt oder gar im kleinen Cronheim könne man keineswegs sprechen, hieß es. Die Polizei wird zum Beispiel dann aktiv, wenn eine total hilflose Person im Stadtgebiet auffällt und untergebracht werden muss. Oder ein Bewohner der beschützenden Abteilung wird vermisst und muss gesucht werden. Da kann dann auch ein Polizeihubschrauber angefordert werden, wie es auch schon der Fall war.

Wichtig ist es Frank Genahl und Markus Rapke, dass sich AWO-Therapiezentrum und örtliche Polizei kennen („auch die Gesichter“), die jeweiligen Kompetenzen bekannt sind und man auf dieser Grundlage Verständnis füreinander hat und miteinander kooperiert. „Genervte Telefongesprächspartner“ soll es nicht geben. Deshalb haben in den letzten Jahren bereits Gespräche zwischen der AWO-Einrichtung und der PI stattgefunden, und das soll beibehalten werden. Diesmal wurden auch die Bewohner des Therapiezentrums einbezogen. Gerhard Wittig, bei der Kripo in Ansbach für die Drogenprävention zuständig, hielt einen Vortrag, der an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließ. Wittig schilderte, wie Sucht entsteht und verläuft, was der Gesetzgeber unter erlaubten und verbotenen Substanzen versteht, und warum gerade die „Kräutermischungen“, die man bekanntlich sogar ganz einfach im Internet beziehen kann, solch eine Gefahr darstellen.

Wittig hält es für absolut falsch, Drogen – auch die „weichen“ – zu verharmlosen. Ein Ende des Cannabis-Verbots, wie es Politiker und auch manche Experten fordern, lehnt er kategorisch ab. Dabei hat er auch im Blick, dass der Wirkstoffgehalt etwa von Haschisch im Lauf der Jahre deutlich angestiegen ist.
Vor dem Vortrag wies Frank Genahl noch darauf hin, welche Dimension der unmäßige Alkoholkonsum in unserer Gesellschaft hat. Hier müsse man von vielen tausend Toten in jedem Jahr ausgehen. Das dürfe man nicht übersehen, wenn man von der Drogengefahr spreche und dabei nur den Blick auf die verbotenen Mittel richte. Das Personal des Therapiezentrums weiß nur zu gut, welche zerstörerischen Folgen Alkohol nach sich ziehen kann.

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